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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0142
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Kasseler Kirchenordnung 1539

[8] Von einsegnung der ehe37.
Die ander sacramentlich ceremonien ist das ein-
segen der ehe. Das soll man also halten: Wo sich
leut miteinander vermähelt haben, die sollen sich
dem pfarherr oder capellan anzeigen und ihre na-
men da zu erkennen geben, damit man sie auf einen
sontag oder zwen, nach dem die personen bekant
seint oder nit, offentlich nach der predig vor allem
volk von der kanzel ausrüfen. Es soll auch der pfar-
herr oder capellan solche leute, wann sie sich also
anzeigen, fleißig beforschen, wie sie ihre ehe ein-
ander versprochen, ob das auch geschehen sei mit
wissen und willen deren, in welcher gewalt sie
billich sein sollen, auch ob es sonst allerding or-
dentlich und christlich verhandelt sei. Und wo
hindernus da oder zu grobe unordnung befunden,
daß solche leut on ergernus nit zusamen künnen
kommen, soll sie der diener nit einsegenen, bis sol-
cher mangel und fehl durch die gebessert werde,
welchen sollichs von ampts wegen gebürt.

daß sie diese deine gnade und güte und ihre erlösung
in Christo, deinem lieben Son, unserm Herrn auch selbst
erkennen und vor deiner gemein bekant haben, sterk
dies dein werk, das du in ihnen angefangen hast, mer
ihnen deinen h. Geist, auf daß sie in deiner kirchen
und gemein und warem gehorsam des evangelii stetigs
bleiben und bestendig beharren, daß sie kein mund
falscher leer nach fleischlichen lüsten von bekanter
warheit irgent abtreiben, sondern gib ihnen, daß sie zu
allem deinem gefallen an Christum, deinen Son unsers
gemeines heupt immer wachsen und einmal erreichen
sein volnkömlich menlich alter in aller weisheit, heili-
keit und gerechtickeit, damit sie dich, und deinen lie-
ben Sohn, unsern Herrn, sampt dem heilgen Geist,
einigen waren Gott immer volnkommener erkennen,
herzlicher lieben und bei ihren nechsten mit worten
und all ihrem leben tapferer und fruchtbarer beken-
nen, preisen und groß machen, und wie du uns zugesagt
hast, was wir dich im namen deines lieben Sohns bit-
ten, das wollestu uns geben.
So verleihe ihnen auch, so wir ihnen jetzt in deinem
namen die hend auflegen und sie damit deiner gnedi-
gen hand und deines heiligen Geistes, des geistes aller
sterk und hülf zu recht christlichem leben vertrösten,
daß sie nicht zweifelen, du wollest allwege obtuen hal-
ten, mit deiner göttlichen hand, sie zu schutzen vor
allem argen, und zu füren und leiten zu allem guten
37 Der Abschn. bildet wiederum die Quelle zu späteren
KOO, vgl. die Köln. Reformation und hess. KO
1566 (S. 321).
38 Vgl. Reforrnationsordnung 1526, Abschn. 4 (S. 39)
und Visitationsordnung 1537, Abschn. 10 (S. 86).
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Item es soll auch der diener des worts die eheleut,
wan er sie zum einsegnen weiß zuzulassen, treulich
vermanen, ein christlichen kirchgang und hoch-
zeit, sonder heidnisch üppigkeit und bracht zu
halten38.
Item es sei ein jungfrau oder witwen, so sollen
alle eheleut hinfort ihre ehe in der kirchen besteti-
gen und heiligen lassen, sich auch dahin mit christ-
licher zucht und meßigkeit, als die sich im Herrn
vermähelet haben, verfügen. Da dann der diener
zum ersten fragen soll, ob jemands rechtmeßig
hindernus an solicher ehe wüßte. Und so niemand
erscheinet, soll der diener der eheleut ehe mit zu-
samengegebenen henden, im namen des Vatters
und des Sons und des heiligen Geistes bestätigen39
und darauf ihne die herliche verheißunge Gottes zu
diesem stande, auch wie sie einander darin halten
sollen, erkleren40 und mit ernst fürhalten und dann
nach gemeinem gebet, das er mit ordenlicher col-
lecten summiren soll41, mit dem segen und ver-
und deinen heiligen Geist nimmer von ihnen nemen,
sondern als bei iflnen sterken und mehren, damit sie
auch sich diesen meister und fürer genzlich ergeben
und durch ihn in deiner gemeinscflaft mit allen gleubi-
gen in rechtem gehorsam des evangelii fest erhalten
und entlich in alle warheit der volnkommene frömb-
keit und selickeit gefüret werden. Damit also in allen
ihrem leben dein göttlicher nam immer mehr und mehr
geheiliget werd, dein reich erweitert etc. ut supra.
Darnach sol der pfarherr ihnen die hend uflegen und
sagen:
Nimm flin den heiligen geist, schutz und schirm vor
allem argen, sterk und hülf zu allem gutem, von der
gnedigen hand Gottes des Vater, Sohns und heiligen
Geistes, Amen.
Darauf singt man: Danksagen wir alle etc.
Des platz halben zu dieser ceremonien wer fein, daß
der so mög geordenet werden, daß der pfarherr und die
kinder vor aller gemein künten wol gehört und ver-
manet werden. Als so der pfarflerr uf der kanzel stünd
und die kinder vor der kanzel auch an einem erhoherem
ort stunden und antworten. Hnd damit die kinder
desto unerschrockener, auch mit mehrem ernst ant-
worten, sollen am selbigen ort, das dazu verordnet
wird, bei ihnen stehen und sie unterweisen ihre veter
und, wo sie die nicflt hetten, ihre pfettern, schulmei-
ster und cappellan etc.
39 „Bestätigung“ der Ehe auch im Straßburger und
Zürcher bereich (vgl. Hubert 14, Richter I, 134f.)
40 Eine ins einzelne gehende liturgische Ausführung zu
diesem Teil fehlt in KE.
41 Vgl. unter m.
 
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