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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0156
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Kasseler KatecMsmus 1539

K: Wenn ich. Gott uber allen dingen und meinen ne-
histen liebe als mich selbs und befleiße mich, meines
nehisten gut gerücht zu vertedigen und zu furderen,
wo ich kan. U: Das gebe dir Gott zu tun, so wirst du
dich vor allem liegen und afterreden wider deinen ne-
histen wol verhüten und dabei mit freuntlicher straffe
und warnung gegen ihm selb und mit getreuer verte-
digung gegen anderen seinen glimpf und ehre recht er-
halten und beschirmen. Wie heißets furder ?
K: Dich soll nicht gelüsten deines nehisten etc.
[Bild: Jakobs List gegen Laban, Gen 30, 25 ff.; vgl.
WA 30, I, 175. 360]. U: Was will dies gepot? K: Daß
wir uns in den willen Gottes also ergeben, daß uns das
arge nimmer meher gelüste odder anfechte. U: Wer
kan dohin kommen? K: Uff erden niemand, darümb
werden wir durch dies gepot der sunden alweg ver-
dammet und müssen uns allein uff Christum den Herrn
und seiner gerechtigkeit vertrösten. U: Das tu, denn
eigentlich, wenn wir Gott lieb hetten uber alle ding
und den nehisten als uns selbs, so könde uns vil weni-
ger gelüsten odder anfechten alles, das wider Gott und
den nehisten ist, denn uns gelüstet oder anfichtet, das
wir befinden wider unser leiblich gut, ehr und leben
sein. Dies gepot redet aber allein vom gelust des nehi-
sten weibs, habe und guts ? K: Da ist der lust zu haben,
das ander leuten ist, und uns nicht gebüret, ein fur-
nemer und grober böser lust, den ein jeder erkennen
kan, als der wider die liebe und alle billigkeit fichtet.
Und darümb sollen wir bei diesem bösen lust erkermen
und bedenken, wie alle böse lüste und anfechtunge sun-
de und verdamlich sind. U: Wie wiltu aber diesem ge-
bot des Herren nachkommen ? K: Ich will mich mei-
nem Herren Jesu begeben und ihn bitten, er wölle mir
seinen heiligen Geist imer mehren, uff daß mich allein
gelüste, was ihm wolgefellet, und erleide alles, was ihm
misfellet. U: Was sollen nun alle diese gebot bei dir
schaffen ? K: Daß ich meine sund erkenne und fasse,
mich Christo unserem Herren vertraue und ihn imer
bitte, daß er mein alt böses herz hinneme und gebe
mir ein neu gut herz, das alle seine lust und ubung
habe in seinem wort und gesetz. U: Dies verleihe und
mehre in dir der Herre Jhesus, der allein fur uns das
gesetz erfullet hat. K: Amen.
Für die gar jungen.
Underrichter: Kanst du die zehen gepot? K: Ja,
herr. U: So erzele sie. K: Ich, der Herr, bin dein Gott
etc. U: Was will dieser anfang der zehen gebot, ich
bin dein Gott etc. ? K: Daß wir den einigen waren
Gott in allen dingen fur unseren Gott und heiland er-
kennen und alle hülfe zu leib und seel bei ihm allein
suchen. U: Worümb verbeutet er, andere götter neben
ihm zu haben, auch die bildnissen, die man verehret ?
K: Da will unser verkerete natur immer etwas neben
Gott haben, dabei sie hülf und trost suche, und will

Gott auch immer bei eußeren zeichen ohne waren glau-
ben dienen. U: Recht, darümb verbeutet er diese zwei
stück besonders, nebengötter und götzendienst. So
sihe nun und halte dich zu dem einigen waren Gott
alleine und bette ihn allenthalben an im geist und in
der warheit. Was folget? K: Du solt nicht falsch
schweren etc. U: Was fordert der Herre hiemit? K:
Daß ich seinen namen heilige, preise und gros mache,
wo ich kan odder mag. U: Wol, darümb so hüte dich
vor allem falschen und unnützem schweren, vor allem
fluchen, vor aller leichtfertigen rede von Gott und
göttlichen dingen. Bekenne aber und preise ihn in al-
len dingen als deinen Gott und heiland. Wie mehr ? K:
Gedenke des feiertags etc. U: Was gebeutet Gott hier-
in ? K: Daß wir zu seiner gemein gern kommen und
uns zu seinem wort und sacramenten mit aller andacht
schicken sollen. U: Des befleiße dich uff alle tag, für-
nemlich aber uff die feirtage. Sage weiter ? K: Halt in
ehren deinen vater und mutter etc. U: Was will dieses ?
K: Daß ich meine elteren, öberen, lerer und alle fur-
gesetzten in ehren und vor augen habe und ihnen zu
allem guten gehorche. U: Dazu ube dich, so lerest du
recht leben und wird dich der Herre den leuten zu gut
deste lenger leben und glück haben lassen. Was gehet
hernacher ? K: Die gepot der gemeinen liebe gegen
dem nehisten. U: Wie heißen sie? K: Du solt nicht
töten. Du solt nicht unkeusch sein. Du solt nicht stelen.
Du solt kein falsch gezeugnis geben wider deinen ne-
histen. U: Was will der Herre in diesen gepoten? K:
Er verbeutet alle gedanken, wort, tun und lassen, da-
durch mein nehister möchte in einigen weg beschedi-
get odder beleidiget werden an seinem leib, seines
weibs und kinderen, an der narung und an glimpf
und ehre. U: Womit verbeutet er verletzung an eig-
nem leib des nehisten ? K: Du solt nicht töten. U:
Womit am leib des weibs und kinderen ? K: Du solt
nicht unkeusch sein. U: Wie an der narung ? K: Du
solt nicht stelen. U: Wie an glimpf und ehren ? K:
Du solt kein falsch gezeugnis geben etc. U: Wenn du
aber deinem nehisten kein verletzung zufugest, wid-
der an seinem leib noch der seinen, wider an gut noch
ehren, hast du darümb diese gepot gehalten? K: Nein,
ich soll dem nehisten auch an dem allen helfen und
raten, wie mir selbs. U: Recht, darümb must du ihn
lieben wie dich selbs. Was gebeutet der Herre weiter ?
K: Dich soll nicht gelüsten etc. U: Was will der
Herre in dem? K: Daß uns keines argen immer
mehr gelüste noch anfechte. U: Es würde dich auch
kein arges innner anfechten, hettest du Gott lieb uber
alle ding und den nehisten als dich selbs. Kanstu aber
auch diese volkommenheit in dieser zeit erlangen?
K: In unserm fleisch ist nichts guts, in Christo aber
meinem Herren ist verzeihung der sunden und alle
gerechtigkeit. U: Dem gleube, an den halt dich, der
nimmet dir hin den fluch des gesetzes, dem du nimmer

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