Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618
14. Regierungsordnung 1617
14a. Mandat zur Beibehaltung der Confessio Augustana 28. Juli 1617 (Text S. 150)
14b. Definitoriumsordnung zur Besetzung kirchlicher Stellen 28. Juli 1617 (Text S. 154)
Mit dem Tod des erbenlosen Ludwig IV. im Jahre 1604 war die Hessen-Marburger Linie ausgestorben, so
dass nur noch die beiden Linien Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt übrig waren, unter denen das Mar-
burger Land aufgeteilt wurde. Die beiden Landgrafen Moritz und Ludwig V. waren in Ludwigs IV. Testa-
ment mit je einer Landeshälfte bedacht worden sowie mit der Auflage, dort das Luthertum beizubehalten.
Moritz erhielt die nördliche Hälfte mit Marburg, Ludwig V. die südliche mit Gießen. Im Zuge der terri-
torialen und konfessionellen Auseinandersetzung hatte Moritz auch die hessische Samtuniversität Marburg
mit reformierten Professoren besetzt. Ludwig V. protestierte gegen dieses eigenmächtige Vorgehen, indem
er 1607 eine eigene Hochschule in Gießen gründete.164
Zur Festigung seiner Innenpolitik konzipierte Ludwig V. ebenso wie sein Vater verschiedene Regel-
werke. 1617 plante er eine umfangreiche Regierungsordnung, die aus mehreren Einzelmaßnahmen überwie-
gend säkularer Inhalte bestehen sollte. Bei dem im Staatsarchiv Darmstadt überlieferten Original handelt
es sich um eine Sammlung von Entwürfen und Reinschriften der verschiedenen Ordnungen sowie um meh-
rere Verzeichnisse, welche Einzelregelung die Regierungsordnung letztlich enthalten sollte. Nicht von allen
in diesem Inhaltsverzeichnis zusammengefassten Ordnungen sind auch die Texte überliefert. Für unsere
Edition interessieren vor allem das einführende Mandat Ludwigs V. sowie der erste Punkt zur Religions-
konservierung (Nr. 14a).165
Bereits in der hessischen Kirchendienerordnung von 1537166 und in der Kirchenordnung von 1566167 war
erläutert worden, dass den Superintendenten ein Gremium zur Besetzung kirchlicher Stellen zugeordnet
werden sollte. Während diese der Superintendentur untergeordneten Personen in Niederhessen als Metro-
politane bezeichnet wurden, hießen sie in Oberhessen speciales oder decani. In der Niedergrafschaft Kat-
zenelnbogen wurden sie um 1550 assessores synodi und in der Obergrafschaft schließlich Definitoren
genannt.
Die Gießener Superintendentur war 1604 zu Hessen-Darmstadt gekommen. Zu dieser Zeit gab es hier
noch keine Definitoren, sondern die Examina der Geistlichen wurden zunächst von der theologischen Fakul-
tät der Universität Marburg und nach Gründung der Universität Gießen 1607 von dieser abgenommen.
Diese Praxis stand zwar in Widerspruch zu den Bestimmungen der hessischen Kirchenordnungen, aber erst
1617 errichtete man in Gießen ein Definitorium, das für die Examinierung der künftigen Amtsinhaber
zuständig sein sollte.168 Das Gießener Definitorium gesellte sich zu dem bereits seit 1537 in Darmstadt
bestehenden. 1624 und 1627 kamen weitere in Marburg in St. Goar hinzu.169
gen, 2° Cod. Ms. Jurid. 8, Bd. II, fol. 374r-386 im
Abschnitt „Von absterben der kirchendiener und ihren
hinderlaßenen wittiben und waisen“: daß sie, an welchen
ohrt unserer graffschaft es ihnen beliebt, ihre wohnung
haben mögen und, so lang die wittib in ihrem betrübten wit-
tibenstandt ist, aller frohndiensten und beschwerdten sie zu
verschonen und befreiet, sitzen zu lassen, Abdrucke in
Hanle, Graf Wolfgang, S. 109-130 und Sehling,
EKO X.
164 Rudersdorf, Universitätsgründung; Walbrach,
Ludwig V., S. 178f.; Dienst, Gießen, S. 179-185.
165 Der Abschnitt zur Religionskonservierung ist im Ent-
wurf und in einer Reinschrift überliefert StaatsA Darm-
stadt, E 9 Nr. 130 (Entwurf); StaatsA Darmstadt, E 9
Nr. 132 (Reinschrift). Hierzu ist ein Blatt mit Anmer-
kungen eines Theologen überliefert, der zu den einzelnen
Punkten Verbesserungsvorschläge machte, StaatsA
Darmstadt, E 9 Nr. 131.
166 Sehling, EKO VIII, S. 99.
167 Ebd., S. 190.
168 Zu den synodalen Verhältnissen der Obergrafschaft vor
1617 siehe Diehl, Die alten hessischen Definitorialord-
nungen, S. 57-85. Zur Praxis des Definitoriums nach
1617 ebd., S. 218-229.
169 Zum Darmstädter, Marburger und St. Goarer Definito-
rium siehe Diehl, Kirchenbehörden, S. 132-137, 141-
46
14. Regierungsordnung 1617
14a. Mandat zur Beibehaltung der Confessio Augustana 28. Juli 1617 (Text S. 150)
14b. Definitoriumsordnung zur Besetzung kirchlicher Stellen 28. Juli 1617 (Text S. 154)
Mit dem Tod des erbenlosen Ludwig IV. im Jahre 1604 war die Hessen-Marburger Linie ausgestorben, so
dass nur noch die beiden Linien Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt übrig waren, unter denen das Mar-
burger Land aufgeteilt wurde. Die beiden Landgrafen Moritz und Ludwig V. waren in Ludwigs IV. Testa-
ment mit je einer Landeshälfte bedacht worden sowie mit der Auflage, dort das Luthertum beizubehalten.
Moritz erhielt die nördliche Hälfte mit Marburg, Ludwig V. die südliche mit Gießen. Im Zuge der terri-
torialen und konfessionellen Auseinandersetzung hatte Moritz auch die hessische Samtuniversität Marburg
mit reformierten Professoren besetzt. Ludwig V. protestierte gegen dieses eigenmächtige Vorgehen, indem
er 1607 eine eigene Hochschule in Gießen gründete.164
Zur Festigung seiner Innenpolitik konzipierte Ludwig V. ebenso wie sein Vater verschiedene Regel-
werke. 1617 plante er eine umfangreiche Regierungsordnung, die aus mehreren Einzelmaßnahmen überwie-
gend säkularer Inhalte bestehen sollte. Bei dem im Staatsarchiv Darmstadt überlieferten Original handelt
es sich um eine Sammlung von Entwürfen und Reinschriften der verschiedenen Ordnungen sowie um meh-
rere Verzeichnisse, welche Einzelregelung die Regierungsordnung letztlich enthalten sollte. Nicht von allen
in diesem Inhaltsverzeichnis zusammengefassten Ordnungen sind auch die Texte überliefert. Für unsere
Edition interessieren vor allem das einführende Mandat Ludwigs V. sowie der erste Punkt zur Religions-
konservierung (Nr. 14a).165
Bereits in der hessischen Kirchendienerordnung von 1537166 und in der Kirchenordnung von 1566167 war
erläutert worden, dass den Superintendenten ein Gremium zur Besetzung kirchlicher Stellen zugeordnet
werden sollte. Während diese der Superintendentur untergeordneten Personen in Niederhessen als Metro-
politane bezeichnet wurden, hießen sie in Oberhessen speciales oder decani. In der Niedergrafschaft Kat-
zenelnbogen wurden sie um 1550 assessores synodi und in der Obergrafschaft schließlich Definitoren
genannt.
Die Gießener Superintendentur war 1604 zu Hessen-Darmstadt gekommen. Zu dieser Zeit gab es hier
noch keine Definitoren, sondern die Examina der Geistlichen wurden zunächst von der theologischen Fakul-
tät der Universität Marburg und nach Gründung der Universität Gießen 1607 von dieser abgenommen.
Diese Praxis stand zwar in Widerspruch zu den Bestimmungen der hessischen Kirchenordnungen, aber erst
1617 errichtete man in Gießen ein Definitorium, das für die Examinierung der künftigen Amtsinhaber
zuständig sein sollte.168 Das Gießener Definitorium gesellte sich zu dem bereits seit 1537 in Darmstadt
bestehenden. 1624 und 1627 kamen weitere in Marburg in St. Goar hinzu.169
gen, 2° Cod. Ms. Jurid. 8, Bd. II, fol. 374r-386 im
Abschnitt „Von absterben der kirchendiener und ihren
hinderlaßenen wittiben und waisen“: daß sie, an welchen
ohrt unserer graffschaft es ihnen beliebt, ihre wohnung
haben mögen und, so lang die wittib in ihrem betrübten wit-
tibenstandt ist, aller frohndiensten und beschwerdten sie zu
verschonen und befreiet, sitzen zu lassen, Abdrucke in
Hanle, Graf Wolfgang, S. 109-130 und Sehling,
EKO X.
164 Rudersdorf, Universitätsgründung; Walbrach,
Ludwig V., S. 178f.; Dienst, Gießen, S. 179-185.
165 Der Abschnitt zur Religionskonservierung ist im Ent-
wurf und in einer Reinschrift überliefert StaatsA Darm-
stadt, E 9 Nr. 130 (Entwurf); StaatsA Darmstadt, E 9
Nr. 132 (Reinschrift). Hierzu ist ein Blatt mit Anmer-
kungen eines Theologen überliefert, der zu den einzelnen
Punkten Verbesserungsvorschläge machte, StaatsA
Darmstadt, E 9 Nr. 131.
166 Sehling, EKO VIII, S. 99.
167 Ebd., S. 190.
168 Zu den synodalen Verhältnissen der Obergrafschaft vor
1617 siehe Diehl, Die alten hessischen Definitorialord-
nungen, S. 57-85. Zur Praxis des Definitoriums nach
1617 ebd., S. 218-229.
169 Zum Darmstädter, Marburger und St. Goarer Definito-
rium siehe Diehl, Kirchenbehörden, S. 132-137, 141-
46