Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0100
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Visitationsordnung 1537

und welcher das uberfüre, den soll man darumb,
wie obgemelt, strafen8.
[4] Und nachdem viel clagens ist vom gebranten
wein schenken und drinken, so wollen wir, daß
vorige unser ordnunge vom gebranten wein9 strags
und strenge gehalten werden, und wa die stett den
branten wein in ibren keller mit unserm wissen
genummen haben, da sollen sie diese ordenung
ingleichnus halten oder des schanks müßig steen
und sollen keinem menschen uf einmal zu trinken
mehr dann vor zween heller lassen. Und welcher
schenk das uberfüre, so oft er das tut, umb zehen
alb. gestraft werden, es sei dann, daß ein mensch
den zu arznei, leut oder pferden, prauchen wolle
und solichs also bei seinem glauben zusage.
[5] Es soll auch kein wein- oder bierwirt sontags
oder heiligen tags vor der predige wein oder bier
raichen oder verkaufen, es were dan frembden
wandernden leuten, bei peen zehen alb., so oft er
das uberfüre10.
[6] Und nachdem wir hievor viel guter christen-
licher befelch, ordenung und gebot von gotts-
lesterung, fluchen, schweren, spielen, saufen und
andern lastern abzusteen und wie die gestraft wer-
den solten, gemacht, uffgericht, usgekundet und
gebotten haben11 und aber dieselbigen villeicht
von euch unsern amptleuten, dienern und befel-
habern bishere uberschritten, ubel gehandhabt
und von euch den undertanen nicht, wie ihr solt
und wir euch gepotten, gehalten worden sein, dar-
durch dann andern christen, und die sich des na-
mens rümen, nicht geringer anstoß und ergernus
gegeben wirdet, so ist nochmals unser ernstlich
meinung, gebieten und wollen, daß alle und ide
unser ordnung, satzung und gebot, die wir von der-
wegen gemacht und uffgericht haben und noch
uffrichten oder machen werden12, ernstlich und
vest gehandhabt und daruber gehalten werden.
Und sonderlich so soll man in unsern fürsten-
tumben, landen und gebieten kein spiel in offnen
markten in wein- oder bierheusern, in holz oder

8 So schon Kastenordnung 1530, Abschn. 26 (S. 70).
9 Vgl. Reformationsordnung 1526, Abschn. 6 (S. 39),
die jedoch schärfer vorgeht.
10 Vgl. Kastenordnung 1530, Abschn. 26 (S. 70).
11 Vgl. wiederum das fürstliche Ausschreiben 1524 und

felde, oder auch sonst heimlich spiel der burger,
bauern oder gemeinen mans nicht gestatten, bei
peen fünf gulden von einem iden, der da spielt
und der da zusicht oder dabeisitzt, steht oder ist,
unnachlessig zu bezalen. Und ihr unser amptleut,
diener und befelhaber sollet ein vleißig, treulichs,
ernstes uf- und insehens haben, daß solich peen
inpracht und uns verrechnet werde. Und in wilchs
wirdshaus dasselbig zu gescheen understanden
wird, der soll schuldig sein, seine geste darvor treu-
lich und vleißig zu warnen, und so sie dasselbig
nicht underlassen, solichs euch unsern amptsver-
waltern eins idern orts als der oberkeit bei seinen
eidspflichten anzuzeigen, und so er das nit tut, die
peen duppel, nemlich zehen gulden unweigerlich
zu stund geben und bezalen. Wilcher auch bei
solichem spiel ist, das weiß und nicht anzeigt, der
soll zween gulden zu geben schuldig sein. Und in
welcher stat zu offenen markten on unser wissen
offen spiel gelitten wirdet, dieselb soll auch zwen-
zig gulden zu geben verfallen sein. Und unser ampt-
leut, diener und befelhaber eins iden orts dieselb
peen onverzuglich inpringen und uns verrechnen.
Und ob einicher wirt in einiger unser stat oder
flecken sagen wolt, er wer dafur gefreiet, daß er es
nit ansagen wolte, so soll dieselbig freiheit hiemit
ufgehaben sein und gleichwol mit der peen jegen
ihme furtgefaren werden.
[7] Wo einer, der da Gott lestert, den namen des
höchsten mißpraucht, schweert oder flucht, gehort
wird, derselbig soll auch, so oft er das tut, zehen
alb. zu geben verfallen und schuldig sein. Und wo
das die hörer nit anzeigen und auch an gerichten
nit rugen, so soll ein iglicher, so oft er das verhelt,
auch so viel zu geben verpflicht sein. Und welcher
es am geld nit vermag, der soll darumb eins ider-
mals vier tage und nacht im torn oder gefenknus
sitzen und behalten werden. Und damit sollen alle
flüche und schwüre, darin Gottes name unerlich
genent wird, gemeint sein, inmaßen vorige unsere
ordnungen solichs weiter usweisen13.
der Anfang der Reformationsordnung 1526 (S. 37).
12 Hier ist vor allem die Kirchenzuchtordnung 1543
(Text Nr. 13) zu nennen.
13 Vgl. Anm. 11.

84
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften