Grafschaft Ostfriesland
f. 86
I.
Die offentliche
straffe in vier
stücken gelegen.
II.
III.
IV. a
Cap. XXII
Cap. XXIII
Cap. XXII.
Von dem offentlichen brauch
der christlichen w straffe
in x der gemeine.
Dieweil deren gemeinlich vil sind in der gemeine,
die durch die heimliche vermanung nit gebessert
werden, so hat Christus, unser Herr, den offent-
lichen brauch der straffe in seiner gemeine zu erhal-
ten befohleny, auf daß ja die gefallene menschen
durch diß mittel (so ihnen etwas schwerer ist) zu der
besserung möchten gebracht werden. |
Und diese offentliche straffe hat ihre gewisse
staffeln, wie auch die heimliche, welche man in ihrem
rechten brauch erhalten muß, auf daß alle ding or-
denthch in der gemeine zugehen.
Der gebrauch aber der offentlichen straffe ist vor-
nemlich in vier stücken gelegen. Das erste ist die
vermanung und straffe des gefallenen bruders in der
versamlung der diener und eltesten der gemeine 45.
Das ander ist die offentliche buß des gefallenen
bruders anstadt der abschneidung in der versam-
lung der gemeine 46. Das dritte ist die abschneidung
des halßstarigen bruders 47.
Das letzte ist die offenliche aufnemung des be-
kereten z bruders, welcke stück wir einander nach
ordentlich handlen wollen.
Cap. XXIII.
Von der vermanung und straffe
des gefallenen bruders
durch die diener und eltesten
in ihrer versamlung.
Es werden oftermals alle brüder der gemeine in
den gemeinen predigen vermanet, daß es ihr ampt
und pflicht sey, die verächter der heimlichen ver-
manung den dienern der gemeine anzuzeigen, wie
das Christus selbs gebotten hat, da er spricht: Höret Matt. 18 [17]
er aber die nicht, so saget es der gemeine. In wel-
chem ohn zweifel von vielen gesündiget wird, auß
welchem denn folget, daß die ganze kraft der christ-
lichen straffe geschwechet und die gemeine endlich
mit ergernussen und zank b gefüllet wird.
So müssen denn die brüder, denen anders die ehre
Christi und die wolfart der gemeine zu herzen geht,
die halßstarrige verächter der heimlichen vermanung
neben zweien oder dreien warhaftigen zeugen in der
versamlung der diener und eltesten in der c liebe an-
zeigen. Und denn gebüret es dem diener d, dem be-
schuldigten bruder seine sünde nach dem urteil des
worts e Gottes fur augen zu stellen und vornemlich f
dahin zu arbeiten, daß er seine sünde bekenne und
sich mit denen, die er geergert, versüne. Welches,
wenn es also geschickt, so wird die versünung mit
einer danksagung zu Gott gemachet, und die sach
bleibt bey den dienern verschwiegen und gleich als g
begraben.
Wil er aber die schult seiner sünde nicht | beken- f. 87
nen, verachtende die vermanung der eltesten, und
bleibet in seinen sünden halßstarrig stecken, so
wird ihm erstlich verboten der gebrauch des nacht-
mals, biß daß er sich versüne 48, und es werden ihm
etliche tage gestellet, in welchen er den Herren
bitten und sich fleissig h bedenken soll, was er zu tun
gemeind sey.
Hiezwischen wird etlichen eltesten befohlen, zu
gelegner zeit zu ihm zu gehen und ihn seines ampts
und der i liebe eigentlich zu vermanen. Und im fall
er für dem gestelten tage einig zeichen der besserung
gibt, so kompt er widerumb zu der versamlung der
eltesten, welche allen fleiß anwenden, daß die ver-
w) N (christlichen) x) in] N: onder t’ volc
y) zu... befohlen] N: inghestelt
z) N -j- afghesneden a) N(I... IV.)
b) + ganschelick c) der] N: Christelicker
d) dem diener] N: den Dienaers
e) nach dem urteil des worts] N: wt den Worde
f) N (vornemlich)
g) N (verschwiegen und gleich als) h) N (fleissig)
i) seines ampts und der] N: sijns schults in de Chri-
stelicke
45 Entsprechend die später hezeugte Emder Praxis;
vgl. oben S. 500 f. mit Anm. 96.
46 Öffentliche Buße vor der versammelten Gemeinde
war in Emden schon ca. 1544—1550 eine Staffel
praktizierter Kirchenzucht; vgl. den Bericht Gellius
Fabers, oben S. 323, Anm. 6. Zur späteren Übung s.
oben S. 501 mit Anm. 96.
47 Auch die Übung des Bannes bezeugt Gellius Faber
für Emden in dem genannten Zeitraum; vgl. aaO.
Zur späteren Praxis s. oben S. 502 mit Anm. 98.
48 In der Forrna ac ratio fehlt der Hinweis auf die Ver-
sagung des Nachtmahls an dieser Stelle (A.Kuyper
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I.
Die offentliche
straffe in vier
stücken gelegen.
II.
III.
IV. a
Cap. XXII
Cap. XXIII
Cap. XXII.
Von dem offentlichen brauch
der christlichen w straffe
in x der gemeine.
Dieweil deren gemeinlich vil sind in der gemeine,
die durch die heimliche vermanung nit gebessert
werden, so hat Christus, unser Herr, den offent-
lichen brauch der straffe in seiner gemeine zu erhal-
ten befohleny, auf daß ja die gefallene menschen
durch diß mittel (so ihnen etwas schwerer ist) zu der
besserung möchten gebracht werden. |
Und diese offentliche straffe hat ihre gewisse
staffeln, wie auch die heimliche, welche man in ihrem
rechten brauch erhalten muß, auf daß alle ding or-
denthch in der gemeine zugehen.
Der gebrauch aber der offentlichen straffe ist vor-
nemlich in vier stücken gelegen. Das erste ist die
vermanung und straffe des gefallenen bruders in der
versamlung der diener und eltesten der gemeine 45.
Das ander ist die offentliche buß des gefallenen
bruders anstadt der abschneidung in der versam-
lung der gemeine 46. Das dritte ist die abschneidung
des halßstarigen bruders 47.
Das letzte ist die offenliche aufnemung des be-
kereten z bruders, welcke stück wir einander nach
ordentlich handlen wollen.
Cap. XXIII.
Von der vermanung und straffe
des gefallenen bruders
durch die diener und eltesten
in ihrer versamlung.
Es werden oftermals alle brüder der gemeine in
den gemeinen predigen vermanet, daß es ihr ampt
und pflicht sey, die verächter der heimlichen ver-
manung den dienern der gemeine anzuzeigen, wie
das Christus selbs gebotten hat, da er spricht: Höret Matt. 18 [17]
er aber die nicht, so saget es der gemeine. In wel-
chem ohn zweifel von vielen gesündiget wird, auß
welchem denn folget, daß die ganze kraft der christ-
lichen straffe geschwechet und die gemeine endlich
mit ergernussen und zank b gefüllet wird.
So müssen denn die brüder, denen anders die ehre
Christi und die wolfart der gemeine zu herzen geht,
die halßstarrige verächter der heimlichen vermanung
neben zweien oder dreien warhaftigen zeugen in der
versamlung der diener und eltesten in der c liebe an-
zeigen. Und denn gebüret es dem diener d, dem be-
schuldigten bruder seine sünde nach dem urteil des
worts e Gottes fur augen zu stellen und vornemlich f
dahin zu arbeiten, daß er seine sünde bekenne und
sich mit denen, die er geergert, versüne. Welches,
wenn es also geschickt, so wird die versünung mit
einer danksagung zu Gott gemachet, und die sach
bleibt bey den dienern verschwiegen und gleich als g
begraben.
Wil er aber die schult seiner sünde nicht | beken- f. 87
nen, verachtende die vermanung der eltesten, und
bleibet in seinen sünden halßstarrig stecken, so
wird ihm erstlich verboten der gebrauch des nacht-
mals, biß daß er sich versüne 48, und es werden ihm
etliche tage gestellet, in welchen er den Herren
bitten und sich fleissig h bedenken soll, was er zu tun
gemeind sey.
Hiezwischen wird etlichen eltesten befohlen, zu
gelegner zeit zu ihm zu gehen und ihn seines ampts
und der i liebe eigentlich zu vermanen. Und im fall
er für dem gestelten tage einig zeichen der besserung
gibt, so kompt er widerumb zu der versamlung der
eltesten, welche allen fleiß anwenden, daß die ver-
w) N (christlichen) x) in] N: onder t’ volc
y) zu... befohlen] N: inghestelt
z) N -j- afghesneden a) N(I... IV.)
b) + ganschelick c) der] N: Christelicker
d) dem diener] N: den Dienaers
e) nach dem urteil des worts] N: wt den Worde
f) N (vornemlich)
g) N (verschwiegen und gleich als) h) N (fleissig)
i) seines ampts und der] N: sijns schults in de Chri-
stelicke
45 Entsprechend die später hezeugte Emder Praxis;
vgl. oben S. 500 f. mit Anm. 96.
46 Öffentliche Buße vor der versammelten Gemeinde
war in Emden schon ca. 1544—1550 eine Staffel
praktizierter Kirchenzucht; vgl. den Bericht Gellius
Fabers, oben S. 323, Anm. 6. Zur späteren Übung s.
oben S. 501 mit Anm. 96.
47 Auch die Übung des Bannes bezeugt Gellius Faber
für Emden in dem genannten Zeitraum; vgl. aaO.
Zur späteren Praxis s. oben S. 502 mit Anm. 98.
48 In der Forrna ac ratio fehlt der Hinweis auf die Ver-
sagung des Nachtmahls an dieser Stelle (A.Kuyper
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