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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0744
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Grafschaft Ostfriesland

last uns nun auch von herzen ihm beichten und
beten etc. 50

Gebett zum h. abentmall etc.

Almechtiger, rechtverdiger und barmherziger
Godt, du Vatter unsers Idern Jesu Christi und unser
durch denselben, wir arme, sundige minschen beich-
ten und klagen dir mit wemutigen herzen unsre
vielvaltige sunden und mißtatt und ist uns herzlich
leid, das wir deine heilige gebotten so oftmals uber-
tretten, und bekennen, Herr, unser Godt, wo du
sunde rechnen und deines rechtes ahn uns gebrau-
chen wilt, so sint wir allen ubel und den ewigen todt
vorfallen [vgl. Ps 130, 3]. Nun ist aber unser hoff-
nung und trost, das du langmutich und gnedich bist
und bezeugest uns deine gute und bermherzigkeit[!]
mit dem teuren eide [Ez 33, 11]: So war, als ich lebe,
ich habe kein gevallen ahm tode des sunders, sun-
dren das ehr sich bekere und lebe. Herr, unser Godt,
wir begeben uns zu dir und absagen den godtlosen
wesende der werlt und bitten, du wollest uns ihn
gnaden wider aufnemen umb deinen gelibten Sohns
willen, welchen du umb unser sunden dahingegeben
und zu unser gerechtickeit vom todt erwecket hast
[Rm 4, 25] etc.

Herre Jesu Christe, du leutzaeliger heilant, Godt
und minsch, mach uns teilhaftich deines h. libes und
bluts, wie du verheissen hast [Mt 26, 28; Luk 22,

50 Die Vermahnung lehnt sich im Gedankengang, teils
auch im Wortlaut, an die der Engerhafer Liturgie an
(vgl. oben S. 678 f. mit Anm. 23). Leichte Tonver-
schiebung bei den drei Hauptgedanken in der zwei-
ten Hälfte der Vermahnung: unsere KO stellt das
Handeln Gottes voran, während die Engerhafer Li-
turgie beim Menschen beginnt. Zur Passionspredigt
als Bußpredigt vgl. FC, Epitome und SD V (Bek.
Schr., 792. 955 ff.); F. Loofs, Leitfaden zum Stu-
dium der Dogmengeschichte 4. 1906, 851 ff. 918 f.;
Ernst Wolf, Christum habere omnia Mosis, in: Für
Kirche und Recht. Festschrift für Johannes Heckel.
1959, bes. 293 f. 51 A.: kreuz und anfechtung.

52 Das Gebet lehnt sich eng an die Offene Schuld in der
Engerhafer Liturgie an (vgl. oben S. 679 f. mit Anm.
24); in unserer KO scheint der liturgische Aufbau
im folgenden gestört durch das Fehlen insbesondere
der dazugehörigen Absolution. Liturgiegeschicht-
lich gesehen, erfordert die Bitte um würdigen Emp-
fang des Sakramentes vor der Kommunion aller-
dings nicht notwendig eine Absolution. Vgl. J. A.
Jungmana, Missarum Sollemnia II. 1948, 446 ff.;

19 f.], das es uns zum guten hingegeben und umb
unsre sund vergossen ist und wir dessen genissen
mugen. Beware uns auch (du guter hirte [vgl. Joh 10])
als die schaffe deiner weide [Ps 74, 1], das wir von
deiner hand nicht verirren mit valscher lehr, deinen
namen nicht laugnen ihn kreuz und ahnfechtung,
dein gemeine auch nicht beschamen mit argernißen,
sondren vorbitte uns beim Vatter ihm himel (du ge-
trouwe Godt), das wir immerzu ihn deinen namen
vergebung der sunden haben und entlich das ewige
heil erlangen etc.

H. Godt, heilige Geist, du Geist der warheit, rades
und trostes, gleide uns mit erkenteniß des heils ihn
alle w arheit, verleihe uns gedult ihm kreuz 51, vrei-
modicheit des glaubens und helf unser gebett mit
unausprechlichen seufzen [Rm 8, 26], das wir er-
horet werden. Mache uns je mer und mer ein neu
creatur ihn Christo Jesu [2. K 5, 17], unsren hei-
lande, das wir diß heilige abentmall wirdich emp-
fangen und mit deiner hilfe zum zaligen ende
bestendich bliben. Amen 52.

Alsbald geschicht drauf die communion. Und beim
gesegneten brode gesacht: Der leib unsers H. Jesu
Christi speise euch zum ewigen lebent. Amen. Beim
kelche wirt gesagt: Datt blut Jesu Christi reinige
euch von allen sunden [vgl. 1. Joh 1, 7]. Amen 53.

Unter der communion soll men fein lanxsam sin-
gen den 23. psalm 54 und ander geistliche leder vom h.

B. Klaus, Die Nürnberger Deutsche Messe 1524, in:
Jb f. Liturgik und Hymnologie 1 (1955), 5. 27; un-
ten Anm. 59; Leiturgia II, 551 ff. (Klaus). Eine
Antwort auf die Beichte dürfte in unserer KO in
den Spendeformeln liegen.

53 Unsere Spendeformeln zeigen Ähnlichkeit mit den
nach der Hoyaschen KO von 1581 bei der Kranken-
kommuniongebrauchtenFormeln (vgl. Sehling VI,
2, 1165); mehr noch mit den kürzeren Formeln der
röm. Messe, die Luther in die Formula missae über-
nahm (Sehling I, 6; WA 12, 213; Leiturgia II, 556;
E. W. Zeeden, aaO. 22). Vgl. die fast gleichen For-
meln der Engerhafer Liturgie, Fassung A., oben S.
680 mit Anm. 27.

54 Gesang des 23. Psalms war in Norden bei Micron
üblich, während die Kommunikanten sich im Chor
sammelten (vgl. oben S. 629 f., Anm. 11). Hatte diese
Sitte in Ostfriesland vielleicht nachgewirkt? - Das
Emder Enchiridion von 1589 enthält den 23. Psalm

I. in der Bearbeitung von Andreas Knöpken (ca.
1468-1539; vgl. P. Johansen, RGG 3 III, 1684), Bl.
XIV r-XV r: „De XXII. [!] Psalm. Dominus regit

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