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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0134
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Kasseler Kirchenordnung 1539

auch in der stille gebeten hat18, soll der diener zu
merer sterkung des glaubens und trost der kinder
halben vorlesen das evangelion Matth 19. [13-15]
Marci 10. [13-16] Luce 9g [18, 15-17], auf dassel-
big das kind heißen herreichen und vom gefattern
bekentnis des glaubens fordern, den sie haben und
in dem die kinder sollen getauft und dann auch
auferzogen werden, und nach dieser bekentnus die
kinder taufen und sie darauf ihren eltern, den ge-

recht erkennen und bekennen, was du uns durch deine
heiligen tauf geschenkt und zu was gnaden und selig-
keit du uns aufgenommen hast, damit wir die sünd in
uns immer töten und in dem neuen und dir gefelligem
leben immer wachsen und also warlich dein volk sein
und du unser und unsers samens Gott und heiland, und
diese kind, die du deiner gemein durch ihre eltern
schenkst, nim auf in dein heiliges volk und gemeinschaft
deines lieben Sons und gib und wirk in uns allen nach
deiner gnedigen verheißung, daß mir deine so große
gnade an diesen kindern, die du in der heiligen tauf,
den wir ihnen nach deinem bevelch mitteilen wollen,
selbst taufen und von der sündlichen verdampten art
neu geberen wilt mit warem glauben und herzlicher
dankbarkeit aufnemen, dem nach diese kinder als deine
kinder und erben halten und ihnen dazu dienen, daß
sie dir auch auferzogen werden zu heiligen deinen na-
men und erweiterung deines reichs, dazu du sie in leib-
licher gesundheit bewaren und mit allen gütern ver-
sehen und von allem ubel erlösen wollest, d[urch] u[n-
sern] H[errn] J[hesus] C[hristus.] Amen.
8 Luce 18 KE.
h KE fügt hier ein: Dieses aber alles auf diese form.
Das volk soll nach dem gebet, so vorlesen, in der still
beten ein Vater unser. Postea dicat minister:
Weil wir denn nuhe den Herren gebeten haben und
das uf sein selbst gnedige verheißung, darümb wir an
seinem veterlichem erhören nicht zweifeln sollen, wol-
len wir das kind teufen. Damit aber in dem unser glaub
das werk des Herren in diesem heiligen sacrament des
taufs so viel tröstlicher ansehe, erkenne und aufnehm,
wollen wir auch hören unsers Herren Jhesu Christi rede
selbst von den kindlein, die man ihm zubrenget, wie er
denselbigen seinen segen zum ewigen leben und warer
gemeinschaft des göttlichen reichs verspricht und
selbst mitteilet. So schreibt Mattheus. 19. [13-15] Mar-
cus. 10. [13-16] Lucas. 18. [15-17]: Zur zeit brachten
18 Das folgende ist als liturgisches Formular in KE aus-
geführt, vgl. unter h. Die ersten Teile dieses aus-
geführten Formulars stammen aus Straßburg (vgl.
Hubert 49ff.), ebenfalls der eigentliche Taufakt.
Dagegen hat Straßburg, vor allem seit 1537, die
(sowohl bei Luther als auch im Rituale vorhandene)
abrenuntiatio diaboli fallen gelassen und an ihrer
Stelle das Bekenntnis der Buße und des Glaubens
stark unterstrichen. Die Kasseler Kirchenordnung

fattern und ganzer kirchen befelhen als itzt kinder
Gottes und glider Christi, sie dem Herrn aufzuzie-
hen und ihnen zum preis des Herrn in allem guten
an leib und seel zu dienen und also mit vermanunge
dem Herrn für die armen das opfer zu geben und
danksagung umb solliche gnade des Herren, der
die kinder geschenkt und dann auch zur widerge-
burt aufgenommen hat, diesen dienst beschließen
und das volk lassen mit dem segen hingehenh.
sie kinder zu Jhesu, daß er sie solt anrüren. Aber die
jüngern wereten ihn und straften die, so sie brachten.
Da das Jhesus sahe, verdros es ihn und sprach zu ih-
nen: Last die kinder zu mir kommen und weret ihnen
nicht, denn solcher ist das himmelreich. Warlich ich
sage euch, wer nicht das reich Gottes nimpt wie ein
kindlein, der wird nicht hienein kommen, und er umb-
fieng sie und leget die hend auf sie und segnet sie.
Dieses geb uns allen der Herr wol zu fassen, daß nie-
mands in das reich Gottes vor Gott kommen mag, er
nem es denn an als ein kindlein, das ist entpfahe es aus
lauter gabe und schenk des Herren, an alles zutun sei-
ner eigene kreften, und daß unser Herr Jhesus auch un-
sern kindern will seinen segen mitteilen, der will nuhe
mitten unter uns sein und alles ausrichten. Es ist sein
tauf, wir sein allein seine diener und werkzeug, durch
die er sein geheimnus will ausspenden.
Uf dieses soll der diener das kind heißen herreichen
und von den gevattern bekentnus des glaubens, den
sie haben und in dem die kinder sollen getauft und
denn auch auferzogen werden, fordern. Also:
Ihr geliebten im Herren, ihr begert, daß dieses kind
auf Jhesum Christum getauft und durch das sacra-
ment des taufs seiner heiligen gemein ingeleibt werd ?
Antwort: Ja. — Frag: So nennet es mit seinem namen.
Antwort: N. - Frag Ministri: N., widersagstu dem
teufel, allen seinen werken und wesen, sampt aller
weltlicher uppigkeit ? Antwort: Ja. - Frag: N., gleub-
stu an Gott, den almechtigen Vater, schepfer himel
und erden ? Gleubstu an Jhesum Christum seinen eini-
gen Son, unsern Herrn, geborn, gelitten, gestorben, er-
standen, gen himel gefaren und einen zukünftigen
richter ? Gleubstu an den heiligen Geist, ein heilige
christliche kirche, welche ist ein gemeinschaft der hei-
ligen, vergebung der sund, auferstehung des fleisches
und noch diesem ein ewiges leben ? Antwort: Ja.
Uf dieses begert der diener, ihm das kindlein nach
ordenung darzugeben, das nimpt er denn in sein hend,
(KE) nimmt sowohl das Straßburger Element des
Bekenntnisses von Buße und Glauben als auch die
abrenuntiatio auf und gibt sie an die Ordnung von
1566 weiter, vgl. S. 273 ff. - Ebenfafls aus der mittel-
alterlichen Tradition stammt das Wort des Pfarrers
über den Täufling: Der almechtig Gott und Vater,
der dich anderwerts geborn hat . . . Zu den Einzel-
untersuchungen vgl. v. d. Poll 46ff. u. H. Jahr aaO.

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