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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0729
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Marienhafer Kirchenordnung 1593

13. ] Das gebet sol dem volke fein langsam furgespro-
chen werden, damyt sie nicht one andacht beten,
wen es so eilens gejaget wirt, volgens der segen ge-
sprochen und darauf ein psalm oder leid, auf der
predigt stimmend, myt denn orgel ahnfangen und
von chor und gemeine außgesungen etc. 23

14. ] Darnach (so kinder zu taufen synt) sollen die
gevatteren bey den taufstein vorsammelen, und sol

men mit einem gräflichen Mandat vom 1. Mai, das
sich u. a. gegen die Anwerbung von Soldaten durch
die Stadt Emden richtete, aus der Druckerei hervor
und wurde zusammen mit dem Mandat in die einzel-
nen Landesteile gesandt. Die Emder berichten: Die-
ses angeregten mandati und gebets formul ist den
14. May neben des herrn graffen befehl einem erbarn
rat dieser stadt zugeschickt worden und ernstlich be-
fohlen, das solch ausschreiben hie und da an gewöhn-
lichen örtern angeschlagen und von burgerm. und rat
die fürsehung getan werden sol, das es zum gering-
sten inwendig monatzfrist nit widerumb abgerissen
werde... Gleichfals wird ihnen gepotten, die formul
des besagten gebets den predigern zu uberantworten
und dabey zu gepieten, nach geendigter predigt, auf
Sontagen, Mitwochen und Freytagen der ganzen
gemeine dasselb fürzulesen und die ungehorsamen
ohn verzug S. Gn. namhaft zu machen, das er nach
gepühr gegen denselbigen verfahren möchte...
(Apologia, 520ff.; das Mandat ebd. 511ff.). Das Ge-
betsformular: Gebet wieder die itzo in Ost-
friesland vorstehende innerliche landes-
unruhe; gedruckt zu Aurich durch Johann von
Oldersum anno Domini 1602. Gebet. Allmächtiger,
ewiger, barmherziger Gott, himmlischer Vater, wie-
wohl wir durch unsere vielfältige bosheit, gottlos
leben und schwere sünde nicht allein diese äußer-
liche kriegesempörung, aufruhr und unruhe, damit
wir nun viel jahr hero vielfältig geplaget worden
seynd, sondern auch den ewigen tod und verdamnus
gnugsam verdienet und noch mehr allerhand un-
glück und unrat täglich verdienen, so bekennen wir
doch, o Gott, dieselbige unsere sünde vor dem an-
gesicht deiner göttlichen majestät, geben uns schul-
dig und erkennen, daß wir solch trübsal, kummer
und elend wol verschuldet haben. - Wir ruffen aber
auch darneben deine unaussprechliche gnade und
unendliche barmherzigkeit von grund unsers her-
zens an und bitten demutiglich, du wollest in diesen
unsern unruhigen, hochbetrübten, gefährlichen und
traurigen zeiten solche mittel gnädiglich zeigen und
geben, damit aller ungehorsam und empörung aus-
gerottet und vertilget, sonderlich aber allen unter-
tanen ein gehorsames herz gegeben werde, uf daß
wir ja nicht zu unserem eigenen unglück deiner ord-
nung mutwillig wiederstreben, sondern vielmehr
deinem ernstlichen befehl gemäß unseren gnädigen
landesherrn, den du uns, als unsere hohe obrigkeit,
vorgesetzt, mit aufrichtigem, völligem gehorsam,

der taufhandel gehalten werden, wie die agenda ahn
seinem ort berichtet 24 etc.

15.] Die vesperpredigt soll umb 1 uhr nachmittag
myt den orgel anfangen und die zehen gebott ge-
sungen 25, solange die predigten davon getan werden,
oder auch das leid von catechismo etc. Nun last uns
Christen etc. 26 2. Wan die predigt von der taufe oder
gebet sein, sol das gesank von derselben punkten

nicht allein aus furcht der strafe, sondern auch um
unsers christlichen gewißens willen, furchten, lieben
und ehren, diese hochschädliche kriegsrustung (dar-
aus endlich durch das sündliche anstiften des lei-
digen teufels anders nicht dann allerhand jammer
und unrat, wie auch das verderben unsers leibes und
unserer seelen, notwendig folgen wird) durch freund-
liche wege hingelegt und gestillet und dagegen ge-
meiner friede und ruhe aufgerichtet werde, damit wir
unter deinem und deiner geordneten hohen obrigkeit
schutz und schirm in ruhiger zeit mit ruhigem herzen
und gewißen deinen heiligen namen loben und prei-
sen, ein jeder in seinem beruf und stande nach dei-
nem willen und befehl in aller gottseeligkeit und er-
barkeit wandele und also folgend die ewige freude
und seeligkeit in und durch deinen geliebten Sohn,
unsern erlöser und seeligmacher Jesum Christum er-
langen und bekommen, auf deßen verheißen und
befehl wir mit bußfertigem glaubigen herzen ruffen
und beten: Vater unser etc. (Abschrift um 1700,
Staats-A. Aurich, Rep. 135 Nr. 39, S. 1-4). — Der
E.at zu Emden nahm weder das Mandat noch das Ge-
bet an; im übrigen Land unterwarf man sich dem
Befehl des Grafen (vgl. Apologia, 522). Vgl. dazu
U. Wangerin, Der geistige Hintergrund der Ausein-
andersetzung Emdens und der ostfriesischen Stände
mit dem Grafenhaus... Hamburger Dissertation
1949/50, 198. Vgl. auch E. R. Brenneysen Tom. I,
Lib. VII, 453 ff.

23 Der Gottesdienstschluß entspricht hier, abgesehen
vom Orgelspiel, etwa der Ordnung, die man in Em-
den kannte; vgl. KO von 1594, oben S. 489.

24 Vgl. oben S. 671 ff. und unten S. 708 f.

25 Entsprechende Lieder wären „Dies sind die heiligen
zehn gebot“ und „Mensch, willst du leben seliglich“;
vgl. oben S. 224, Anm. 25. Emder Enchiridion von
1589, Bl. XLVr-XLVIr: „De Tein Gebade Ga-
des vp dat lengeste. Mart. Luth. Dit sint de hillige
Tein Gebodt...“; Bl. XLVIr: „De tein Gebade
kort. Mart. Luth. Mensch wiltu...“ (darauf folgt das
Dekalog-Lied des Petrus Dathenus, Bl. XLVIv/
XLVIIr, das Johann von Oldersum vermutlich nicht
hat).

26 „Nun laßt uns Christen fröhlich sein“, bei Wacker-
nagel III, Nr. 853, niederdeutsch nach dem „Sang-
böck... Dorch Christianum Adolphum Nystaden-
sem... Magdeborch“ ca. 1542, überschrieben „De
Catechismus dorch de Predicanten tho Brunswick“.-
Im Magdeburger Gesangbuch von 1543 steht dieser

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