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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0203
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Kirchenordnung 1566

Kirchen Ordnung,
so in unserm Philips von Gotts genaden Landgrave zu Hessen, Grave zu Catzenel-
lenpogen, Dietz, Ziegenhain und Nidda, fürstentumb soll gehalten werden
Christliche kirchenordenung in vier teil gestellet, wie folget:

Es hat der ewige und allmechtige Gott durch
seine grundlose kraft, weisheit und gütigkeit him-
mel und erden und alles, was darinnen ist, erschaf-
fen (Genesis 1,1), daß er ihm auf erden ein kirche
aus dem menschlichen geschlecht versamlete, von
welcher er, als ein einiger warer Gott undgenediger,
barmherziger Herr, allezeit geehret, angeruffen
und gepreiset würde. Daher sagt Gott selber bei
dem Jesaia (Esaie 43, 7) also: Alle, die mit mei-
nem namen genennet werden, die habe ich geschaf-
fen zu meiner herligkeit. Und abermal an demsel-
bigen ort [Jes 43, 21]: Dieses volk hab ich mir zu-
gericht, es soll meinen ruhm erzelen. Moses, der
treuwe diener der kirchen Gottes, spricht (Deut.
10, 12): Nun, Israel, was fordert der Herr, dein
Gott, von dir, dann daß du den Herren, deinen
Gott, fürchtest, daß du in allen seinen wegen wand-
lest und liebest ihn und dienest dem Herren, dei-
nem Gott, von deinem ganzen herzen und deiner
ganzen seelen ? Aber ganz klärlich sagt der apostel
zu denen Ephesiern (Ephes. 1,4-6): Er hat uns
durch denselbigen erwelet, ehe der welt grund ge-
legt ward, daß wir heilig und unsträflich für ihm
sein solten in der liebe und hat uns verordenet zur
kindschaft gegen ihm selbst durch jesum Christum
nach dem wolgefallen seines willens, zu lob seiner
herlichen genade. Und diese seine kirche, welche
also von anbegin einmal recht auf erden angerichtet
ist, regieret und verwaltet Gott durch seinen Sohn
und den heiligen Geist zu allen zeiten ganz weis-
lich. Entlich macht er sie vollkommen und selig
und krönet sie in den himelen (Hebreor. 12, 22f.),
da er auch zugleich von der schar beide, derer seli-
gen menschen und auch derer engeln, ohn under-
laß soll gelobt und gepreiset werden. Christus,
Matt. am 28. [20], spricht, er wölle bei seiner kir-
chen bleiben bis ans ende der welt. Und Joan. am
14. [16f.] verheißet er, seiner gemeine den Geist,
den tröster und lehrer der warheit zu geben, wel-
cher ewiglich bei ihr bleiben sölle. Jesaiae am 65.

sagt Gott [17-19]: Sihe, ich will neuwe himmel und
neuwe erden schaffen, daß man der vorigen nicht
mehr gedenken wird, noch zu herzen nemen, son-
dern sie werden sich ewiglich freuwen und frölich
sein über dem, das ich schaffe. Dann sihe, ich will
Jerusalem schaffen zur wonne und ihre völker zur
freude, und ich will frölich sein über Jerusalem und
mich freuwen über mein volk. Es soll nicht mehr
darin gehört werden die stimm des weinens, noch
die stimm des klagens etc. Darauf gehen auch viel
wort im buch der Offenbarung Joannis am 21. cap.
[Iff.]. Der apostel Paulus an die Epheser im ersten
capitel [13-14] beweist, daß die gleubigen hie mit
dem heiligen Geist der verheißung versiegelt wer-
den, welcher das pfand sei unsers künftigen him-
lischen erbs zur erlösung, daß wir sein eigentumb
würden zu lob seiner herligkeit. Im anderen capitel
setzet er hinzu [2, 5-7], die gleubigen seien von
Gott lebendig gemacht und zugleich mit Christo
auferweckt, daß er sie auch ins himlische wesen ver-
setzet in Christo Jesu, auf daß er erzeige in denen
künftigen zeiten den überschwenklichen reichtumb
seiner genade etc. Wiewol aber Gott diese kirche,
so auf erden ist, zu keiner zeit verleßt, jedoch
braucht er auch hierzu den dienst derer menschen,
welchen er dann zuvor die ämpter, so darzugehören,
daß die kirche ganz und ewiglich erhalten werde,
fürgeschriben hat und zieret sie demnach mit man-
cherlei gaben des heiligen Geistes, daß sie ihr ampt
mit allem fleiß verrichten. Von solchen ämptern
aber miteinander will vonnöten sein, daß man jetz-
und ördentlich in dieser vorgenommenen kirchen-
ordenung handle.
Und damit man alles desto besser und leicht-
licher verstehe, wöllen wir sie in vier stück teilen.
(1) In dem ersten wöllen wir von denen dienern,
so Gott in seiner gemeine braucht, sagen und da-
selbst auch, was für ämpter in die kirche gehören,
anzeigen; dann, soll ein gute und nützliche orde-
nung unter denen menschen aufgericht und be-

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