Marburger Kirchenordnung 1557
Es soll auch kein ehe zugelassen oder ingesegnet
werden vor der gemeinde von den pfarhern, die zu
nahe verwand seiend30; und wo sich derhalben et-
was wurde zuetragen, sollen sie, die pastores, nichts
tun, sondern uf die canzelei weisen31 und von dan-
nen rats, antwort und bephelchs erwarten.
Die proclamation und aufrufung deren, so sich
in ehestand begeben, solle, wie von alters herpracht,
im brauch bleiben32. Und man niemands copulie-
ren in der kirchen publice oder in den heusern pri-
vatim, der nicht zuvor drei maal ufgeruffen sei.
Frembde und unbekante leute, so in eines pfar-
herrn gemein nicht gehören, soll kein predicant zu-
sammen geben, er habe dann gute testimonia von
30 Da eine Eheordnung über die zulässige und verbotene
Blutsverwandtschaft in Hessen fehlte (vgl. Anm. 30),
wandte man sich mit strittigen Fragen von Hessen
aus an das Konsistorium zu Wittenberg (vgl. Quel-
len III, 774. 793). Die rechtliche Unklarheit zeigt
deutlich der Ehefall des Jakob Becker (Quellen III,
776) und die Schwierigkeiten des Pfarrers in Gudens-
berg (Quellen III, 790).
31 Die Ehegerichtsbarkeit war nach dem Vertrag von
Hitzkirchen (vgl. S. 8) an die Kanzleien zu Kassel
und Marburg (bis zur Bildung des Konsistoriums
1610) übergegangen (vgl. Gundlach, Zentral-
behörden I, 204f. 293f.), jedoch zeigt das Schreiben
des Pfarrers zu Gudensberg, Johann Katzenberger,
an den Landgrafen deutlich, daß keine einheitliche
Regelung durch die Kanzlei durchgeführt wurde
(Quellen III, 790 A.B.).
32 Vgl. die Kasseler Kirchenordnung, Abschn. 8 (S. 126).
33 Vgl. auch den Synodalabschied der Kasseler Synode
dem pfarhern des orts, da die contrahenten gesessen
seind33.
Es soll sich auch braut und breutgam acht tage
vor der hochzeit dem pfarhern erzeigen, ihres glau-
bens rechnung geben34 und darnach in Gottes
namen zusamen gegeben werden.
Caetera relinquenda sunt magistratui politico
ordinanda et punienda.
Adamus35 sßt.
Nicolaus Rodingus36, pharrer sßt.
Mathusalem Arnoldus37, prediger sßt.
Eucharius Luncker38, pharher zu Cappel
und diener der kirche Marpurck sßt.
vom 31. Mai 1556 (Quellen III, 802 Abschn. 13).
34 Vgl. a. a. O. Abschn. 12.
35 Zu Adam Krafft vgl. S. 111 Anm. 36.
36 Nikolaus Rodingus, geb. 1519 zu Treysa, 1537 dort
Lehrer, 1538 Magister, 1543 Prinzenerzieher, 1549
Prof. der Rhetorik Marburg, 1554 Pfarrer in Mel-
sungen, 1555 Pfarrer in Marburg, 1576 prof. theol.
primarius, D. theol., Rektor 1579/1580; † 1580; Mit-
verfasser der Kirchenordnung von 1566, vgl. S. 25
Anm. 8. Vgl. zum ganzen Gundlach, Catalogus 10.
37 Mathusalem Arnold, Kaplan in Kirtorf 1550-1552,
Pfarrer in Roßdorf 1552-1555, Ekklesiast in Mar-
burg 1555-1563, Pfarrer in Zwingenberg 1563-1597,
† 1601; vgl. Hütteroth 6 und Quellen III S. 408.
38 Eucharius Linker aus Wetzlar, Pfarrer in Kappel
1547-1583, zugleich Kaplan in Marburg 1547-1559,
seit 1557 Deutschordenspfarrer in Marburg, Hüt-
teroth 211 und Quellen III, S. 440.
165
Es soll auch kein ehe zugelassen oder ingesegnet
werden vor der gemeinde von den pfarhern, die zu
nahe verwand seiend30; und wo sich derhalben et-
was wurde zuetragen, sollen sie, die pastores, nichts
tun, sondern uf die canzelei weisen31 und von dan-
nen rats, antwort und bephelchs erwarten.
Die proclamation und aufrufung deren, so sich
in ehestand begeben, solle, wie von alters herpracht,
im brauch bleiben32. Und man niemands copulie-
ren in der kirchen publice oder in den heusern pri-
vatim, der nicht zuvor drei maal ufgeruffen sei.
Frembde und unbekante leute, so in eines pfar-
herrn gemein nicht gehören, soll kein predicant zu-
sammen geben, er habe dann gute testimonia von
30 Da eine Eheordnung über die zulässige und verbotene
Blutsverwandtschaft in Hessen fehlte (vgl. Anm. 30),
wandte man sich mit strittigen Fragen von Hessen
aus an das Konsistorium zu Wittenberg (vgl. Quel-
len III, 774. 793). Die rechtliche Unklarheit zeigt
deutlich der Ehefall des Jakob Becker (Quellen III,
776) und die Schwierigkeiten des Pfarrers in Gudens-
berg (Quellen III, 790).
31 Die Ehegerichtsbarkeit war nach dem Vertrag von
Hitzkirchen (vgl. S. 8) an die Kanzleien zu Kassel
und Marburg (bis zur Bildung des Konsistoriums
1610) übergegangen (vgl. Gundlach, Zentral-
behörden I, 204f. 293f.), jedoch zeigt das Schreiben
des Pfarrers zu Gudensberg, Johann Katzenberger,
an den Landgrafen deutlich, daß keine einheitliche
Regelung durch die Kanzlei durchgeführt wurde
(Quellen III, 790 A.B.).
32 Vgl. die Kasseler Kirchenordnung, Abschn. 8 (S. 126).
33 Vgl. auch den Synodalabschied der Kasseler Synode
dem pfarhern des orts, da die contrahenten gesessen
seind33.
Es soll sich auch braut und breutgam acht tage
vor der hochzeit dem pfarhern erzeigen, ihres glau-
bens rechnung geben34 und darnach in Gottes
namen zusamen gegeben werden.
Caetera relinquenda sunt magistratui politico
ordinanda et punienda.
Adamus35 sßt.
Nicolaus Rodingus36, pharrer sßt.
Mathusalem Arnoldus37, prediger sßt.
Eucharius Luncker38, pharher zu Cappel
und diener der kirche Marpurck sßt.
vom 31. Mai 1556 (Quellen III, 802 Abschn. 13).
34 Vgl. a. a. O. Abschn. 12.
35 Zu Adam Krafft vgl. S. 111 Anm. 36.
36 Nikolaus Rodingus, geb. 1519 zu Treysa, 1537 dort
Lehrer, 1538 Magister, 1543 Prinzenerzieher, 1549
Prof. der Rhetorik Marburg, 1554 Pfarrer in Mel-
sungen, 1555 Pfarrer in Marburg, 1576 prof. theol.
primarius, D. theol., Rektor 1579/1580; † 1580; Mit-
verfasser der Kirchenordnung von 1566, vgl. S. 25
Anm. 8. Vgl. zum ganzen Gundlach, Catalogus 10.
37 Mathusalem Arnold, Kaplan in Kirtorf 1550-1552,
Pfarrer in Roßdorf 1552-1555, Ekklesiast in Mar-
burg 1555-1563, Pfarrer in Zwingenberg 1563-1597,
† 1601; vgl. Hütteroth 6 und Quellen III S. 408.
38 Eucharius Linker aus Wetzlar, Pfarrer in Kappel
1547-1583, zugleich Kaplan in Marburg 1547-1559,
seit 1557 Deutschordenspfarrer in Marburg, Hüt-
teroth 211 und Quellen III, S. 440.
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