Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0721
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Marienhafer Kirchenordnung 1593

und ihr solche ahnsuchung mit ahndechtigem ge-
bete getan haht, auch unsers, so wir ym predig-
ampte sein, radt und hulfe begeret, so haben wir
auch dieselbe euwer notturft zu herzen genohmen
und myt ahnruffung Gottes diesen gegenwaertigen
N. N. bekommen, auch nicht unterlassen, dem woll-
gebornen und edlen herrn Edzart, graffen und
herrn zu Oistfrieslandt, unserm genedigen herrn,
euwers kaspels und dieses N. N. gelegentheit unter-
taeniglich zu vermelden, myt demutiger bitte, Ihr
G. als ein christliche obrigkeit 50 und liebhaber der
wahren 51 religion wohten sich dieses godsaelig werk
gendiglich gevallen lassen und handhaben etc. Als
haben I. G. gnedigen consens darzu gegeben und
bevolen, diesen gegenwaertigen genuchsam in bei-
wesen ander theologen, unsern mitbrudern, zu exa-
mimeren etc. Und nachdem ehr yn dem examine
tuchtig (wie auch in getaner probationpredigte) be-
funden, auch eines aufrichtigen, erbarn wandels ge-
zeuchnus hat, ist ehr ferner von uns myt auflegung
der henden yn der kirchen und yn gegenwart god-
saeliger gezeugen zum h. predigampt geordineret.
Des sein wir nu hie gegenwaertig, erstlich von wegen

50 An dieser Stelle übergeht unsere KO einen Passus
der Hoyaschen Vorlage, der die Obrigkeit (den Gra-
fen zu Hoya usw.) als Lehnsherrn der zeitlichen
Güter, die zu der betreffenden Pfarre zum Unter-
halt eines Pastors geliehen seien, bezeichnet. — Der
Kollationsanspruch des ostfriesischen Grafen war
damit aber kaum aufgegeben; vgl. Anm. 52.

51 A.: wahren christlichen.

52 S. Anm. 49. Die Folge des Besetzungsprozesses läßt
sich z.T. scheinbar mit der der Emder KO von 1594
(vgl. oben S. 480 ff.) parallelisieren (Marienhafer KO:
1. Anrufung Gottes durch die Gemeinde um einen
Prediger auf Vermahnung der benachbarten Predi-
ger; 2. Bemühungen um einen Prediger durch die
benachbarten Prediger und die Kirchspielsleute;
3. Zustimmung der Obrigkeit; 4. Examen am Resi-
denzort des Inspektors in Gegenwart etlicher Pasto-
ren, anscheinend auch in Gegenwart von Gemeinde-
gliedern, Probationspredigten, Prüfung der Lebens-
führung; 5. Ordination mit Handauflegung am Resi-
denzort des Inspektors, danach Introduktion vor
der Gemeinde durch den Inspektor im Namen der
Obrigkeit. - Emder KO: 1. Anrufung Gottes durch
die Gemeinde um einen Prediger; 2. Bemühungen
der Prediger, Ältesten und Diakonen um einen Pre-
diger; 3. Probepredigten vor der Gemeinde; 4. Ver-
handlungen mit der Obrigkeit [Magistrat der Stadt
und Landesobrigkeit] um Zustimmung bzw. Kon-
firmation; 5. Aufforderung an die Gemeinde, notfalls
Einspruch zu erheben; 6. Bestätigung vor der Ge-

unsers lieben Herrn Jhesu Christi, unsers heilandes
und erzbischoffs, des diese sache ist, demnegest auch
von wegen wollgemeltes unsers gnedigen herrn als
christliebende obrigkeit etc., und furen euch diesen
beruffen und geordinierten N. N. alhie yn dieser
kirchen zu dienste 52. Und weil ihr yn der predigt ge-
hoert haben, wie wurdig das h. predigampt ahn ihm
selbest bei dem allerhohesten und bei den kindren
Gottes ist, auch, wie heilsamb es den menschen-
kindren und wie schwaere burden es aufm ruggen
tregt, item, was liebe und gehorsamb die gemeinde
ihren getreuwen sehelsoergern schuldig, als wollen
wir nicht zweifelen, dieser euwer prediger und ihr
kaspelsleute werden beiderseitz yn Gottes furchte
solches allerzeit yngedenk sein und nachkommen,
wie ihr das fur den richtstull unsers Herrn Jhesu
Christi habt zu verantworten. Darauf lasset uns
beten 53:

1.] 54 Wir danken dir, Heere Godt, Vater, Sohn und
heilig Geist, das du nach deiner große gute und uber-
schwenkeliche barmherzigkeit auch unter uns ahr-
men, unwurdigen dir ein volk zum eigentumb durch
den dienst deines h. woirtes und sacramenten sam-

meinde mit Handauflegung [das Examen wurde im
Coetus vorgenommen]). Die Emder Ordnung der
Stellenbesetzung steht aber durch die Presbyterial-
verfassung und das sakramentale Gliedschaftsrecht
auf anderer (nichtdinglicher) Grundlage; vgl. Ein-
leitung, oben S. 355 mit Anm. 38. Die Ordination
(Handauflegung) ist nach unserer KO „abstrakte,
ein für alle mal geschehene vocatio ins Amt“, nach
der Emder Ordnung „Funktionszuweisung“; vgl.
Erik Wolf, Ordnung der Kirche. 1961, 82.— Der
Graf ließ die presbyteriale Gemeindeverfassung am
13. Juni 1595 in seiner Antwort auf die Postulata
der Stadt weithin unbeachtet (vgl. oben S. 415 f.,
Anm. 19), anders im Vergleich zu Delfzijl 1595
selbst. Hinsichtlich der Pfarrstellenbesetzung im
allgemeinen, wie sie später festgelegt wurde, vgl. die
Konkordaten von 1599, oben S. 425 mit Anm. 23
(ungeachtet unserer KO verlangt der Landesherr
noch in den Vorverhandlungen das Recht auf Neben-
präsentation; in den Konkordaten selbst ist nicht
nur das Recht auf Konfirmation, sondern auch auf
Kollation durch den Landesherrn festgehalten; in
unserer KO erscheint der Kollationsanspruch der
Obrigkeit etwas verschleiert: die Introduktion ge-
schieht „von wegen“ der Obrigkeit; zum Schluß er-
mahnt der Amtmann im Auftrag des Grafen!).

53 B., entsprechend A., bringt das Folgende unter der
neuen Überschrift: Gebet.

54 Die Zahlen stehen in der Druckvorlage am Rand.

44 Sehling, Niedersachsen II/1

689
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften