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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0739
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Marienhafer Kirchenordnung 1593

Aliud.

Herr Godt, himlischer Vater, wir bitten dich von
herzen, du wollest uns durch dein wort und h. Geist
leiten und fuhren, das wir unsre sunde nimmermer
gering achten, sundren ihn bußvertigheit allezeit
bevunden werden, uns von tage zu tage bessren und
uns des trosten mugen, das du uns umb deines Sohns
Jhesu Christi willen gnade beweisen, die sunde ver-
geben und die ewige zelichkeit schenken wilt 8. -
Unser Vater etc.

Aliud.

Almechtiger, ewiger Godt, der du aus veterlicher
wolmeinung und zu unsre [!] heil uns, deine kinder,
unter dem kreuze heltest, damit den sunden geweret
und aber wir ihn glauben, hoffnung und empsigen
gebet geubet werden, wir bitten dich, du wollest uns
ihn aller bezwerniß und not trosten und helfen, das
wir nicht verzagen 9 noch kleinmotich werden, son-
dren mit allen heiligen bestendich bleiben und dich
waren Godt sampt deinen liben Sohn und h. Geiste
ihn ewigkeit loben und danken etc. 10

Unser Vater etc.

8 Anlehnung an eine Kollekte Veit Dietrichs (vgl. oben
S. 113 mit Anm. 83); unsere Kollekte nach dem ent-
sprechenden Gebet in der Hoyaschen KO von 1581,
Lüneburger KO von 1564, Wolfenbüttler KO von
1569 (Sehling VI, 2, 1152. VI, 1, 573. 176) usw.

9 A. hat statt „verzagen“: „untergehen“.

10 Anlehnung an zwei Kollekten Veit Dietrichs (vgl.
oben S. 105f. mit Anm. 22, und S. 99 mit Anm. 69);
unsere Kollekte wohl in Anlehnung an das ent-
sprechende Gebet der Hoyaschen KO von 1581,
Lüneburger KO von 1564, Wolfenbüttler KO von
1569 (Sehling VI, 2, 1152. VI, 1, 573f. 176), das
bei Lüneburg/Hoya gleichfalls als letztes erscheint
(dort freilich insgesamt 32, bei uns 23 Kollekten).

11 Ein Verbot der Winkel- und Haustaufe, ausgenom-
men in Notfällen, enthält auch die Hoyasche KO
von 1581 (Sehling VI, 2, 1156).

12 Entsprechend der Landespolizeiordnung von 1545,

die zwei, höchstens drei Paten zuläßt (vgl. oben S.
410), und der Hoyaschen KO von 1573/74, Art. IV,
Sect. I, die die Zahl der Paten auf drei beschränkt
(vgl. unten S. 730). 13 Druckvorlage: vezogen.

14 B., entsprechend A., fährt fort:, umb kinderbier zu
halten. - Ähnlich gebietet die Hoyasche KO von
1581 die Taufe der Kinder am Tag der Geburt oder
am folgenden Tag und verbietet das Kindelbier zur
Tauffeier gänzlich (vgl. Sehling VI, 2, 1183f.).

Das dritte teil der kirchenordnung:

Von sacramenten und ceremonien etc.

1. ] Die h. taufe soll offentlich und ihn der kirchen
gescheen. Aber der winkel- oder haußtaufe sollen
sich unsre prediger ganzlich enthalten, es ervordere
dan sonderliche nottvall 11 etc.

2. ] Zu jeden kind sollen gevattren sein, aber nicht
mer dan 3 zu einem kinde 12. Und soll die kinder-
taufe erster gelegenheit gehalten werden, aber nicht
verzogen 13 auf geraume zeit 14 etc.

3. ] Es soll den prediger ein tag zuvor anzeigung wer-
den getan, wan kinder zu taufen, und die gevatters
ihne genennet, damit ehr ordlen 15 muge, ob die ge-
nante personen bey der h. taufe konnen zugelassen
werden 16 etc.

4. ] Den rouwelosen oder wanwitzigen leute, auch
ungezogene kinder und so den catechysmum nicht
wissen 17, sollen bey solchen handel 18 nicht gestadet
werden etc.

5. ] Die taufe soll auf predigtagen ordinary geschen 19
und auf notserfordrung auch zu allen tagen und
tageszeiten, damit, sovill ahm predigampte, nie-
mant verseumet werde etc.

15 = urteilen; vgl. Doornkaat Koolman II, 685;
Schiller und Lübben III, 232. - Statt „ordlen“
hat A. „erortern“.

16 Nähere Anweisungen darüber, wer von der Gevatter-
schaft auszuschließen bzw. dazu zuzulassen ist, gibt
die Hoyasche KO von 1581 (vgl. Sehling VI, 2,
1183). Auffallend ist, daß die Hoyasche Bestimmung,
niemanden zur Gevatterschaft zuzulassen, der
innerhalb von zwei Jahren nicht kommuniziert habe
(vgl. aaO. mit Anm. 6d), in unserer KO keine Pa-
rallele hat. Möglicherweise ist die in Ostfriesland ver-
breitete Abendmahlsscheu (vgl. oben S. 437 mit
Anm. 41) hier in Rechnung gestellt.

17 Ähnlich gestattet die Hoyasche KO von 1581 keine
Kinder als Gevattern, die kein tieferes Verständnis
der Taufe haben (vgl. Sehling VI, 2, 1183).

18 B. und A.: heiligen handel.

19 Die Regelung entspricht soweit auch dem Gebrauch
in der ref. Emder Gemeinde. Aber unserer KO zu-
folge sollte erst nach dem abgeschlossenen Predigt-
gottesdienst getauft werden (vgl. oben S. 697 mit
Anm. 24), während die reformierte Ordnung die
Taufe innerhalb des Gemeindegottesdienstes er-
forderte (vgl. Emder KO 1594, oben S. 484, Anm. 13,
u. S. 490 mit Anm. 40; vgl. auch Microns Ordinan-
cien, oben S. 609 f. mit Anm. 19).

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