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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0206
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Kirchenordnung 1566

(a. R.: Wie der superintendens zu erwehlen31)
Dieweil wir aber keine gewisse form von der er-
wehlung eines superintendenten in der heiligen
schrift klar ausgedruckt haben, darnach man sich
richten möchte, welche auch an allen ortern und
zu allen zeiten könte gebraucht werden, so volgen
wir hie, also viel uns möglich ist, dem exempel der
alten und reinen kirchen und sehen allein darauf,
daß alles in der kirchen ordentlich bei uns ge-
schehe32. Darumb, wenn ein superintendens an
einem ort zu erwehlen, wird ein synodus angesetzt,
zu welchem auch etzliche andere superintendentes,
in der nähe gesessen, beruffen werden, damit alles,
so in dem synodo zu handeln ist, durch diese ver-
sehen und ausgerichtet werde und daß sie auch
mitbewilligen in die erwehlung des neuen super-
intendenten, wie solchs aus Cypriano lib. 1 epistola
333 und 434 und historia tripartita lib. 7 cap. 835;
Theodoreto lib. 4 cap.36 abzunemen ist.
Es zeigt weiter der heilige Hieronymus klar an
in der epistel ad Euagrium37, daß durch die stim
und erwehlung der eltesten alles verhandlet sei, bei
welchen vor zeiten dieser brauch gewesen, daß sie
einen aus ihrer versamlung genent haben. Darzu
lieset man bei dem Cypriano epistola 338, daß auch
das gemeine volk in der erwehlung des superinten-
denten eine stim gehabt, oder (wie er dies in der
vierten epistel39 auslegt) ist die erwehlung ge-
schehen in gegenwertigkeit der ganzen gemeine.
Derhalben, wan ein superintendens zu erwehlen,
volgen wir, so viel es sein kan, dem löblichen ge-
brauch der alten kirchen, welche der aposteln zeit
nahe ist, dan so oft ein superintendens durch den
tod abgehet oder sonst anderer ursachen halber

31 Die derzeitigen Superintendenten vgl. S. 179 Anm. 5.
32 Vgl. dazu auch die beiden Kirchendienerordnungen
von 1531 (Text Nr. 4) und 1537 (Text Nr. 8).
33 Cyprian, ep. ad Antonianum, MPL 3, 770 f (ep. 52);
CSEL 3, II, 629 (ep. 55). Zur Tradition: Gratian,
C. 7 qu. 1 can. 5, Friedherg 568; Calvin, Institu-
tio IV, 4, 10, ed. Niesel 5, 67f.
34 Cyprian, ep. 67, 5; CSEL 3, II, 739. Zur Tradition:
Straßburg, Bericht aus der heiligen geschrift 1534,
Bl. f 2v; Calvin, Institutio IV, 4, 14; Niesel 5,
71f.; und IV, 3, 15, a. a. O. 56; Bullinger, Hausbuch
1558, Bl. 367 r.
35 Cassiodor, Hist. trip. 7, 8; MPL 69, 1073f.; CSEL
71,395. Zur Tradition: Gratian, Dist. 63 can. 3;

seines ampts erlassen, wird auf nachvolgende weise
ein anderer an sein statt erwehlet.
(1) Die diener der kirchen, bei welcher der vorige
superintendens gewonet, sollen also bald unserm
g. f. und herrn zu wissen tun, daß der superinten-
dens abgangen sei.
(2) Darauf bevehlet der fürst den zweien super-
intendenten, so derselbigen kirchen, in welcher ein
neuer superintendens zu erwehlen, am nechsten ge-
sessen, daß sie einen synodum am selbigen ort aufs
furderlichste ernennen und ausschreiben.
(3) Es sollen darnach dieselbigen superintenden-
ten an alle pfarherrn in stedten desselbigen zirks
schreiben und ihnen erstlich vermelden die zeit und
den ort, wo und wenn der synodus sol gehalten
werden, einen neuen superintendenten zu erweh-
len. Zum andern sollen sie ihnen zu wissen tun, daß
sie alle pfarherrn desselbigen zirks fleißig vermanen,
daß sie in allen predigen bis auf den tag des ernen-
ten synodi ihre gemeine zum gebet ernstlich an-
zuhalten, daß Gott seine kirche wölle gnediglich
erhalten und regieren (Acto. 13, 3) und widerumb
mit einem gottfürchtigen und geschickten super-
intendenten versorgen und begnadigen. Zum drit-
ten sie erinnern, daß sie mitlerzeit ihnen der kir-
chen lieil und wolfart lassen befoln sein und auch
trachten, daß sie auf dem künftigen synodo einen
verstendigen und gottfürchtigen man aus demsel-
bigen zirk anzeigen können, welcher nach der lehr
des apostels 3. Timoth. 3 [= l.Tim 3, 1 ff.] zu
regierung der kirchen tüchtig sei.
So man aber keinen zu solchem ampt geschickt
in demselbigen zirk haben kan, sol man ohn alle
hindernus aus einem andern zirk dieses fürsten-
Friedberg 235f.
36 Theodoret, Hist. eccl. 4, 7; MPL 82, 1132: GCS
19, 218f.
37 Hieronymus, ep. 146, 1; MPL 22, 1192; CSEL 56,
310. Zur Tradition: Gratian, Dist. 93 can. 24, Fried-
herg 327f.; Calvin, Institutio IV, 4, 2 ed. Niesel
5, 59; vgl. auch oben Anm. 25.
38 Cyprian, ep. ad Antonianum; MPL 3, 771 (ep. 52);
CSEL 3, II, 629 (ep. 55). Zur Tradition: Gratian,
C. 7 qu. 1 can. 5, Friedberg 568.
39 Cyprian, ep. 67, 4; CSEL 3, II, 738. Zur Tradition:
Straßburg, Bericht aus der heiligen geschrift 1534,
Bl. f 2v; Calvin, Institutio IV, 4, 14, ed. Niesel
5, 72; und IV, 3, 15, Niesel 5, 56.

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