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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0753
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Marienhafer Kirchenordnung 1593

sunde, es sey in der lehr oder ahm leben, nicht uber-
all kundich ist etc.

6. ] Der ander proceß ist 1. Cor. 5 und gehet uber
offenbar laster 37 und falsche lehr, da die leute sich
selbs mit der tatt ihm bann tunn 38 etc.

7. ] Die gebanten sollen uns nach Christi lehr [Mt 18,
17] als heyden und zolner sein, nach Pauli ler[1. K
5, 5] den satan ubergeben ahm leybe, umb die zele
zu gewinnen etc. 39

8. ] Nach den alten canones 40 wollen wir auch, das
die ander Christen solche leute (die religion sachen
und bruderliche conversation belangend) vermeiden
und zur buße beschamen sollen etc.

9. ] Wer aber mit ihnen nach als fur wie mit gute

37 A.: lästerer.

38 B., entsprechend A., fährt fort: und nur die executio
nöttig ist.

39 Zum Plan a Lascos, für Ostfriesland eine Kirchen-
zuchtordnung zu erstellen, vgl. Einleitung, oben
S. 323; zu entsprechenden Vorschlägen im Rahmen
der Vorarbeiten zur Polizeiordnung von 1545 ebd.
S. 327 mit Anm. 39; zum Beginn der Kirchenzucht in
Emden und ihrer weiteren Ausgestaltung vgl. ebd.
S. 323 mit Anm. 5 ff. und S. 500 ff. mit Anm. 95 ff. Be-
reits ca. 1544 finden wir in Emden die Gliederung in
einen heimlichen und einen öffentlichen Prozeß. —
Unsere KO geht auch hier an der Presbyterialver-
fassung der ref. Gemeinden vorhei (vgl. dazu Anm.
40).

40 Der Umgang mit den notorisch Exkommunizierten
hatte zuerst die gleiche Strafe, später wenigstens die
excommunicatio minor im Gefolge. Verboten war
jeder Gedankenaustausch durch Wort, Zeichen oder
Schrift, jede Bezeugung freundschaftlicher Ge-
sinnung, jeder Verkehr im Handel und Wandel, jedes
Zusammenleben, jede Tischgenossenschaft. Vgl.
Corp. iur. can., Decr. Grat. II, caus. XI, quest. III,
c. 16 ff. (Friedberg I, 647 ff.). Einzelne Päpste,
dann das Dekretalenrecht schufen gewisse Erleich-
terungen; vgl. Corp. iur. can., Decret. Greg. IX. lib.
V, tit. XXXIX De sententia exc., cap. 31 u. 34
(Friedberg II, 901 ff.). Auf Grund einer Bestim-
mung Martins V. auf dem Konzil zu Konstanz 1418,
Konkordat mit der deutschen Nation, Kap. 7 (Man-
si 27, 1192. 1193; Codicis iuris canonici fontes, ed. P.
Gasparri, I. Romae 1923, Nr. 45), unterschied man
excommunicati vitandi und excommunicati tolerati.
Mit den letzteren war der Verkehr in äußeren
kirchlichen Dingen, im Amt und im bürgerlichen
Leben erlaubt. Oft war die excommunicatio maior
mit der Acht verbunden (vgl. auch Sehling VI, 2,
1055 mit Anm. 40b). Vgl. J. B. Sägmüller, aaO. II,
355 ff.; H. Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte I.
1954, 583. - Dagegen Luther, Schmalkaldische Ar-
tikel, Vom Bann (Bek. Schr., 456 f.; vgl. dazu die An-

Christen conversatie ihn kindeltauf, begrabnuß,
hochzeit und dergleichen helt, der soll ihnen gleich
und argerleich geacht sein etc. 41

10.] Wir wollen, das unsre beampten und deiner den
predigern yn bevordrung der disciplin mit ganzen
ernste und nach vermuge ihres amptes behulflich
sein, wo nicht, sollen sie unser ungnad gewartich
sein etc. 42

Von begrebnus 43.

1.] Was zur begrebnus getan wirt, das alles kan den
versturbenen kein hilfe schaffen, sundren es deinet
nur den lebendigen etc.

merkungen ebd.): Den großen bann... halten wir fur
ein lauter weltliche strafe, und gehet uns kirchen-
diener nichts an. Aber der kleine, das ist der rechte
christliche bann, ist, daß man offenbärliche hals-
starrige sunder nicht soll lassen zum sakrament oder
ander gemeinschaft der kirchen kommen, bis sie sich
bessern und die sunde meiden. Und die prediger sol-
len in diese geistliche strafe oder bann nicht men-
gen die weltliche strafe. - Zur Sonderung kirchlicher
und weltlicher Strafen, auch zu Ansätzen presby-
terialer Handhabung der Kirchenzucht in luth.
KOO des 16. Jh.s vgl. A. Sprengler, Kirchliche
Banngewalt nach der Grubenhagener KO von 1581,
in: Zeitschrift f. ev. Kirchenrecht 5, 2, 3 (1956), 196 ff.
Allgemein vgl. W. Delius, RGG 3 III, 1598 ff. (Lit.).

41 B. fährt fort: ,10.] wöllen auch nicht, das unsere
amptleute die beklagte kirchendiener auf eines jeden
anklage dem gemeinen mann und bauren gleich vor
gericht laden, sondern sollen die sache sampt dem
inspectore einnehmen und in der gutte beylegen.
Wo das nicht sein kan, sollen der inspector und der
amptman die sache an uns referendo gelangen
laßen. - Vgl. KO von 1535, oben S. 389 mit Anm. 80.
Ein Verbot, die Pastoren vor die weltlichen Gerichte
zu ziehen, enthält auch die Hoyasche KO von 1581,
Sehling VI, 2, 1196 mit Anm. 26. Vgl. auch Hoya-
sche KO von 1573/74, Art. XXI, unten S. 746 mit
Anm. 51.

42 B., entsprechend A., fährt fort: 12.] Denn wir wöllen
die gute disciplinordnung, so zu mehrmalen in unser
graffschaft gepubliciret und aber nachleßig von den
beampten befurdert sein, hiermit repetirt haben, und
das denselben allerdingen nachgelebet werde, bey
poena, daselbst angezogen. [Darauf folgen in A. die
Unterschriften.] - Mit der Disziplinordnung dürfte
die Polizeiordnung von 1545, oben S. 398 ff., gemeint
sein.

43 B., entsprechend A.: Von begrebnuß der Christen
etc. - A. hat dies Kapitel an anderer Stelle; vgl.
oben S. 719 mit Anm. 23.

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46 Sehling, Niedersachsen II/1
 
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