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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0740
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Grafschaft Ostfriesland

Vermaninge bey der h. taufe 20.

Wie notig und heilsam die h. taufe allen minschen
zum reich Gottes ist (ihr geliebten), beid, alten und
jungen, niemant ausgenomen, das zeiget uns der
H. Christus (Joh. 3 [5f.]): Warlich, warlich, ich sage
euch, wo nicht jemant neu geboren wirt aus den
wasser und Geist, sunst kan ehr ins reich Gottes nicht
komen. Ursach: was von fleische geboren wirt, das
ist fleisch, und was von Geiste geboren wirt, das ist
Geist. Nun werden aber alle minschenkinder von
fleische geboren und sint fleisch, das ist, ihn sunden
empfangen (Psal. 51 [7]) und kinder des zorns von
natur (Eph. 2 [3]). Darumb dorfen wir allesampt der
h. taufe so nodtwendich, als es Christus der Herr be-
zeuget (Joh. 3 [5f.]); den die taufe ist das badt der
widergebort und verneuerung des h. Geistes (Tit. 3
[5]), da wir Christum Jhesum ahnzien (Gal. 3 [27]).
Derhalben tun wir recht und woll, das wir die kind-
lein zu taufe bringen als kinder des zorns von natur,
auf das sie neugeboren und ein neu creatur ihn
Christo Jesu wirden. Wir wissen auch, we [!] herz-
lich gerne der Herr, unser heiland, die kindlinn ha-
ben und segnen will (Matt. 19 21 textus [13ff.]) etc.
Weil aber die h. taufe auch ein verbund ist mit Godt,
umb ein gudt gewissen zu haben durch die aufer-
stehung Jhesu Christi von den todten (1. Pet. 3 [21]),
ein verbunt aber ist, da zwei parteyen durch einen
midler vertragen werden und einander mit warhaf-
tigen worden allen guten willen und deinst zusagen,
gleich wie zwisken Godt und minschen der einiger
mitler ist Jhesus Christus [vgl. 1. Tim 2, 5] und hat die
versonung durch sich selbest gemacht, das Godt mit
uns ins gnadenbuch sihet, unser Godt und Vatter will
sein, gotliche und vatterliche gute und tugent uns
erzeigen, also absagen wyr auch 21a ihn der h. taufe

-° Folgende Taufvermahnung lehnt sich teilweise an die
Taufvermahnung der Engerhafer Liturgie, oben S.
671 ff. mit Anm. 3, an.

21 B., entsprechend A.: Marci 10.

21a B., entsprechend A., an dieser Stelle außerdem:
hier.

22 Allgemeine , auf die Taufe hezogene Abrenuntiation,
grundsätzlich wie in der Engerhafer Liturgie, oben
S. 673 mit Anm. 4. Abweichend von der Engerhafer
Liturgie, läßt unsere KO das Glaubensbekenntnis
(vgl. oben S. 673 f. mit Anm. 5) fort, obwohl die für
unsere KO sonst weithin vorbildliche Hoyasche KO

den teufel und seinen englen, alle godtlosicheit des
werlts und unsren sundigen fleische, den alten
Adam 22. Wir ergeben uns aber den enigen waren
Godt, Vatter, Sohn und h. Geist, und geloben mit
waren worten, denselben zu dienen unser lebenlang
ihn heiligkeit und gerechtigkeit nach sein gefallen
(Luc. 1 [74f.]) 23.Weil uns aber ohne Gottes hilfe und
gaben dasselbe zu volbringen unmuglich ist, so last
uns (ihr gelibten) mit rechten ernste und andacht
uber disen teufling beten etc.

Gebet uber die kindertaufe.

Almechtiger, ewiger, warhaftiger Godt, du Vatter
unsers Herren Jhesu Christi und unser durch den-
selben, wir bitten dich von herzen, du wollest umb
deines lieben Sohns willen diß kindlein ahnnemen
zu dein kind und erben des zaeligen lebens; den es
ist je dein wille nicht, das jemant von diesen kleinen
verloren werde [Mt 18, 14], und wer jemant von
disen klenen argert, den wer es besser, ihn der teife
des meres vertrunken zu sein [vgl. Mk 9,42]. Drumb
forchten wir uns fur solche argerniß und bringen dis
kind zur h. taufe und bitten, du wollest dein vatter-
liche gute daran beweisen.

H. Jhesu Christe, du einiger midler zwisken Godt
und den minschen [1. Tim 2, 5], du heilant der werlt,
wir bitten dich von herzen, du wollest dis kind ahn-
nemen, als du die kindlin, ahm Jordan zu dir ge-
bracht, angenomen hast, und wollest es segnen mit
vergebung der sunden und mit dem h. Geiste, weil
du uns so ernstlich bevolen hast [Mk 10, 14f.]: Last
die kindlein zu mir komen und weret sie nicht, sol-
chen ist das himmelreich. Wer datt reich Gottes
nicht empfehet wie ein kind, wirt nicht drein kom-
men. Drumb folgen wir (Herr) deim bevellich, brin-

von 1581 das Glaubensbekenntnis in Form der Tauf-
fragen an das Kind vorsieht (vgl. Sehling VI, 2,
1158). Hatte der ref. Ritus auch hier auf den luth.
eingewirkt? Vgl. Emder KO von 1594, oben S. 490 f.,
und Microns Ordinancien, oben S. 610 ff.

23 Allgemeine, auf die Taufe bezogene Verpflichtung zu
christlicher Lebensführung, grundsätzlich wie in der
Engerhafer Liturgie, oben S. 674 mit Anm. 6. Die sich
in der Engerhafer Liturgie anschließende Erinnerung
an die Segnung der Kinder Mk 10 ist in unserer KO
an den Anfang der Vermahnung verlegt (vgl. bei Ver-
weisziffer 21).

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