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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0101
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Visitationsordnung 1537

[8] Ferrer, nachdem wir vormals vonwegen des
zudrinkens zu vollen, halben und gleichmeßigen
trunken in unser ordenunge gnedige und christ-
liche warnung getan haben14 mit der vorgwissi-
gung, daß wir solich zutrinken mit gemessen trun-
ken zu unser gelegenheit ganz verpieten wollen und
dabei gehofft hetten, es solt solich zudrinken ab-
genommen und us anweisung des gottlichen worts
ein ider sich selbst gezogen und gemessiget haben,
damit daruf peen zu setzen one not gewesen were,
und aber solichs nicht allein nicht abgestellt wir-
det, sonder je lenger je mehr inreißet und zunimpt,
dardurch one zweivel Gott erzörnet, teurde, miß-
wachs, krankheit und andere pilliche straf uns zu-
sendet und uflegt, auch dem evangelio ein großer
mirglicher anstoß begegnet und widerferet, und
demnach so dringet uns, als die verordent ober-
keit, unser gewissen und Gottes ehre, solich zu-
drinken bei namhaftigen penen zu verbieten, als
wir hiemit tun. Setzen derwegen und ordnen, daß
niemand dem andern gemessen trunke zu vollen,
halben oder zu gleichen zudrinken, noch einicher
vom andern gleichen drunk oder bescheit weder
offenlich noch heimlich fordern oder warten, des-
gleichen keiner den andern nöten oder dringen
solle, damit gleiche trunke gescheen, wie das
vorige unser ordenunge von unmessigem zudrin-
ken uffgerichtet, weiter usfüret und specificirt15,
sonder wilcher von unsern amptsverwaltern, be-
felhabern, rentmeistern, schultheißen, vögten,
amptknechten, burgern, bauern und andern under-
tanen, geistlichen oder weltlichen, gelert oder un-
gelerten, die nicht vom adel sein, solichs uberfüre,
so oft er das tete, der solt uns zehen alb. zu buß
zu geben verpflicht, und der wirt, burger, bauer
oder hausman, so solichs in seinem hause ge-
stattete und nicht anzeigte, der soll, so oft das ge-
schicht, zehen gulden zu buß geben, auch ein ider,
der dabeisitzet oder ist, daß solichs geschicht,
zehen alb. in gleichnus zu buß zu geben schuldig
sein. Und wilcher amptman, bevelhaber oder
amptknecht, wie die namen haben, in unserm ampt
seiner verwaltung oder bevelch darauf nicht ach-

14 Reformationsordnung 1526, Abschn. 1 (S. 37f.).
15 Vgl. Reformationsordnung 1526, Abschn. 1 (S. 37f.).

tung gibt, oder, so er es weiß, nicht straft, der soll
mit zwanzig gulden, darzu entsetzung seins ampts
verfallen sein nach unserm ansehen und gefallen.
Die vom adel aber, wo die soliche unser orde-
nung uberfüren für ihre person, die sollen inhalt
voriger unser ordenunge16 auch gestraft werden.
Und gleichwol der wirt oder hausman, in welchs
haus solich zudrinken geschee, dasselbige nicht ge-
statten, noch wein oder bier in der gestalt geben
noch verkaufen oder holen lassen, sonderlich wo
die vom adel mit andern burgern, bauern oder
gemeins leuten sessen. Were aber das ganze gelöch
vom adel, so soll der wirt oder hausman in geheim
sie gütlich warnen, und so das nicht hülfe, solichs
der oberkeit, amptleuten, amptknechten oder be-
velhabern eins iden orts und dann dieselbigen be-
velhaber solichs forter an uns gelangen zu lassen
schuldig sein. Weren aber frembde leute da, denen
zun ehren etliche vom adel ihnen geselschaft lei-
sten wolten, das soll auch also angesagt werden,
damit wir darin nach gelegenheit der personen ge-
pürliche versehung tun mögen. Doch behalten wir
uns hierin befur, so wir wurden befinden, daß dies
unser satzung beim adel nicht helfen wolt, hieruf
andere ordenung zu machen oder peen zu setzen
nach gelegenheit. Und welcher unser amptman,
amptknecht, befehlhaber oder diener solichs nit
also anzeigte, der sal auch sein gepürliche straf
darumb empfangen und der gewertig sein. Find
man aber einen burger, bauer oder gemeinen man,
der nicht vom adel, der oft vol ist, daß er unge-
schickt wirdet, den soll man auch darumb fur-
nemen und zimlich nach gelegenheit strafen. Und
so er in der vollen weise etwas ubertrit, soll er
duppel gestraft werden.
[9] Ferrer so soll die satzung der kindtauf halben
in aller form mit geschenk und gastung gehalten
werden, wie die gesatzt und geordent worden ist17
und des weiter erklert sein, daß die acht personen
des andern tags oder, so die kindtauf am mittage
gewesen were, des abends nicht wider geladen wer-
den, oder so sie geladen wurden, nicht kommen
bei peen 3 alb. Desgleichen so soll man bei gleicher
16 Vgl. Reformationsordnung 1526, Abschn. 1.
17 Vgl. aaO., Abschn. 3 (S. 38f.).

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