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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0637
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Microns Ordinancien (1554) 1565

f. 36

[Jaco. 5,1 ff. 16;
Psal. 67]

Cap. X

legenheit der sachen offentlich vor der ganzen ge-
meine muß gehandelt werden 97.

Nach volendung derselben ding h wird ein psalm
in gemeiner sprach von denen, so darzu verordnet
sind, ordentlich angefangen und von der gemeine
einhellig nachgesungen 98.

Wann dieser psalm außgesungen ist, lassen die
diener die gemein gehn i im frieden des Herren k mit
befehlung der armen und mit dem segen Gottes l mit
diesen oder dergleichen m worten 99: |

Seiet eingedenkig euwer armen 1 und bette einer
vor den andern 2. Gott sey euch gnedig und segne
euch; er laß das liecht seines angesichts uber n euch
scheinen, zur ehren seines heiligen namens, und
bewar euch in seinem heiligen und gottseligen frie-
den. Amen 3.

Und indem diß also von dem diener gesagt wird,
gehen die diaken (ordentlich nach ihrem gebrauch o)
an die tür der kirchen stehn und samlen da ernst-
lich von dem volk die almosen, welche sie alsbald in
ein buch (darzu von den dienernp verordnet) ver-
zeichnen, davon hernach mehr wird gehandlet wer-
den 4.

Die gemeine wird oftermals vermanet, daß sie

h) N+: of ooc sulx niet wesende,

i) lassen die diener ... gehn] N: so werdt de gansche
Ghemeinte van den Dienaer verlaten

k) N <des Herren> l) N <Gottes>

m) N <oder dergleichen> n) uber] N: onder

o) ihrem gebrauch] N: haer ghebuerten

p) den dienern] N: der Diakenen

q) unterricht christlicher lehr] N: kinderleeren

r) mittagspredig] N: achternoensche predicatie

s) angeschrieben] N: aengheteekent ende beschreuen

97 Nach der Forma ac ratio (K. II, 90). - Taufen und
Trauungen nur vor der ganzen Gemeinde kannte
schon die frühe Emder KO; vgl. oben S. 484, Anm.
13; S. 490, Anm. 40.1594 wurden die Taufen in Em-
den zwischen Predigt und Gebet vorgenommen;
auch die Trauungen hatten ihren Platz anscheinend
nach der Predigt (vgl. dazu auch die Eheordnung von
1596, oben S. 532f.). Die Abendmahlsfeiern folgten
erst dem Gebet. Vgl. oben S. 490. 496. 494. Die Ein-
ordnung der Trauungen hinter den „preces“ flndet
sich bei Poullain, Liturgia sacra (Bl. 23 v:.. .ac pre-
cibus dictis pro more...).

98 Nach der Forma ac ratio (K. II, 90), aber dort weiter
ausgeführt; ganz ähnlich die Forma precum (K. II,
339). - In Emden folgt der Gemeindegesang 1594

schuldig ist (es were dann, daß es die not anders for-
deret), in der obgemelten ubung bis zum ende bey-
einander zu bleiben; es wird auch kein gespräch
noch spazieren daselbs von jemand gelidten.

Cap. X.

Von dem gebrauch und form
des catechismi oder kinderlere.

Wir haben in unser gemeine zwen catechismos
oder unterricht christlicher lehrq Der erst ist der
kleine 5 und der ander der grosse 6. Und die unter-
suchung des kleinesten wird auf diese weise gehalten:

Nachdem die kinder, es seien knäblin oder mägd-
lin, zu fünf jaren kommen sind, werden ihre namen
zweimal des jars durch die diener offentlich nach der
mittagspredig r in ein besonder buch angeschrie-
ben s, nemlich den letzten Sontag Februarii und den
letzten Sontag Augusti. Und alle diese kinder wer-
den zweimal des jars, nemlich den ersten Sontag
Septembris und Martii, offentlich in dem kleinen
catechismo unterfraget. Aber insonderheit müssen
dise kinder außwendig wissen die drey hauptstück
der christlichen religion, nemlich das Vater unser,
den apostolischen glauben und die zehen gebot 7.

dem Segen nach; vgl. oben S. 489. Nach Poullain,
Liturgia sacra (Bl. 6 v), geht der Psalmengesang
dem Segen voran.

99 Nach der Forma ac ratio (K. II, 91).

1 Ähnlich die ostfriesische KO von 1535; vgl. oben
S. 380.

2 Beide Aufforderungen erinnern an die Züricher KO
von 1535. Näheres oben S. 567 mit Anm. 15-19.

3 Mehr nach der Forma ac ratio (K. II, 91), etwas
kürzer in der Forma precum (K. II, 339).

4 Nach der Forma ac ratio (K. II, 91).

5 Zu dem von Micron verfaßten Kleinen Londoner
Katechismus von 1552 s. oben S. 563 mit Anm. 76.

6 Zu dem von den Emder Predigern verfaßten Großen
Emder Katechismus von 1546, den Jan Utenhove
1551 für die Londoner Gemeinde übersetzte, s. oben
S. 325 mit Anm. 28, und S. 558.

7 Diese drei Hauptstücke, die auch die wesentlichsten
Stücke der ostfriesischen und Londoner Postliturgien
bildeten (vgl. oben S. 431 ff. mit Anm. 5; S. 362 f. und
S. 600 ff.), sah auch die ostfriesische Polizeiordnung
von 1545 als unbedingt notwendigen Wissensstoff hin-
sichtlich der religiösen Unterweisung der Kinder vor
(oben S. 400 mit Anm. 38). Micron behandelte in sei-
nem Kleinen Katechismus eigentlich nur diese drei
Hauptstücke und leitete den übrigen Unterrichts-

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