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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0048
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Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618

2. Einführung der Reformation und die Kirchenordnungen Philipps I. 1526-1567
Nach dem Speyerer Reichstag 1526 wandte sich Philipp I.5 (1504-1567) offen der reformatorischen Bewe-
gung zu. In Anlehnung an Sachsen identifizierte er sich mit den Zielen der lutherischen Reform und ver-
folgte die Umgestaltung des landesherrlichen Kirchenwesens. Ein erster Schritt war die für Oktober 1526
einberufene Synode in Homberg. Deren Ergebnisse wurden in der „Reformatio Ecclesiarum Hassiae“
zusammengefasst, dem programmatischen Entwurf einer Kirchenverfassung, in der schweizerische, ober-
deutsche und Wittenberger Einflüsse zusammenkamen.6
1527 ging Philipp rigide an die Auflösung der Klöster, deren Güter er einzog, um daraus Spitäler und
Schulen zu finanzieren.7 Im gleichen Jahr gründete er die Universität Marburg,8 die erste deutsche evan-
gelische Hochschule, für die er 1529 eine Stipendiatenordnung9 erließ.
Die 1530er Jahre waren geprägt von reformationspolitischer Bündnispolitik: Im Schmalkaldischen
Bund war Philipp zusammen mit Kurfürst Johann von Sachsen einer der beiden Bundeshauptleute und
damit Vorreiter der Reformation. 1534 unterstützte er Herzog Ulrich von Württemberg, sein Territorium
zurückzuerlangen und die Reformation einzuführen. Württemberg wurde damit zum strategischen Bünd-
nispartner des Landgrafen. Der Charakter der hessischen Landeskirche war wittenbergisch geprägt, gepaart
mit starken Sympathien für die oberdeutsche Reformation. Bucers Wittenberger Konkordie von 1536 stand
in Hessen gleichbedeutend neben der Confessio Augustana.10
Innenpolitisch konsolidierte Philipp die Reformation, indem er die Impulse der „Reformatio“ von 1526
nach und nach umsetzte. Die Kirchendienerordnungen von 1531 und 1537 legten fest, dass sechs gleichran-
gige Superintendenten in Kassel, Marburg, Rotenburg, Alsfeld/Nidda, Darmstadt und Rheinfels/St. Goar
amtieren sollten.11 Bereits in der Kirchenordnung von 153212 waren erste Ansätze zur Kirchenzucht erkenn-
bar gewesen, die in der Ziegenhainer Zuchtordnung von 1539,13 der Kasseler Kirchenordnung von 153914 -
beide von Martin Bucer verfasst - und schließlich in der Kirchenzuchtordnung von 154315 ausgebaut wur-
den. Hierin war auch die Bildung von Presbyterien angeordnet worden.
Philipp, der an der Spitze seiner Landeskirche stand, verlieh ihr einen starken landesherrlichen Cha-
rakter. Durch den Einfluss verschiedener Theologen der Universität Marburg sowie von außen (Martin

5 Neuere Studien zu Landgraf Philipp I.: Mariotte,
Jean-Yves, Philippe de Hesse (1504-1567), le premier
prince protestant (Bibliothèque d’histoire moderne et
contemporaine 30), Paris 2009; Sommerfeldt, René,
Der großmütige Hesse: Philipp von Hessen (1504-1567).
Historisches Urteil und Erinnerungskultur, Marburg
2007; Schneider-Ludorff, Gury, Der fürstliche
Reformator. Theologische Aspekte im Wirken Philipps
von Hessen von der Homberger Synode bis zum Interim
(AKThG 20), Leipzig 2006; Braun, Reiner (Hg.),
Schwerpunktthema: 500 Jahre Philipp von Hessen
(JHKGV 56), Darmstadt 2006; Auerbach, Inge (Hg.),
Reformation und Landesherrschaft. Vorträge des Kon-
gresses anlässlich des 500. Geburtstages des Landgrafen
Philipp des Großmütigen von Hessen vom 10. bis 13.
November 2004 in Marburg (VHKH 24, 9), Marburg
2005.
6 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 43-65. Vgl. Zel-
ler, Reformation, S. 47; Rudersdorf, Hessen, S. 262.
7 Rudersdorf, Hessen, S. 263f. Die Gelder wurden im
gemeinen Kasten zusammengeführt, für den Philipp I.
zahlreiche Ordnungen erlassen hatte: Kastenordnung
von 1530 (Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 68-70),

Kastenordnung von 1533 (ebd., S. 80f.) und Kastenord-
nung von 1564 (ebd., S. 176f.).
8 Zur Universitätsgründung siehe Hermelink/Kaeh-
ler, Philipps-Universität, S. 1-163.
9 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 66f. Weitere Stipen-
diatenordnungen folgten 1539, 1542 (ebd., S. 143-147),
1546 (ebd., S. 155-160) und 1560 (ebd., S. 165-175).
10 Rudersdorf, Hessen, S. 268.
11 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 71-74, 92-100. Vgl.
Hochhuth, Diöcesan-Synoden, S. 10-12.
12 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 75-79.
13 Abdrucke in Sehling, EKO VIII, S. 101-112 und Bu-
cer, Deutsche Schriften 7, S. 260-278. Vgl. auch das
Faksimile Uckeley, Alfred (Hg.), Die Kirchenordnun-
gen von Ziegenhain und Kassel 1539, Marburg 1939. Zu
dieser Ordnung siehe auch Zeller, Reformation, S. 48.
14 Abdrucke in Sehling, EKO VIII, S. 113-130 und Bu-
cer, Deutsche Schriften 7, S. 279-318. Vgl. auch das
Faksimile, oben, Anm. 13. Zu dieser Ordnung siehe auch
Zeller, Reformation, S. 48; Diehl, Geschichte des
hessischen Gottesdienstes, S. 159.
15 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 148-154.

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