Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (8. Band = Hessen, 1. Hälfte): Die gemeinsamen Ordnungen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1965

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.30457#0372
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0, 5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abschied, 1571

notturftig underrichtet und darvon gepracht und
ahgewisen werden mogen, wollen sie die superinten-
denten ein ider in seinem bezirk an ihrem mensch-
lichen und moglichen vleiß mit vermanen, lehren
und underrichten abermals gar nichts erwinden las-
sen.
Da aber solchs ihr underweisen, lehren und ver-
manen bei denselben verruckten leuten nit helfen
oder haften wolte, seind sie der undertenigen genz-
lichen hoffnung, hochgedachte unsere g.f. und herren
werden alsdan von obrigkeit wegen jegen die-
selbige verruckte personen, sonderlich die zauberer,
christallenseher und weissager mit gepurlichem
ernst, laut der in anno etc. 43 ausgangener ordnung12
oder sonst nachgestelten sachen und der verwur-
kung durch ihrer f. g. beampten ides orts zu ver-
fahren, auch darneben denselben gepurlichen not-
wendigen bevelch zuzufertigen wissen.
[4] Dieweil auch vor das viert hochermelte unsere
gnedigen fursten und herren, Herr Wilhelmen und
Herr Ludwigen, Landgraven zu Hessen, glaub-
haftig angelangt13, welcher maßen je bisweilen in
dieser ihrer f.g. universitet Marpurgk unnottige ge-
zenk und disputationes von religionssachen erregt,
darunter sonderlichen die Augspurgische Confession
etzwas schimpfhch und verkleinerlich angezogen
werden solte, so haben furstliche rete und die herrn
superintendenten rectorem, decanum und professo-
res und vornemblich den ephorum M. Henricum
Orthium und M. Justum Vulteium, paedagogiarchen,
vor sich erfordert14, denselben mit allem ernst den
inhalt furstlicher instruction bei diesen puncten der
lenge nach und mit vleiß vorgehalten, auch sie aller-
seits daruf treulichen ihrer aid und pflicht, die sie in
der huldigung getan, beschaidenlich erinnert und
dahin mit ernst vermanet, sich hinfurter solcher
onnotigen gezenk und disputationen, sonderlichen

12 Vgl. Text Nr. 13, S. 153.
13 Vgl. die gemeinsame Instruktion der beiden Land-
grafen; ihr folgt der erste Abschnitt dieses Verhand-
lungspunktes fast wörtlich.
14 Justus Vultejus, Magister, geb. 1529 Wetter; 1542
Studium Marburg, Straßburg (bei Bucer und Joh.
Sturm), Leipzig, Wittenberg, Erfurt, Zürich, Basel,
1548 Beisen in die Niederlande, Paris, Lausanne,
Genf; deshalb dem Superintendenten Adam Krafft
verdächtig, 1550 Bektor und 3. Pfr. Wetter, brachte

aber aller verechtlicher nachrede von ermelter Augs-
purgischer Confession und derselben Apologi15 bei
ihrer f. g. schweren ungnad zu enthalten, auch von
dem articul de coena domini weder publice noch pri-
vatim kein gezenk zu machen, sonder sich dessen
genzlichen zu eußern, auch daruf zu sehen und zu
verschaffen, daß ein solches gleicher gestalt bei de-
nen studiosis hinderpleibe, alles bei sonderen poenen,
so daruf zu setzen und vom rectore unnachleßli-
chen einzupringen were.
Ferners seind die professores samptlich und ein
ider insonderheit ihres officii zum vleißigsten er-
innert, auch, sowohl der lehr und lesens als auch der
exercitien und disciplin halber, gepurliche nachfor-
schung und erkundigung beschehen, sonderlichen
aber, ob auch denen ordnungen und reformation, so
weiland hochgedachter unser g. f. und Herr, Land-
grave Philips zu Hessen der elter hochloblicher ge-
dechtnus der universitet und stipendien halber mit
vortrefflichem zeitigem rat und sonderm furstlichem
bedenken ufrichten lassen16, in allen und iden punc-
ten gelebt und nachgesetzt werde. Im fah auch der-
halben fehl oder mangel verstunden, daß sie das-
selbig ohne alle scheu und einige affection anmelden
und darunter nichts verschweigen noch bergen wol-
ten, damit demselbigen in der zeit begegnet und die
furfallende geprechen laut der ordnung richtig ge-
macht und reformirt werden mochten.
Daruf haben die herren professores hinwiderumb
vortragen lassen, daß sie ganz undertenig und gern
vernehmen, daß hochgedachte unsere g.f. und her-
ren sich also gnedig und vetterlich dieser ihrer f. g.
universitet annemen, teten sich dessen jegen ihre
f. g. zum undertenigsten bedanken, wußten sich aber
vor ihre person mit nichten zu erinnern, daß die
Augspurgische Confession durch sie solte schimpf-
lich und verkleinerlich angezogen oder verachtet
seine Schule zu hoher Blüte (Academiola Wetterana),
1560 Pädagogiarch Marburg, ab 1572 auch Prof. der
Hebr. Sprache, erklärte sich für die Abendmahls-
lehre Zwinglis und Calvins, † 1577; vgl. Hütte-
roth, Die althessischen Pfarrer 381f.; Gundlach,
Catalogus S. 9 Nr. 14; Heppe, Generalsynoden I,
68 f.; vgl. auch den Abschied 1572, Abschn. 2.
15 Die Aufzählung der Apologie fehlt in der landgräf-
lichen Instruktion, vgl. auch S. 354.
16 Vgl. S. 16.

356
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften