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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0704
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Grafschaft Ostfriesland

den empfangen und geboren 〈Ps. 51 [7]〉 und von na-
tur kinder des zorns Gottes 〈Eph. 2 [3]〉; denn die

wesentlichen denselben Text; wo N. einen bemer-
kenswerten Passus über A. hinaus hat, ist dieser in
runde Klammern gesetzt, im umgekehrten Fall sind
spitze Klammern verwendet. Im übrigen ist das Vor-
kommen der Abschnitte in den beiden Hss durch die
am Rand stehenden Buchstaben (N., A., N. A.) ge-
kennzeichnet. Wo in den Hss zwei verschiedene li-
turgische Texte zu derselben Sache enthalten sind
(z. B. Spendeformeln beim Abendmahl), sind beide
Texte hintereinander mitgeteilt. - Die Liturgie
trägt, teils freilich nur scheinbar (s. bes. die Abend-
mahlsordnung), wie die reformierten Liturgien
Emdens und a Lascos den Charakter der Lehrlitur-
gie (vgl. dazu oben S. 466 ff. mit Anm. 1; S. 609 ff.), zu
deren Gunsten die frühere darstellende Zeremonial-
liturgie so weit zurückgedrängt ist, daß die sich
wohl abzeichnende alte liturgische Folge dem Prin-
zip der Lehrliturgie untergeordnet erscheint (s. bes.
bei Verweisziffer 4, 5, 7, 20). Auf die Verwandtschaft
der lutherischen gottesdienstlichen Übungen des
späten 16. Jh.s in Ostfriesland mit den dortigen re-
formierten Bräuchen verweisen auch die ostfriesi-
schen Lutheraner in der Antwort auf die Missive
(vgl. Einleitung, oben S. 353, Anm. 25), als deren Ver-
fasser Ligarius angesehen wird. A. Frerichs, 21,
deutet auf eine ähnliche Unterscheidung zwischen
Liturgie und lutherischer Lehre in der Württem-
berger KO (vgl . die Württemberger KO von
1553 vorläufig bei Ae. L. Richter II, 131 ff.), die
er hinsichtlich dieser Sonderung und des weitgehen-
den Fehlens der sonst üblichen lutherischen Form
für ein mögliches Vorbild unserer Agende hält (zur
Gestaltung des Gottesdienstes in Württemberg
im 16. Jh. s. H. Waldenmaier, Die Entstehung
der ev. Gottesdienstordnungen Süddeutschlands
usw. [Schriften des Ver. f. Reformationsgesch. 125/
126]. 1916, 51ff.; J. Rauscher, Württembergische
Reformationsgeschichte. 1934, bes. 135ff. 186f.;
H. Hermelink, Das Luthertum der Württembergi-
schen und der Bayrischen Landeskirche, in: M. Loe -
ser, Auf dem Grunde der Apostel und Propheten
usw. 1948, 132ff.; K. Gottschick, EKL III, 1872).
Näherliegend ist es, an die Agende zu erinnern, die
1566 durch Cyriacus Spangenberg und andere Theo-
logen (möglicherweise Flacius Illyricus, Martinus
Wolfius und Hermann Hamelmann; auch der früher
in Norden entlassene Johannes Vorstius [vgl. Ein-
leitung, oben S. 352, Anm. 19] war damals in Ant-
werpen zugegen; vgl. H. Garrelts, Ligarius, 61. 64)
für die luth. Gemeinde in Antwerpen, an der Liga-
rius damals als Pastor wirkte (vgl. Einleitung, oben
S. 332), aufgestellt wurde. Uns liegt die hochdeutsche
Übersetzung Spangenbergs mit Vorrede vom 27. Fe-
bruar 1567 vor: „AGENDA. Christliche Kirchen-
ordnung der Gemeine Gottes / so in Antdorff der
waren/reinen/vnuerfelschten Augspurgischen Con-
fession zugethan...“, gedruckt zu Schmalkalden

sünde ist durch einen menschen in die welt gekommen
und durch die sünde der tod, welcher tod ist gekom-

1567 bei Michel Schmuck (Expl. der Niedersächs.
Staats- u. Universitätsbibliothek Göttingen: 8° Jus
stat.VII 8630). Ebd. Bl. J IV-JVr heißt es:Das wir
aber messgewand, chorröck, liechter, item lateini-
sche gesenge, Kyrie eleyson, Dominus vobiscum,
praefatio und dergleichen adiaphora nicht gebrau-
chen, wie doch viel andere kirchen der Augspurgi-
schen Confession solche ceremonien, doch eine mehr
denn die andere, brauchen und noch haben, geschicht
nach gelegenheit dieser kirchen, welche nicht aus
und in der papistischen kirchen erbauet wird, son-
dern frome Christen, so für den papistischen greueln
abscheu haben und ihrer lange gern los gewest we-
ren, haben sich nu durch Gottes gnedige verleihung
ordentlicher- und gebürlicherweise, auch mit gut-
williger erleubung und nachlassung der lieben ober-
keit gar von der papistischen kirchen abgesondert,
also das sie ihnen auch sondere pletze und heuser,
darinnen sie Gottes wort hören, die heiligen sacra-
menta nach Christi einsetzung gebrauchen und mit-
einander singen und beten, erwelet und aufbauen,
haben auch selbst untereinander nach ihrer andacht
und gelegenheit die gesenge und anders aus Gottes
wort ehrlich und ordentlich, wie der heilige Paulus
1. Corinth. 14 gebeut, in der ersten angerichtet, hind-
angesetzt nicht allein die gar abgöttischen bebsti-
schen greuel, sondern auch die bebstischen adiaphora,
die auch zur guten ordnung und geistlichen erbauung
der kirchen nichts sonderlichs dienen, und würde
die fromen Christen zum höchsten ergern, wenn
solche unnötige adiaphora aus dem bebstischen
greuel wider aufgerichtet werden solten. — Uber das,
so haben die sacramentierer, welche gar keine cere-
monien achten, die enderung der religion alhie zu
Antdorff angefangen. Solten wir nu die geringsten
papistischen unnötigen traditiones anrichten, so ge-
ben wir ihnen hiemit ursach, uns zu calumnieren und
zu beschuldigen, das wir in deme den bebstischen
heuchelten und unsere christliche freyheit aus furcht
und heucheley nicht gebraucheten. Solchen bösen
schein und occasionem calumniandi müssen wir in
alwege verhüten. - Dies sei angeführt im Hinblick
auf ein auch in unserer Agende weithin vertretenes
Prinzip (zur Reformation in den Niederlanden vgl.
S. van der Linde, RGG 3 IV, 1460ff.). Geschichte
und Struktur der ostfriesischen Kirche im 16. Jh.
legen es in bezug auf Einzelheiten nahe, in erster
Linie Vergleiche zwischen den verschiedenen Ord-
nungen innerhalb Ostfrieslands zu ziehen. Eine offene
Frage bleibt, wie und wann sich in den einzelnen
lutherischen Gemeinden der Übergang von den For-
men der KO von 1535 bzw. der Interimsordnung zur
Form der Lehrliturgie, dem Ligarius’ Liturgie
Rechnung trägt, vollzogen hat. Der Norder Prediger
Fusipedius hat 1553 eine kurze Beschreibung der von
seinen luth. Kollegen Lemsius und Vorstius gebrauch-
ten Zeremonien geliefert (Bericht, 389. 396 f.;

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