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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0701
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Auricher Armenordnung 1578

Dar sall ein armenvogt sein, der die verboden
bettelers affwisehen und die andern armen die al-
mißen ordentlich to entpfangen 8, und dat mit den
teken recht gehandelt werde, beschaffen soll.

Die armenvogt sol von den ambtleuten, bürge-
meistern, dienern und vorstendern gehanthavet wer-
den, dat he den verbaden bedelers, beide, in der
stadt und im kaspel, ohne scheuen die almissen ver-
hindern mag.

Die armenvogt und diacon 9 sollen ock gude up-
sicht hebben up die landlopende bedelers in den
markeden, wat idt vor lüde sint 10, und dat sie ähre
bettel-hillcke 11 im gasthuse 12 to holden nicht ge-
stadet werden.

Alle die armengüder sollen von den pastorn 13 und
diacon tosamen utgedeilet werden, und die armen
kinder sollen des wynters den catechismum leren,
oder die almißen nicht genieten 14.

Idt sollen in der stadt und dem kerspel etzliche
upsehers verordnet werden von den pastorn und
diacon, die ehn alle maenten 15 bericht doen von den
hußarmen und andern, wat levent sie voeren, wat

8 In solcher Funktion sieht auch die Emder Armen-
ordnung von 1576 Armenvögte vor; vgl. oben S. 458 f.

9 Armenfürsorger sahen schon die LandesKOO von
1529 und 1535 vor; vgl. oben S. 366 f. 391.

10 Damit entspricht unsere Ordnung einer Bestimmung
der Landespolizeiordnung von 1545; vgl. oben S. 401.

11 = Bettelhochzeit; vgl. dazu oben S. 529, Anm. 24;
Doornkaat Koolman II, 84f.

12 Das Gasthaus = Armenhaus bestand schon im
15. Jh., dabei die Nikolauskapelle. Vgl. Anklam,
aaO. 2; E. Keyser, 24. 26.

13 Ca. 1521-1582 wirkte Albert Latomus (Harthauer)
als Pastor an der Lambertikirche, bis Bruns (vgl.
Einleitung, oben S. 312 mit Anm. 7) Tod (wahr-
scheinlich 1527) als 2. Geistlicher, dann als Senior.
1535 brachte er die Lüneburger Theologen im Auf-
trag des Grafen nach Ostfriesland und besonders
nach Aurich (vgl. Gegenbericht, B I [H. Garrelts,
107]; dazu Einleitung, oben S. 319). Der Gegenbericht
(B IV, Garrelts, 111) führt ihn für die Zeit nach
1554 unter den standhaften Lutheranern auf. Von
den Emdern wurde ein solches Festhalten des Lato-
mus am luth. Bekenntnis freilich in Abrede gestellt
(vgl. Bericht, 158. 206f.; dazu E. Meiners II, 421ff.).
Latomus soll auch die Inspektion der Kirchen im Au-
richer Land gehabt haben (Gegenbericht, B I
[Garrelts, 107]; Ch. Funck III, 6, 276f.; vgl. auch
unten S. 686, Anm. 25). 1577/78 wird daneben ein
Pastor Gelmerus (vgl. Antwort auff die Missive, E V

gesinde se hebben, wo 16 düchtig oder undüchtig,
flitig oder unflietig sie tom arbeide sein.

Die ambtleute, borgemeisters, oldermanne und
voetknechte sollen neine frembde lüde sich laten in
der stadt und im kaspel mit der wonunge setten, idt
sei dan, dat sie schriftliche tüchnuß bringen, von dar
sie kommen, dat sie eines ehrlichens levens, dat sie
ock dat bedelent nicht mitbringen, und sich ohne
bedelent hier to ernehren düchtig gemacht wirden.

Mit den bedelbreifen sollen die ambtleute, bürge-
meisters und pastoren bedechtlich handeln, dat sie
alleine sülchen leuten gegeven werden, die sich mit
ander gude mittel ahn almißen nicht redden können,
und alßdenn na gelegenheit der sachen up ein ge-
nannte tidt beschieden werden.

Die bedelbriefe averst sollen nicht von den ambt-
leuten, bürgemeistern noch pastorn alleine, sondern
von den allen tosamen gegeven werden, und sollen
die diacon sülches to gedenken antekenen und na
verloep der genanten tidt die briefe wider von den
leuten fordern.

Dar sal ock nicht mit den bedelbriefen ein des an-

[Garrelts, 149]) genarmt.Vgl. P. F. Reershemius,
92ff. 97f.; Anklam, aaO. 18; Ph. Meyer, Pastoren
I, 39. Zwei „rectores“ an der Kirche zu Aurich (au-
ßerdem zwei Vikarien) bezeugt schon das Stader Co-
piar. Zwei „kerkheren“ zu Aurich (daneben eine von
dem Kirchherrn Johann von Reden gestiftete Vika-
rie) nennt das 1428 angelegte Lagerbuch des Jacob
van der Specken (vgl. Anm. 4). Doch scheint es nach-
her meistens nur einen eigentlichen Kirchherrn (Rek-
tor) gegeben zu haben. Vgl. H. Reimers, Kirchen-
patronat, 162f. 165. Zur Gründung des Vikariats an
der Auricher Kirche 1408 (Urkundenbuch I, Nr. 214)
vgl. auch G. D. Ohling, Stadt und Amt Aurich, in:
Die Nordwestmark (Schriftenreihe der Forschungs-
gemeinschaft für den Raum Weser-Ems I). 1940,77.
Zu den Vikarien ferner: Reimers, Die Heiligen
in Ostfriesland, in: Upstalsboom-Blätter 7 (1917/18),
28; H. W. Krumwiede, Die mittelalterlichen Kir-
chen- und Altarpatrozinien Niedersachsens. 1960,
24.

14 Vgl. dazu Einleitung, oben S. 353 und unten Anm. 19.
Mit dem Katechismus ist vermutlich Luthers Klei-
ner Katechismus gemeint; vgl. J. M. Reu I, 3, 1, 2,
743*. Die Marienhafer KO schreibt mehrfach aus-
drücklich Luthers Katechismus vor; vgl. unten S.
684. 693. 698; aber auch S. 694.

15 = Monaten; vgl. oben S. 454, Anm. 15.

16 = wie; vgl. oben S. 71, Anm. 35.

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