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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0184
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Stipendiatenordnung 1560

stellen lassen, sich mit einnemung der verschrie-
benen summen darnach haben zu richten.
[2] Wie und welcher gestalt die stipendia
ausgegeben und verwendet werden sollen.
Nachdem anfenglich unser auch sonder allen
zweifel unserer landschaft intention und vorsatz
dahin gerichtet gewesen und noch ist, daß von ob-
bemelten stipendien gelehrte leut vornemblich in
theologia auferzogen werden möchten13, die den
kirchen und schulen in unsern fürstentumben und
landschaften mit predigen, lehren und sonst nütz-
lichen vorstehen, und dem gemeinen nutzen dienen
könten, gleichwol aber die erfahrung an tag gegeben,
daß solches dermaßen nicht, wiewol unser und un-
serer landschaft christliche vornemen und meinung
gewesen, bisher ervolgen wöllen. Darumb dann vor
allen dingen vonnöten, dies werk dergestalt an-
zustellen und zu verordenen, damit man zu be-
rurtem zweck kommen und denselben fruchtbar-
licher als bisher geschehen, erlangen mög. Als ha-
ben wir vor den besten, bequembsten und nütz-
lichsten weg angesehen, setzen darauf, ordenen und
wöllen, daß hinfüro ein gewisse zal, so viel müg-
lich, als nemblich under sechzig stipendiaten nicht
aus unserem fürstentumben und zugehörigen graf-
und herrschaften von allen obgemelten verschrie-
benen stipendien zum studio underhalten und auf-
erzogen und under denselben sechzig stipendiaten
ein solcher underscheid gehalten werden soll, nemb-
lich daß derselben fünfzig minores und zehen maio-
res genent, alle der geschicklicheit seien, wie her-
nach gemeldet wird.
Den minoribus söllen järlich einem jeden zwenzig
gülden und den maioribus einem jeden vierzig gül-
den regulariter durch die verordente einnehmer
und weniger nicht gegeben werden.
Und weil man auch zu gemeinem nutzen juristen
und medices haben muß, und aber diese beide stu-
dia juris und medicinae in frembten nationen als in
Frankreich und Italien am besten sein, da sich dann
vortreffliche und zu diesen facultaten dienliche
ingenia ereugen würden, söllen von obbemelten sti-

13 Vgl. die Stipendiatenordnung 1542, Abschn. 7

pendien derselben zum wenigsten zwen, ein jurist
und ein medicus, underhalten und einem jedem,
sofern sie in frembte nationen zum studio über-
schickt wurden, des jars hundert gülden gegen ge-
bürliche obligation, daß sie dem vatterland bevor
andern dienen wolten, gegeben werden, und soll die-
ser beider praesentation und confirmation, auch
wie lang sie dies stipendium haben sollen, bei uns
allein stehen.
Da nun von vielgedachten stipendien über alle
diese ausgaben, so uf die obgemelte sechzig minores
und maiores und die zwen, den juristen und medi-
cum, gewendet, noch etwas weiters und merers
überig sein würde, von demselben soll obgedachten
minoribus und maioribus einem jeden, nachdem er
fleißig sein, sich zum studieren wol anlegen, und
da er etwo einen gradum, es sei baccalaureatus oder
magisterii an sich nemen würde, nach gelegenheit
etwas über obgemelte ihre geordente stipendia und
sonderlich den maioribus, wann sie von hinnen auf
andere universitet verschickt würden, einem jeden
bei zehen gülden järlich weiter zugelegt werden,
damit also derselben maiorum einer, wann sie über-
schickt würden, fünfzig gülden eines jeden jars zum
stipendio haben und sich darvon desto besser un-
derhalten mög.
[3] Durch wen und für welchen die mino-
res praesentirt, auch wie sie zuforders-
examinirt werden und was geschicklicth
keit sie sein söllen.
Die praesentation der jüngsten stipendiaten, so
wir hieroben minores genent haben, soll durch pfar-
hern, burgermeister, schulmeister und seniores einer
jeden statt oder flecken, daher obgemelte stipendia
järlichen gfallen, beschen, dergestalt, daß sie on
alle affection, gunst, freundschaft, oder sipschaft
allweg die fürtrefflichsten, geschicksten, frömbsten
und fleißigsten schüler zu stipendiaten auswehlen,
und die zuvor nottürftiglich examiniren, ob sie
auch ihre fundamenta in grammatica zimblichen
gefaßt haben, daß sie latine verstehen reden oder
zum wenigsten congrue oder grammatice schreiben
können.
(S. 145f.).

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