Abschied 1568
Und damit solche publication desto ansehnlicher,
auch so viel vleißiger von den beampten uber der
ordnung gehalten werde, so wer nutzlich und gut,
daß ein jeder unserer gnedigen fursten und herrn in
seinem ort landes ein ansehnliche person dem super-
intendenten zugebe und solche publication mittun,
auch den beampten eines jeden orts mit ernst und
treuem vleiß uber der ordnung zu halten bevelen ließe.
[2] Soviel den letzten teil der kirchenordnung6 an-
langt, dessen wird sich Magister Meier7, pfarher zu
Cassel, underwinden und die mit rat und zutun der
superintendenten ufs papier bringen8; und soll als-
dan dies teil, wan es gefertiget, hochermelten unsern
gnedigen fursten und herrn zu besichtigen und zu
weiterer deliberation vorbracht werden. Und ist
hierbei sonderlich erinnert9, daß in solchem teil ein
gewisse ordnung gemacht, in welchen gradibus con-
sanguinitatis et affinitatis die ehe zulessig sein solle
oder nicht10, doch mit der bescheidenheit, daß die
gewissen über Gottes gebot nicht gezwungen, son-
dern die in Moise [Lev 18,6-18; 20,11-21] austrug-
6 Der vierte Teil der KO war 1566 nicht mit den drei
ersten Teilen zusammen erschienen, sollte ihr jedoch
später noch eingefügt werden, vgl. S. 27. 187f. Er ist
jedoch nie als vierter Teil der KO von 1566 gedruckt
worden, da die Ordnung selhst zugunsten der aus ihr
extrahierten Agende in den Hintergrund trat. Eine
Anzahl der für den vierten Teil geplanten Abschnitte
sind in die Reformationsordnung von 1572, bzw. in
die Agende von 1574 eingegangen.
7 Magister Bartholomaeus Meier, geb. 1528 Alsfeld,
1549 prof. artium et philos. Marburg, 1553 Prof. der
Physik, 1554 Prof. der Theologie und Deutschhaus-
pfr. Marburg, 1559 bis 1600 Pfr. Kassel-Freiheit und
Dekan des Stifts St. Martin, 1570 Superintendent
der Diözese Kassel, † 1600 Kassel; vgl. Hütteroth,
Die althessischen Pfarrer 219f.; Gundlach, Cata-
logus Nr. 552.
8 Zur Beteiligung der Superintendenten an demWerk
einer Kirchenordnung vgl. etwa den Bericht des
Pistorius und Tholdes zur KO, 1569 (StA Marburg,
22 a 1 Pak. 4); den Bericht der Superintendenten an
den Landgrafen vom 16. Juli 1571, den Katechismus
Meiers betreffend (StA Marburg, 22 a 1 Pak. 13).
9 Der folgende Teil dieses Abschnittes ist fast wörtlich
der Instruktion Wilhelms entnommen (vgl. Anm. 3.
4); in die Instruktion sind einige Zusätze von ande-
rer Hand eingefügt, die auch in den Abschied über-
gegangen sind. Die Bestimmungen der Instruktion
und des Abschieds hinsichtlich der zulässigen Ver-
wandtschaftsgrade sind in der Folgezeit öfter ange-
zogen worden, vgl. etwa die Instruktion Ludwigs
zur Synode 1569, S. 352 Anm. 13.
liche verbottene gradus verbotten pleiben und in den
ubrigen und weitern gradibus ihren furstlichen gna-
den die dispensation aus erheblichen ursachen vor-
behalten werde11. Doch solte gleichwohl die ehe ins-
gemein bis ins dritte glied linea aequalis inclusive12
niemands ohne vorberurte dispensation und sondere
erhebliche ursach verstattet werden.
[3] Es ist auch von unserer gnedigen fursten und
herrn wegen den superintendenten angezeigt und
bevohlen13, daß ein jeder die inspection in seinem
zugeordenten bezirk hinfuro, wie bis anhero ge-
scheen, behalten und zum treulichsten versehen soll,
bis auf ihrer f. g. abschaffen und anderwert ver-
gleichung.
Also auch ist den superintendenten bericht ge-
scheen14 von der vergleichung, so ihre furstliche
gnaden der pfarren und derselben inspection halber
mit den Graven von Dietz troffen15 und ihnen be-
vohlen, daß sich ein jeder superintendens in der
graven empter, da es ihnen geburt, der visitation
und inspection, und was dem allem anhangt, auch
10 Die Forderung nacb der Eheordnung für das hessi-
sche Territorium war, da die bisherigen Ordnungen
nicht ausreichten (vgl. Quellen III, 823), schon
früher erhoben worden; vgl. den Bericht des Joh.
Fontius 1537, Quellen II, 360 S. 284; den Synodal-
abschied vom 31. Mai 1556, Quellen III, 802 S.
239; den Bericht des Statthalters und der Räte zu
Kassel an den Landgrafen 30. Okt. 1556, Quellen
III, 809; die landgrfl. Verfügung über die Entschei-
dung von Ehesachen Dez. 1557, Quellen III, 823;
und die landgrfl. Resolution 24. Juni 1565, Quellen
III, 937.
11 Die Ehegerichtsbarkeit lag seit dem Vertrage von
Hitzkirchen (vgl. S. 8) bei dem Landgrafen und wur-
de von der Kanzlei bzw. dem Hofgericht in Marburg
ausgeübt.
12 Vgl. jedoch die landgrfl. Resolution 24. Juni 1565,
Quellen III, 937. Das Verbot der Eheschließung im
dritten Grad lin. aequ. geht auch in die Reforma-
tionsordnung von 1572 ein, vgl. S. 406.
13 Der Abschn. 3 ist durch die Instruktion Wilhelms
(vgl. Anm. 3) vorgegeben.
14 Vgl. die Instruktion Wilhelms, die diesen Bericht
enthält.
15 Der Vergleich ist am 31. Mai 1568 zwischen den
Landgrafen und ihren Halbbrüdern aus der Neben-
ehe Philipps in Treysa geschlossen worden. Den
Grafen war darin das Präsentationsrecht über die
Pfarreien ihres Gebietes zugestanden worden, jedoch
sollten die Pfarreien hinsichtlich der Visitation und
Inspektion der landgrfl. Jurisdiktion unterliegen,
vgl. Heppe, Generalsynoden I, 27.
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Und damit solche publication desto ansehnlicher,
auch so viel vleißiger von den beampten uber der
ordnung gehalten werde, so wer nutzlich und gut,
daß ein jeder unserer gnedigen fursten und herrn in
seinem ort landes ein ansehnliche person dem super-
intendenten zugebe und solche publication mittun,
auch den beampten eines jeden orts mit ernst und
treuem vleiß uber der ordnung zu halten bevelen ließe.
[2] Soviel den letzten teil der kirchenordnung6 an-
langt, dessen wird sich Magister Meier7, pfarher zu
Cassel, underwinden und die mit rat und zutun der
superintendenten ufs papier bringen8; und soll als-
dan dies teil, wan es gefertiget, hochermelten unsern
gnedigen fursten und herrn zu besichtigen und zu
weiterer deliberation vorbracht werden. Und ist
hierbei sonderlich erinnert9, daß in solchem teil ein
gewisse ordnung gemacht, in welchen gradibus con-
sanguinitatis et affinitatis die ehe zulessig sein solle
oder nicht10, doch mit der bescheidenheit, daß die
gewissen über Gottes gebot nicht gezwungen, son-
dern die in Moise [Lev 18,6-18; 20,11-21] austrug-
6 Der vierte Teil der KO war 1566 nicht mit den drei
ersten Teilen zusammen erschienen, sollte ihr jedoch
später noch eingefügt werden, vgl. S. 27. 187f. Er ist
jedoch nie als vierter Teil der KO von 1566 gedruckt
worden, da die Ordnung selhst zugunsten der aus ihr
extrahierten Agende in den Hintergrund trat. Eine
Anzahl der für den vierten Teil geplanten Abschnitte
sind in die Reformationsordnung von 1572, bzw. in
die Agende von 1574 eingegangen.
7 Magister Bartholomaeus Meier, geb. 1528 Alsfeld,
1549 prof. artium et philos. Marburg, 1553 Prof. der
Physik, 1554 Prof. der Theologie und Deutschhaus-
pfr. Marburg, 1559 bis 1600 Pfr. Kassel-Freiheit und
Dekan des Stifts St. Martin, 1570 Superintendent
der Diözese Kassel, † 1600 Kassel; vgl. Hütteroth,
Die althessischen Pfarrer 219f.; Gundlach, Cata-
logus Nr. 552.
8 Zur Beteiligung der Superintendenten an demWerk
einer Kirchenordnung vgl. etwa den Bericht des
Pistorius und Tholdes zur KO, 1569 (StA Marburg,
22 a 1 Pak. 4); den Bericht der Superintendenten an
den Landgrafen vom 16. Juli 1571, den Katechismus
Meiers betreffend (StA Marburg, 22 a 1 Pak. 13).
9 Der folgende Teil dieses Abschnittes ist fast wörtlich
der Instruktion Wilhelms entnommen (vgl. Anm. 3.
4); in die Instruktion sind einige Zusätze von ande-
rer Hand eingefügt, die auch in den Abschied über-
gegangen sind. Die Bestimmungen der Instruktion
und des Abschieds hinsichtlich der zulässigen Ver-
wandtschaftsgrade sind in der Folgezeit öfter ange-
zogen worden, vgl. etwa die Instruktion Ludwigs
zur Synode 1569, S. 352 Anm. 13.
liche verbottene gradus verbotten pleiben und in den
ubrigen und weitern gradibus ihren furstlichen gna-
den die dispensation aus erheblichen ursachen vor-
behalten werde11. Doch solte gleichwohl die ehe ins-
gemein bis ins dritte glied linea aequalis inclusive12
niemands ohne vorberurte dispensation und sondere
erhebliche ursach verstattet werden.
[3] Es ist auch von unserer gnedigen fursten und
herrn wegen den superintendenten angezeigt und
bevohlen13, daß ein jeder die inspection in seinem
zugeordenten bezirk hinfuro, wie bis anhero ge-
scheen, behalten und zum treulichsten versehen soll,
bis auf ihrer f. g. abschaffen und anderwert ver-
gleichung.
Also auch ist den superintendenten bericht ge-
scheen14 von der vergleichung, so ihre furstliche
gnaden der pfarren und derselben inspection halber
mit den Graven von Dietz troffen15 und ihnen be-
vohlen, daß sich ein jeder superintendens in der
graven empter, da es ihnen geburt, der visitation
und inspection, und was dem allem anhangt, auch
10 Die Forderung nacb der Eheordnung für das hessi-
sche Territorium war, da die bisherigen Ordnungen
nicht ausreichten (vgl. Quellen III, 823), schon
früher erhoben worden; vgl. den Bericht des Joh.
Fontius 1537, Quellen II, 360 S. 284; den Synodal-
abschied vom 31. Mai 1556, Quellen III, 802 S.
239; den Bericht des Statthalters und der Räte zu
Kassel an den Landgrafen 30. Okt. 1556, Quellen
III, 809; die landgrfl. Verfügung über die Entschei-
dung von Ehesachen Dez. 1557, Quellen III, 823;
und die landgrfl. Resolution 24. Juni 1565, Quellen
III, 937.
11 Die Ehegerichtsbarkeit lag seit dem Vertrage von
Hitzkirchen (vgl. S. 8) bei dem Landgrafen und wur-
de von der Kanzlei bzw. dem Hofgericht in Marburg
ausgeübt.
12 Vgl. jedoch die landgrfl. Resolution 24. Juni 1565,
Quellen III, 937. Das Verbot der Eheschließung im
dritten Grad lin. aequ. geht auch in die Reforma-
tionsordnung von 1572 ein, vgl. S. 406.
13 Der Abschn. 3 ist durch die Instruktion Wilhelms
(vgl. Anm. 3) vorgegeben.
14 Vgl. die Instruktion Wilhelms, die diesen Bericht
enthält.
15 Der Vergleich ist am 31. Mai 1568 zwischen den
Landgrafen und ihren Halbbrüdern aus der Neben-
ehe Philipps in Treysa geschlossen worden. Den
Grafen war darin das Präsentationsrecht über die
Pfarreien ihres Gebietes zugestanden worden, jedoch
sollten die Pfarreien hinsichtlich der Visitation und
Inspektion der landgrfl. Jurisdiktion unterliegen,
vgl. Heppe, Generalsynoden I, 27.
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