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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0227
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Kirchenordnung 1566

hausgesind in aller erbarkeit und gottseligkeit auf-
erziehen und weislich regiren, damit nit ihr oder
die euern imand ergernüs geben, daraus den etliche
leichtlich ursach nemen, euch ubel nachzureden
und euer ampt zu tadeln.
(3) Es will auch hoch vonnöten sein8, daß ihr
ganz vorsichtiglich handlet, nicht allein in ein-
nemung der teglichen almosen und andern renten
und zinsen der kirchen und dasselbig alles in ein
register ordentlich zu bringen, sondern auch daß
ihr wisset, wo, wen und wie es sich gebüren will,
dieselbige den armen auszuteilen. Desgleichen sollet
ihr auch vor allen dingen fleiß anwenden, daß ihr
in euerm ampt also handlet, daß ihr allenthalben
wie treu diacon erfunden werdet (1. Cor. 4, 2), wel-
che tugent von allen, so mit frembden gütern umb-
gehen, vornemlich erfordert wird,damit jedermann
erkennen mög, daß ihr euch freuntlich und gut-
willig im austeilen erzeiget (Rom. 12, 8) und den
dienern der kirchen ihren verdienten lon mit gutem
willen reichet.
Desgleichen den armen und allen insgemein, wel-
che die kirche nach dem vermögen ihrer güter und
nach eines iglichen noturft erhalten soll, zu rechter
zeit gleichmeßig hülf und steuer tut, auf daß sie
nicht mangel leiden. Ihr solt auch die kirch in gu-
tem bau halten9 und wol mit zusehen, daß die beu,
so der kirchen zustehen, keinen schaden nemen, und
entlich darauf fleißig sehen, daß die kirch nit zu
sehr beschweret und diejenigen, so die kirch zu er-
halten schuldig, nit verseumet werden.
Damit solchs alles, wie itzt vorgehalten, fleißig
und treulich von euch verhandlet werde, sollet ihr
euch nit beschweren, so etwas in euerm ampt wird
vorfallen, daran ihr zweifel und mangel habt, solchs
an den pfarherr und eltesten der kirchen oder auch,
so es der kirchen noturft erfordert, an den super-
intendenten gelangen zu lassen und die sach vor
sie bringen, ihre meinung und rat hören und dem-
selbigen volgen. Sollet auch allezeit eingedenk sein,
8 An die Stelle der alten Kastenmeister (vgl. Kasten-
ordnung 1533 Abschn. 4, S. 80) treten immer stär-
ker die Diakone.
9 Vgl. Kastenordnung 1530 Abschn. 12, S. 69; Ka-
stenordnung 1533 Abschn. 4, S. 80.
10 Die Einrichtung der Opfermänner stammt noch aus
dem Mittelalter; vgl. daher schon 1526: Quellen

daß ihr nit allein menschen, sondern auch Gottes
diener seit, und derwegen nit allein den menschen,
sondern auch Gott dem Herrn, der sich nit triegen
lesset, von euerm ampt rechenschaft geben müsset.
Dies seint der diacon in der gemein Gottes vor-
nemste empter, welche in der heiligen schrift an-
gezeigt sein. Darumb beger ich nun von euch vor
dem angesicht Gottes und seiner h. engeln, daß ihr
wollet angeloben und zusagen, solchs alles treulich
zu halten.
Von den dienern der kirchen, welche
man nennet opfermenner10
Ahn die superintendenten, pfarherr, eltesten und
diacon haben auch unser kirchen etlich andere die-
ner, welche, dieweil sie die schlüssel zur kirchen,
darin die christliche gemein zusammenkompt, ha-
ben und verwaren, auf- und zuschließen, beinahe
denjenigen gleich sein, welche man im alten testa-
ment janitores genennet11 und heut, wiegebreuch-
lich, aeditui und custodes12 heißen.
Es sollen auch dieselbige gleich wie andere die-
ner der kirchen eines erbaren und gottseligen wan-
dels sein, kein volseufer, nit unehrlich hantierung
treiben.
Es sollen aber gemelte opfermenner durch die
pfarherr und eltesten darzu mit wissen und willen
eines superintendenten angenommen werden.
Wie man die diener der kirchen vom
ampt absetzen soll
Es befehlet der apostel Paulus (Coloss.4,17),daß
die brüder Archippum, einen diener der kirchen bei
den Colossern, zum fleiß vermanen sollen. In dersel-
bigen epistel und auch an Philemonem wird Demas
von dem apostel vor einen treuen gehulfen im pre-
digampt gelobt [Kol 4,14; Phm 24], Aber 2. Tim. 4
[10] klagt er uber ihn, daß er das ministerium und
II, 23.
11 Vgl. Vulgata 2. Kön 22, 4; 25, 18.
13 Nach kath. Kirchenrecht sind unter custodes Prä-
laten und Stellvertreter des Bischofs zu verstehen
(Gi. L. Büff, Kirchenrecht 487 Anm. 1); hier sind
jedoch „Küster“ gemeint.

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