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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0691
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Microns Ordinancien (1554) 1565

genzlich entzogen und dadurch einen unaußsprech-
lichen last der abgöttischen menschensatzungen den
gewissen des volks aufgesattelt. Sie wollen von den
Christen (die sie verächtlicherweise leyen und welt-
liche menschen nennen) nit vermanet noch gestraffet
sein, was sie auch tun, sonder sie sind alle unter
einem kranken und grindigem haupt, dem papst,
mit einer ketten der boßheit zusammengebunden
und -gekuppelt, daß ja kein fürst, könig oder keiser,
recht oder rat wider ihre schendhche boßheit etwas
tun kan. Und durch diese erwartet noch die blinde
welt einer reformation der kirchen 65, aber, ach
leider, vergeblich, ja, solang sie tyrannische herren
und nit demütige knecht und n diener der gemeine
und der herden Christi sein wollen.

Aber ihe wir ein ende von diesem handel der
eigentlichen straffe der diener unser gemeine machen,
so müssen wir hie etwas von dem dienst der diaken
melden, nemlich, daß ihr ampt nicht sey, die ge-
f. 118 mein zu regieren, sonder die almosen zu samlen | und
dieselbige wider außzuspenden 66. Und auf daß sie
von allem verdacht der untreu bey allen menschen
frey seien, so zeichnen sie fleissig an alles, was sie
einemen und außgeben, und geben alle monat ein-
mal rechnung davon den eltesten der gemeine, zu
welcher rechnung ein jeder bruder der gemeine
kommen mag, allen bösen verdacht (welcher in sol-
chen sachen leichtlich genommen wird) von den die-
nern zu wehren.

Und wenn einige schwere sachen, so ihr ampt be-
langen, unter ihnen o sind, in welchen sie sich nit wol
vergleichen könen, denn bringen sie dieselbigen für
die diener und eltesten in ihrer versamlung, daß sie
da gerichtetp werden.

Auf daß aber der dienst der diaken (wie er denn
wol wirdig ist) bey der gemeine geehret sey, so wer-
den sie oft von den eltesten in schweren sachen der
gemeine in ihrer versamlung zugelassen 67, auf daß
auch also die schwere hendel der gemeine desto

weißhcher, besserlicherq und eintrechtiger verrich-
tet werden.

Cap. XXVIII.

Ein anhang von denen,
so ausserhalb der gemeine sind.

Die obgemelte ordnung r der christlichen straffe
wird in unser gemeine gebrauchet allein unter den
Teutschen, die bekentnuß ihres glaubens getan und
sich unter die christliche straffe und sorge der diener
unser gemeine williglich begeben haben. Die andern
aber, so ausserhalb der gemeine sind, befehlen wir dem
Herren. Wo aber gleichwol etwa einer ausserhalb der
gemeine were, der dieselbige mit falscher lehre verfü-
ren wolte, der wird erstlich von den dienern ordentlich
vermanet und von seinem irrtumb mit Gottes wort
gestraffet. Wenn er nun zum oftermal vermanet ist
und gleichwol nicht nachlest, die gemeine mit seiner
falschen lere unruwich zu machen, so wird er mit
seinem namen von der kanzel vor der ganzen ge-
meine außgeruffen, auf daß sich ein jeder vor seiner
falschen lere und gemeinschaft hüte. Und es wird
durch den diener mit der heiligen s schrift bewiesen,
daß seine lere falsch und unrechtt sey, wo auch je-
mand darin beschweret were, daß er dasselbige
freymutig in der prophecey laß fürbringen. Und diß
außruffen der falschen lerer ist nit wider die liebe,
sonder zu der seligkeit der gemeine ganz notwendig. j
Denn das ampt eines treuen hirten ist nicht allein,
seine schäflein zu weiden, sonder auch, die wölf von
denselbigen zu treiben, gleich wie Christus auch ge-
tan hat, indem er die (a) phariseer und schriftgeler-
ten zum oftermal offentlich straffte. Und der heilige
apostel Paulus hat nit allein gebotten, daß man die
(b) ketzer nach einer oder zweien vermanungen
fliehen sol, sonder hat sie auch mit ihren namen be-
schrieben, die ihm und seiner lehre widerstunden.
Welches auch der prophet (c) Jeremias getan hat.

n) N (knecht und) o) ihnen] N: de Diakenen

p) gerichtet] N: gheslecht

q) weißlicher, besserlicher] N: rypelicker, stichte-
licker

Cap. XXVIII r) ordnung] N: wyse ende maniere

s) N (heiligen) t) N (und unrecht)

65 Vgl. oben S. 69, Anm. 7, und S. 136, Anm. 25.

66 Vgl. oben S. 588 mit Anm. 31.

67 So anläßlich der Wahl neuer Amtsträger in der Ge-
meinde; vgl. oben S. 592 mit Anm. 42.

1. Cor. 5 [12 f.]

f. 119

a Mat. 15 [3ff.]
et 23

b Tit. 3 [10]

2. Tim. 1 [15]
2 [17 f.]

c Jer. 28

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