Die Grafschaft Waldeck
11. Kastenordnung für Korbach 24. August 1543 (Text S. 208)
12. Predigerordnung für Korbach 10. August 1545 (Text S. 216)
Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Waldecker Grafen in den Besitz der Stadt Korbach gelangt, die
bereits zu dieser Zeit aus einer Alt- und einer Neustadt bestand. Beide Städte wurden 1377 vereinigt.74 Die
Pfarrkirche St. Kilian in der Altstadt gehörte zum Paderborner Archidiakonat Horhausen, ihr war in der
Neustadt mit St. Nikolai eine Filialkirche unterstellt.
Im 16. Jahrhundert war Korbach eine der Samtstädte, die von den beiden Waldecker Linien Eisenberg
und Wildungen gemeinsam verwaltet wurden. In Korbach gab es zwar Ende der 1520er Jahre eine evan-
gelische Bewegung, aber der alte Glaube blieb hier weiterhin die vorherrschende Kraft.75 Korbach war die
einzige Stadt in der Grafschaft, die Anfang der 1540er Jahre noch überwiegend katholisch war.76 Dass sich
der alte Glaube hier so lange halten konnte, mag in der Person Wolrads II. begründet liegen, der bis 1544 ein
Kanonikat an St. Gereon in Köln besaß. Daneben spielte vermutlich auch Wolrads Rücksicht auf die
örtlichen kirchlichen Verhältnisse eine Rolle, da die Kilianskirche dem Patronat des Paderborner Domka-
pitels unterstand.77
Der konfessionelle Umschwung in Korbach erfolgte im Sommer 1542. Am Reginentag (20. Juni) wurde
hier eine feierliche Votivprozession durchgeführt, die offenbar einen derart provokativen Akt innerhalb der
weitgehend evangelischen Grafschaft darstellte, dass sich Wolrad II. zum Handeln gezwungen sah. Er ließ
den altgläubigen Pfarrer an St. Kilian absetzen und stellte Bertold Cael (1543-1557) als ersten evangeli-
schen Geistlichen in Korbach an.78
Nach dem Tod des Waldecker Reformators Johannes Hefentreger im Juni 1542 trat der hessische Theo-
loge Adam Krafft an seine Stelle. Krafft war ja bereits 1539 als Visitator in Waldeck tätig gewesen79 und
1543 schickte ihn Wolrad II. nach Korbach, um hier die Reformation einzuführen.80 In obrigkeitlichem
Auftrag entwarf er eine Kastenordnung für die Stadt (Nr. 11), die auf Hefentregers Niederwildunger
Kastenordnung von 1532 (Nr. 6) zurückging, wie zahlreiche Übereinstimmungen in der Textgestalt nahe-
legen.81
Ebenso wie in der Niederwildunger Ordnung findet sich auch bei der Korbacher im Titel der Hinweis,
dass der Text aus einer hessischen Vorlage unnd anderer hernn unnd steddenn gotseligen ordnungen zum theill
gezogenn worden ist.82 Welche Texte hier als Vorbild dienten, ist nicht erwähnt. Die Korbacher Kastenord-
nung ist in zwei Fassungen überliefert, eine vom 24. August 1543 (Text A), die andere vom 22. Mai 1544
(Text B).83 Beide Fassungen weichen in einigen längeren Abschnitten sowie zahlreichen Details voneinander
ab.
Zwei Jahre nach Veröffentlichung der Kastenordnung erließen Philipp IV. und Wolrad II. gemeinsam
eine Predigerordnung für Korbach (Nr. 12). Die Geistlichen an St. Kilian und ihrer Filiale St. Nikolai
sollten die Zeremonien bei Gottesdiensten und Kasualien einheitlich vollziehen und zu diesem Zweck sämt-
liche Gottesdienste und Amtshandlungen abwechselnd in beiden Kirchen vornehmen. Lediglich Taufen und
74 Hengst, Ende der Klöster, S. 182; Sante, Hessen,
S. 275-277; Hessisches Städtebuch, S. 367f.
75 Schultze, Reformationsgeschichte, S. 123; Curtze,
Kirchenverfassung, S. 51f.; Medding, Korbach, S. 147;
Curtze/Rheins, St. Kilian, S. 143-149.
76 Langenbeck, Geistliche, S. 74.
77 Hengst, Ende der Klöster, S. 182-185; Neumann,
Korbach, S. 34; Curtze/Rheins, St. Kilian, S. 31f.,
54f.
78 Medding, Korbach, S. 148f.; Curtze/Rheins, St. Ki-
lian, S. 149-156.
79 Siehe oben, Einleitung zu Nr. 8.
80 Schultze, Reformationsgeschichte, S. 125f.; Wass-
mann, Waldeck, S. 35; Curtze, Kirchenverfassung,
S. 52.
81 Köhler, Einfluß, S. 88; Wassmann, Waldeck, S. 35;
Medding, Korbach, S. 150; Schultze, Reformations-
geschichte, S. 127; Curtze/Rheins, St. Kilian, S. 156-
158.
82 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 68-70 und S. 80f.
83 Carl Curtze legte für seinen Abdruck unseren Text B
zugrunde, siehe unten, S. 208 Anm. a.
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11. Kastenordnung für Korbach 24. August 1543 (Text S. 208)
12. Predigerordnung für Korbach 10. August 1545 (Text S. 216)
Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Waldecker Grafen in den Besitz der Stadt Korbach gelangt, die
bereits zu dieser Zeit aus einer Alt- und einer Neustadt bestand. Beide Städte wurden 1377 vereinigt.74 Die
Pfarrkirche St. Kilian in der Altstadt gehörte zum Paderborner Archidiakonat Horhausen, ihr war in der
Neustadt mit St. Nikolai eine Filialkirche unterstellt.
Im 16. Jahrhundert war Korbach eine der Samtstädte, die von den beiden Waldecker Linien Eisenberg
und Wildungen gemeinsam verwaltet wurden. In Korbach gab es zwar Ende der 1520er Jahre eine evan-
gelische Bewegung, aber der alte Glaube blieb hier weiterhin die vorherrschende Kraft.75 Korbach war die
einzige Stadt in der Grafschaft, die Anfang der 1540er Jahre noch überwiegend katholisch war.76 Dass sich
der alte Glaube hier so lange halten konnte, mag in der Person Wolrads II. begründet liegen, der bis 1544 ein
Kanonikat an St. Gereon in Köln besaß. Daneben spielte vermutlich auch Wolrads Rücksicht auf die
örtlichen kirchlichen Verhältnisse eine Rolle, da die Kilianskirche dem Patronat des Paderborner Domka-
pitels unterstand.77
Der konfessionelle Umschwung in Korbach erfolgte im Sommer 1542. Am Reginentag (20. Juni) wurde
hier eine feierliche Votivprozession durchgeführt, die offenbar einen derart provokativen Akt innerhalb der
weitgehend evangelischen Grafschaft darstellte, dass sich Wolrad II. zum Handeln gezwungen sah. Er ließ
den altgläubigen Pfarrer an St. Kilian absetzen und stellte Bertold Cael (1543-1557) als ersten evangeli-
schen Geistlichen in Korbach an.78
Nach dem Tod des Waldecker Reformators Johannes Hefentreger im Juni 1542 trat der hessische Theo-
loge Adam Krafft an seine Stelle. Krafft war ja bereits 1539 als Visitator in Waldeck tätig gewesen79 und
1543 schickte ihn Wolrad II. nach Korbach, um hier die Reformation einzuführen.80 In obrigkeitlichem
Auftrag entwarf er eine Kastenordnung für die Stadt (Nr. 11), die auf Hefentregers Niederwildunger
Kastenordnung von 1532 (Nr. 6) zurückging, wie zahlreiche Übereinstimmungen in der Textgestalt nahe-
legen.81
Ebenso wie in der Niederwildunger Ordnung findet sich auch bei der Korbacher im Titel der Hinweis,
dass der Text aus einer hessischen Vorlage unnd anderer hernn unnd steddenn gotseligen ordnungen zum theill
gezogenn worden ist.82 Welche Texte hier als Vorbild dienten, ist nicht erwähnt. Die Korbacher Kastenord-
nung ist in zwei Fassungen überliefert, eine vom 24. August 1543 (Text A), die andere vom 22. Mai 1544
(Text B).83 Beide Fassungen weichen in einigen längeren Abschnitten sowie zahlreichen Details voneinander
ab.
Zwei Jahre nach Veröffentlichung der Kastenordnung erließen Philipp IV. und Wolrad II. gemeinsam
eine Predigerordnung für Korbach (Nr. 12). Die Geistlichen an St. Kilian und ihrer Filiale St. Nikolai
sollten die Zeremonien bei Gottesdiensten und Kasualien einheitlich vollziehen und zu diesem Zweck sämt-
liche Gottesdienste und Amtshandlungen abwechselnd in beiden Kirchen vornehmen. Lediglich Taufen und
74 Hengst, Ende der Klöster, S. 182; Sante, Hessen,
S. 275-277; Hessisches Städtebuch, S. 367f.
75 Schultze, Reformationsgeschichte, S. 123; Curtze,
Kirchenverfassung, S. 51f.; Medding, Korbach, S. 147;
Curtze/Rheins, St. Kilian, S. 143-149.
76 Langenbeck, Geistliche, S. 74.
77 Hengst, Ende der Klöster, S. 182-185; Neumann,
Korbach, S. 34; Curtze/Rheins, St. Kilian, S. 31f.,
54f.
78 Medding, Korbach, S. 148f.; Curtze/Rheins, St. Ki-
lian, S. 149-156.
79 Siehe oben, Einleitung zu Nr. 8.
80 Schultze, Reformationsgeschichte, S. 125f.; Wass-
mann, Waldeck, S. 35; Curtze, Kirchenverfassung,
S. 52.
81 Köhler, Einfluß, S. 88; Wassmann, Waldeck, S. 35;
Medding, Korbach, S. 150; Schultze, Reformations-
geschichte, S. 127; Curtze/Rheins, St. Kilian, S. 156-
158.
82 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 68-70 und S. 80f.
83 Carl Curtze legte für seinen Abdruck unseren Text B
zugrunde, siehe unten, S. 208 Anm. a.
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