Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0758
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Harlingerland

prediget, die sacramenta nach seineß einigen gepor-
nen Sohnß Christi Jesu insetzung ohne der teufeli-
schen rotten, geister und sekten verfelschung und
inhalt der Augspurgischen Confession 7 recht auß-
geteilet und mit aller schuldigen reverenz und ehr-
erpietung empfangen, auch gute disciplin under un-
sern untertanen gehalten werden muege: Darumb
bey unß nicht unzeitig erwogen und bedacht, daß
wir pillig nit alleine in die christlichen fußstappen
unserß herrn vatterß, sel. gedechtniß, tretten, son-
dern auch dorauf empsige achtung geben sollen, daß
numehr unsere graff- und heerschafte Hoya, Ritt-
pergk, Brughausen, Esenß, Stedesdorff und Witt-
mundt in sachen der christlichen religion und poli-
cey einhellig sein und pleiben, damit in dieser argen,
bösen, vergiftigen welt unsere christliche getreue
undertanen vor den inschleichenden rotten und
sekten behuetet werden und die pastoren und kir-
chendienere in der lehre deß göttlichen wordeß und
außteilung der hochwurdigen sacramenta in ei-
nem rechten, wahren verstande, ohne hader, zank
und wederwillen, dadurch die christliche kirche
unrouig gemacht und destruirt wird, eindrech-
tig pleiben muchten, und wollen demnach hie-
mit, alß vor etzlichen jahren in unser graffschaft
Hoya angekundiget, auch unser graff- und heer-
schaften Rittpergh, Esenß, Stedeßdorff und Witt-
mundt. allen pastoren, kirchendienern und kerspelß-
leuten 8 dieße christliche kirchen- und policeyord-
nung, getreulich und ernstlich darnach zu richten,
bey vermeidung unser ungnade und straffe, befohlen
haben und gebieten derohalben unsern untertanen
und eydßverwandten, drosten, befehlichhabern und
amptßleuten vormittelst ihrer verpflichtung, die sie
unß getaen haben, und zue vorkommung 9 des all-
mechtigen und unser ungnedigen straffe, daß sie auf
die articull, in vielgemelter ordnung verfaßet, gute
achtung und aufsicht haben und handhaben helfen,
damit dieselbe in den schwang gebracht und stracks
durchauß nachgelebet werde. Doran geschicht un-

auch über die bes. Pflicht der Obrigkeit als „prae-
cipuum membrum ecclesiae“: J. Heckel, Cura reb-
gionis. Ius in sacra. Ius circa sacra (Kirchenrechtl.
Abhandlungen, Heft 117/118). 1938, 224 ff.; vgl.
auch Zeitschrift der Savigny-Stiftung f. Rechts-
gesch., kan. Abt. 46 (1960), 614 ff., bes. 621 f.; ferner
Erik Wolf, Ordnung der Kirche. 1961, 370 ff.

sere ernstliche wille, meinung und gefallen und seind
eß in gnaden zu erkennen geneigt. Zue mehrer ur-
kund haben wir dieße nachfolgende ordnung mit
unserm uffgedruckten kanzleysecret und eigener
hand unterschreibung befestiget. Geben am 1. Fe-
bruarii nach unserß erlöserß Christi geburt, im funf-
zehenhundersten dreyundsiebenzigsten jahr etc.

Diese nachgesetzte ordnung
ist fürnemblich in drey hauptpuncta
verfaßet:

Zum ersten, wo 10 sich de pastoren, prediger,
scholemeistere, köster und andere kirchendienere in
ihrem ampte, berope, bevele, levende und wandel
schicken und halten sollen.

Zum andern, der kirchen diacon oder armenvor-
munder und kerkenvorstender, de sonsten tempel-
leerers genant werden, betreffen.

Zum dritten, waß die allgemeinen undertanen
sich in den gotteßdienste, auch mit den kirchen-
guttern und zum teile sonsten, in ihrem ganzen
levende, in der gottseligkeit, zucht, ehre und an-
dern tugenden anstellen und verhalten sollen, da-
mit all unchristlich wesend und unordnung abge-
schaffet, de wahre gottseligkeit angerichtet, do-
durch die pillige zorne und hoichvordiente straffe
deß allmechtigen abgewendet und deß Herrn segen
und ungnade ahn lief und seelen erholden und vor-
beden 11 werden muege.

Der erste articull.

Von den pastoren und predigern.

Sanct Paulus lehret, waß ein bischoff, pastor und
prediger vor eine person sein solle, dor he spricht:
Ein bischoff soll unsträfflich sein, 1. ad Timoth. 3
[2]; ad Titum [1, 7].

Dorumb wollen wir keinen horer, ehebrecher,
drunkenbolten, wokener 12, floch- und schandmauler
oder sonsten beruchtigen und kröger zum praedi-
canten leiten.

7 Bek. Schr., 44 ff.

8 = Kirchspielsleuten; vgl. dazu oben S.22,Anm. 28.

9 = Verhütung; vgl. Lasch und Borchling I, 848.
10 = wie; vgl. oben S. 71, Anm. 35.

11 = verbütet; vgl. Schiller und Lübben V, 311 f.;

Lasch und Borchling I, 776.

12 =Wucherer; vgl. Schiller und Lübben V, 759.

726
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften