Lediglich im Erfurter Druck folgt im Anschluß an die Kasseler Kirchenordnung der Kasseler
Katechismus (Text Nr. 10 a). Er gibt sich - bis auf geringe Abweichungen20 - als eine wörtliche Wieder-
holung des Straßburger Katechismus von 153721 und ist ,,nach Bucers Rat von den Kasseler Predigern
zunächst für die gerade i. J. 1539 neu eingerichtete lateinische Schule zu Kassel“22 bestimmt. Im
ganzen stellt er eine Auslegung des Glaubensbekenntnisses dar, innerhalb der einzelnen Artikel werden
die einzelnen Teile des kirchlichen Unterrichts untergebracht, die Lehre von den Sakramenten erscheint
dabei im Artikel von der Gemeinschaft der Heiligen. Die textliche Abhängigkeit des Katechismus von
der Straßburger Vorlage ergibt eine weitgehende Annäherung an oberdeutsche Traditionen23, dagegen
weisen die Bildermotive in einen weiteren allgemein protestantischen Raum24. Eine Einwirkung des
Kasseler Katechismus auf die spätere hessische Tradition ist kaum festzustellen.
d) Die Jahre des Übergangs
1. Die Kirchenzuchtordnung von 1543 (Text Nr. 13)
Die Kirchenzuchtordnung von 1543 hat ihre Vorläufer in den obrigkeitlichen Reformations- und
Polizeiordnungen der Jahre 1526 (Text Nr. 1 a) und 1537 (Text Nr. 7), ihr Anliegen ist wiederum
die Ordnung der Sitten innerhalb des Territoriums.
Sie ist sowohl in einem vollständigen Druck erschienen, als auch in einem kürzeren Plakatdruck,
der nur die ersten beiden Abschnitte enthält1 (Vom Gotteslästern, Vom Vollsaufen), dessen häufigeres
Vorkommen aber doch wohl auf eine große Verbreitung gerade dieses Plakatdruckes schließen läßt.
Zur Zeit der Generalsynoden gewinnt die Zuchtordnung noch einmal ihre Bedeutung. Der Abschied
der ersten Synode aus dem Jahre 15682 empfiehlt ihre Revision und neuerliche Publikation. Ergebnis
dieser Beratschlagungen und Verhandlungen ist die Reformationsordnung von 1572 (Text Nr. 33).
2. Die Marburger Kirchenordnung von 1557 (Text Nr. 15)
Literatur: Fr. Herrmann, Das Interim in Hessen. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte, 1901.
Einer weiteren Entwicklung der Gestaltung des gesamten kirchlichen Lebens innerhalb des hessi-
schen Territoriums bereitet das Interim und die anschließende Gefangenschaft des Landgrafen zunächst
einen bitteren Stillstand. Die heimgelassenen Räte, obwohl der Ausführung des Interim widerstehend,
müssen sich mit Verordnungen zufriedengeben, die die bereits erlassenen Ordnungen neu einschärfen3.
20 Z. T. bei Reu, I, 1, 67 angegeben.
21 Vgl. Heppe, Historische Untersuchungen.
22 Heppe, Kirchengeschichte I, 257.
23 Vgl. etwa die Zählung der zehn Gebote oder den Artikel betr. der Höllenfahrt.
24 Die Motive der beigefügten Bilder weisen nicht, wie es die textliche Abhängigkeit des Katechismus von Straßburg
vermuten ließe, in den Straßburger Raum, sondern berühren sich weitgehend mit den Motiven der Lutherschen
Katechismen, sowohl seines Großen als auch seines Kleinen Katechismus. Da jedoch auch Canisius (S. Petri
Canisii doctoris ecclesiae Catechismi Latini et Germanici, ed. Fridericus Streicher S. J., I, 1, 1933 S. 279 ff. I, 2,
1936 S. 25 ff.) in seinen Katechismen teilweise Paralleltraditionen zu den von Luther verwendeten Bildermotiven
aufweist, würde die Frage auftauchen, wie weit hier Canisius von protestantischen Traditionen abhängig ist, oder
aber ob nicht auch diese Überlieferungen durch die mittelalterliche Kirche vorgeformt sind.
1 Vgl. S. 148.
2 Vgl. S. 349.
3 Vgl. Ausschreiben wider das Vollsaufen und Zutrinken, 12. Aug. 1546 (HLO I, 148f.); Ausschreiben, daß über die
ausgegangene Reformations-, Kirchen- und anderen Ordnungen besser solle gehalten werden, 25. März 1549
(HLO I, 150 f.) und 12. Juli 1551 (HLO I, 153 f.).
23
Katechismus (Text Nr. 10 a). Er gibt sich - bis auf geringe Abweichungen20 - als eine wörtliche Wieder-
holung des Straßburger Katechismus von 153721 und ist ,,nach Bucers Rat von den Kasseler Predigern
zunächst für die gerade i. J. 1539 neu eingerichtete lateinische Schule zu Kassel“22 bestimmt. Im
ganzen stellt er eine Auslegung des Glaubensbekenntnisses dar, innerhalb der einzelnen Artikel werden
die einzelnen Teile des kirchlichen Unterrichts untergebracht, die Lehre von den Sakramenten erscheint
dabei im Artikel von der Gemeinschaft der Heiligen. Die textliche Abhängigkeit des Katechismus von
der Straßburger Vorlage ergibt eine weitgehende Annäherung an oberdeutsche Traditionen23, dagegen
weisen die Bildermotive in einen weiteren allgemein protestantischen Raum24. Eine Einwirkung des
Kasseler Katechismus auf die spätere hessische Tradition ist kaum festzustellen.
d) Die Jahre des Übergangs
1. Die Kirchenzuchtordnung von 1543 (Text Nr. 13)
Die Kirchenzuchtordnung von 1543 hat ihre Vorläufer in den obrigkeitlichen Reformations- und
Polizeiordnungen der Jahre 1526 (Text Nr. 1 a) und 1537 (Text Nr. 7), ihr Anliegen ist wiederum
die Ordnung der Sitten innerhalb des Territoriums.
Sie ist sowohl in einem vollständigen Druck erschienen, als auch in einem kürzeren Plakatdruck,
der nur die ersten beiden Abschnitte enthält1 (Vom Gotteslästern, Vom Vollsaufen), dessen häufigeres
Vorkommen aber doch wohl auf eine große Verbreitung gerade dieses Plakatdruckes schließen läßt.
Zur Zeit der Generalsynoden gewinnt die Zuchtordnung noch einmal ihre Bedeutung. Der Abschied
der ersten Synode aus dem Jahre 15682 empfiehlt ihre Revision und neuerliche Publikation. Ergebnis
dieser Beratschlagungen und Verhandlungen ist die Reformationsordnung von 1572 (Text Nr. 33).
2. Die Marburger Kirchenordnung von 1557 (Text Nr. 15)
Literatur: Fr. Herrmann, Das Interim in Hessen. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte, 1901.
Einer weiteren Entwicklung der Gestaltung des gesamten kirchlichen Lebens innerhalb des hessi-
schen Territoriums bereitet das Interim und die anschließende Gefangenschaft des Landgrafen zunächst
einen bitteren Stillstand. Die heimgelassenen Räte, obwohl der Ausführung des Interim widerstehend,
müssen sich mit Verordnungen zufriedengeben, die die bereits erlassenen Ordnungen neu einschärfen3.
20 Z. T. bei Reu, I, 1, 67 angegeben.
21 Vgl. Heppe, Historische Untersuchungen.
22 Heppe, Kirchengeschichte I, 257.
23 Vgl. etwa die Zählung der zehn Gebote oder den Artikel betr. der Höllenfahrt.
24 Die Motive der beigefügten Bilder weisen nicht, wie es die textliche Abhängigkeit des Katechismus von Straßburg
vermuten ließe, in den Straßburger Raum, sondern berühren sich weitgehend mit den Motiven der Lutherschen
Katechismen, sowohl seines Großen als auch seines Kleinen Katechismus. Da jedoch auch Canisius (S. Petri
Canisii doctoris ecclesiae Catechismi Latini et Germanici, ed. Fridericus Streicher S. J., I, 1, 1933 S. 279 ff. I, 2,
1936 S. 25 ff.) in seinen Katechismen teilweise Paralleltraditionen zu den von Luther verwendeten Bildermotiven
aufweist, würde die Frage auftauchen, wie weit hier Canisius von protestantischen Traditionen abhängig ist, oder
aber ob nicht auch diese Überlieferungen durch die mittelalterliche Kirche vorgeformt sind.
1 Vgl. S. 148.
2 Vgl. S. 349.
3 Vgl. Ausschreiben wider das Vollsaufen und Zutrinken, 12. Aug. 1546 (HLO I, 148f.); Ausschreiben, daß über die
ausgegangene Reformations-, Kirchen- und anderen Ordnungen besser solle gehalten werden, 25. März 1549
(HLO I, 150 f.) und 12. Juli 1551 (HLO I, 153 f.).
23