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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0053
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Die Kirchenordnungen
[1. a] Verbum Domini manet in aeternum.
Vnser Lanndtgraue Philipsen Reformation, vnnd ordenung
vonn allerley gebrechlicheyt vnnd vnordenung, so bisher in vnsern furstenthumb,
landen vnnd gepieten, gescheen sey
1526 (HLO I, 49-54)

Im iar tausent funfhundert zwanzig und sechs.
Wir Philips von Gots gnaden, Landgrave zu Hessen,
Grave zu Catzenelnpogen etc. empieten allen und jeg-
lichen unsern landsassen, undertanen und lieben ge-
treuen, heide geistlichs und weltlichs stands, unser
gnad und alles gut zuvor. Und fügen euch hiemit ganz
treuer gnediger und guter wolmeinung zu vernemen,
daß wir vor augen sehen, befinden und spüren, daß
leider itzt in diesen geferlichen geschwinden zeiten viel
iar here die bösen sünde, ubertretung götlicher leere
und gebott zu lesterung seins heiligen namens in
manigfeltig weise mit unschicklichem voldrinken, er-
gerlichem ehehruch und unehelichem beischlaffen, un-
christlichem schweren und fluchen, einzihung fremb-
der güter, unordentlichem lehen, in zank und widder-
willen, auch sust mit anderm vast erschröckentlich und
uberschwenklich uherhand genomen, von tage zu tage
sich heuflich gemehret haben und sich noch teglich
mehren und wachsen, daß es leider durch solchen un-
geschickten erschrockenlichen mißbrauch, mehrung
und zunemmung der sünden dahin komen ist, daß
solche sünd und laster bei vielen vor geringe, ja wol
auch beinahe vor keine, so es doch ergerliche hohe
strafbare und verdamliche ubertrettung und sünde
sein, dadurch auch Got am höchsten wurdet gelestert,
geachtet und gehalten werden. Wir sein auch aus teg-
licher erfarung innen worden, daß mancherlei unord-
nung und ubermeßig wesen, so in unserrn furstentumb
und landen zu verderbung gemeines nutzes in schwank
und in ubung sein gebraucht worden, die allen men-
schen an ihrer narung schedlich und abgenklich, auch
gemeinen nutzen und burgerlichen sitten hoch zuwider
sein. Darümb haben wir aus furstlicher oberkeit, wie
wir von Got, Keiserlicher Maiestät und rechts wegen
zu tun schuldig sein, solche ergerliche ubertrettung,
ungöttliche laster, mancherlei unordnung und verderb-
lich wesen mit großer beschwerung zu gemut gezogen
und mit anrueffung göttlicher gnaden, auch guten
zeitigem rate zu heiligung götlichs namens, mehrung
seiner ehr und glori, abstellung ernenter sünde und
mißbreuch, versönung Gottes zorn, anrichtung und
pflanzung eines ehrlichen zuchtigen lebens, christlicher
einikeit und ordentlicher sitten und furderung ge-

meines nutzes, sovil moglich und Gott gnad verleihen
wird, ein reformation, ordenung und maß furgenomen
und beschlossen, die wir mit der zeit zu bessern und
zu meren gedenken, welche wir auch also wollen ge-
halten und volnzogen haben. Befehlen und gepieten
darauf allen und iglichen unsern stadthaltern, ampt-
leuten, kelnern, rentmeistern, rentschreibern, schult-
heißen, vogten, richtern, reten und bevelchhabern ganz
ernstlicher meinung bei vermeidung unser ungnad
und straf, diese unser nachfolgend satzung, ordnung
und gebott von unsernwegen zu hanthaben und vleißig
aufzusehen, die ungehorsamen und ubertretter nach
anzeig eins iglichen artickels satzung unableßlich zu
büßen und zu straffen. Dann wir die, wie obgemelt,
von meniglichem der unsern wollen unuberschritten
gehalten haben, wie nachvolgt. Und vor allen dingen
ist unser befelch, daß ihr alle und jede prediger euer
ämpter, so ihr von uns habt, freuntlich ermanet, das
christlich volk treulich zu erinnern, unsern schöpfer,
erlöser und behalter Jhesum Christum vleißig zu bit-
ten, uns allen seine göttliche gnad zu verleihen, diese
unser ordnung, aus guter meinung fürgenomen, soviel
seinem göttlichen willen gefellig ist, zu handhaben und
zu halten, und doran das volk sich also züchtig, ehrlich,
christlich und gehorsam zu erzeigen, mit fleiß anzu-
reißen und aufs höchst zu ersuchen, damit desta so
weniger nott sei, diese ordnung aus drangsal zu haud-
haben, sonder dieselb mer, daß wir aufs höchst begeren,
aus gutem willen gehalten werde.
[1] Von ubermeßigem zudrinken.
Und erstlich, nachdem wie meniglichen unverborgen,
vom zutrinken und füllerei viel unschicklicheit, un-
einigkeit, sünden, laster, seelen, leibs und guts verder-
ben, unchristliche, unehrliche gotslesterung und nichts
dann aller unrat erwechst, so haben sich hievor etwan
viel oberlendischer und reinischer churfürsten, fürsten
und wir, Gott dem almechtigen zu lobe und ehren, zu
verhütung vieler sünde und laster und zu fürderung
eins christlichen, züchtigen und ehrlichen lebens ernst-
lich und treffentlich vertragen, wie wir euch das vor
zweien iaren durch unser amptknechte auch haben an-
zeigen lassen, daß ein jeder bei allen seinen graven,

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