Waldeck
2. Kirchenordnunga
[1525, nach August 28]
bOrdnunge Philipsen des elttern undt Philipsen des jüngern, graven zu Waldecken, uber examination
pastorn, uffrichtung guter scholen,
Wir, Philips der elter1, Philips der junnger2, gevat-
ternn, beide gravenn zu Waldeckenn, thunn allenn
unnsernn unnderthanenn, geistlich unndt wernnt-
lich, zu wissenn, das wir nit gerinnge beschwertenn
unndt geursacht, das söllich offenntliche sunnde
unndt laster, wieder Gottes wort unndt gebot inn
unnser lanndtschafft gescheenn, das wir unnß erken-
nenn, vonn Gottes wegenn schuldigk [zu] seinn als
der landtherr zu dempfenn3 unndt auch zustraffenn,
ernnstlich gemeinet. So wir nun vonn Gottes we-
genn darzu versehenn, wöllen wir aus obrigkeit inn
christlicher trewe vermanenn, gebedenn, sollich of-
fennbare sunnde, dar sich Gott uber erbarme, einn
itzlicher, er sei mann oder fraw, darfur zu huedenn
unndt genntzlich meidenn bei nachvolgennder
ernnstlicher straff.
Dieweill wir nun die unnsernn viel lieber durch
Gottlich wort dann durchs schwert regiert zu sehenn
unndt wir unnß desselbenn auch vor Gott schuldig
erkennenn, das die unnsernn mitt dem reinenn wort
versehenn werdenn4, so ordnenn unndt wöllenn wir,
das unnser pastor[e]s, inn stettenn unndt dorffernn
unnter unnß gesessenn, sich der gottlichenn warheit
mitt ernnst befleissigenn unndt also durchs wort ire
pfarkinnder vonn sunndenn, lasternn unndt unntu-
a Textvorlagen A und B (Handschriften): StaatsA Mar-
burg, Best. 115.7 Generalia Nr. 1. Abdruck: Curtze,
Gesetzgebung, S. 4-8 (Nr. 3).
b-b Fehlt B.
1 Philipp III. (1486-1539) regierte von 1524 bis 1539 als
Graf von Waldeck-Eisenberg, siehe oben, S. 160
Anm. 14.
2 Philipp IV. (1493-1574) war der Neffe Philipps III., er
regierte von 1513 bis 1574 als Graf von Waldeck-Wil-
dungen, siehe oben, S. 160 Anm. 13.
3 Auszulöschen, Grimm, DWb 2, Sp. 717.
follerey undt andere mehr punctenb
genndt christlich abwenndenn, damitt unnser be-
schwerliche5 straffe nit vonn nottenn sei. Dieweill
wir aber leider dergleichenn pastors, welchenn die
sache zu hertzenn gehe oder je der schrifft erfahrenn
sein, | inn unnser lanndtschafft gahr weinig befinn-
denn, so wöllenn wir ufs furderlichst zu unnsernn
gelegenheit einenn jedernn sunnderlich examiniren
unndt verhörenn lassenn, damit furter ungeschick-
licheit der lehre unndt lebenn zuvermeidenn, unndt
auch hiemit einenn jedernn gewarhrnet habenn, das
er sich seines pfarampts nit zu heigelich vertroi-
ste6, wo wir seinn unngeschicklicheit lehr unndt le-
benns erfahrenn werdenn. Unndt soll auch hinfurter
inn unnser lanndtschafft keinn pfarher ohne vorge-
hennde erkundigunge seinner lehre unnd lebens ann-
genommen noch zugelassenn werdenn unnd nit lenn-
ger geduldet noch ghaldenn, dann dieweile er mit
beweissunge christlicher lehre unndt guthenn lebenn
gespurt wert.
Nachdem wir auch erkennenn, das uf kunfftige jah-
re nicht gerinnger unnrath unnd manngell gelarter
leuthe halbenn, die mann zu gottlichen unnd zeitli-
chenn dingenn bruchenn möcht, erwachsennn mag,
dieweill bei unnserenn zeittenn die kinnderschulenn
so genntzlich verfallenn unndt affgestellet7 werdenn,
4 Wetekam/Martin, Landesordnung, S. 35 Anm. 73
bemerkten, dass der Abschnitt wir unnß desselbenn ...
versehenn werdenn und damit der evangelische Impetus
in der Textvorlage ihres Abdrucks nicht enthalten sei.
Die Passage findet sich jedoch auch in ihrem Abdruck.
Aus dieser Fehlinterpretation ziehen sie folglich den ir-
rigen Schluss, dass ihre Textvorlage älter sei als diejeni-
ge, die Curtze, Gesetzgebung, S. 1-3 verwendete.
5 Schwere.
6 Nicht zu sicher sei, Grimm, DWb 25, Sp. 2010.
7 Geschlossen, Grimm, DWb 1, Sp. 130.
180
2. Kirchenordnunga
[1525, nach August 28]
bOrdnunge Philipsen des elttern undt Philipsen des jüngern, graven zu Waldecken, uber examination
pastorn, uffrichtung guter scholen,
Wir, Philips der elter1, Philips der junnger2, gevat-
ternn, beide gravenn zu Waldeckenn, thunn allenn
unnsernn unnderthanenn, geistlich unndt wernnt-
lich, zu wissenn, das wir nit gerinnge beschwertenn
unndt geursacht, das söllich offenntliche sunnde
unndt laster, wieder Gottes wort unndt gebot inn
unnser lanndtschafft gescheenn, das wir unnß erken-
nenn, vonn Gottes wegenn schuldigk [zu] seinn als
der landtherr zu dempfenn3 unndt auch zustraffenn,
ernnstlich gemeinet. So wir nun vonn Gottes we-
genn darzu versehenn, wöllen wir aus obrigkeit inn
christlicher trewe vermanenn, gebedenn, sollich of-
fennbare sunnde, dar sich Gott uber erbarme, einn
itzlicher, er sei mann oder fraw, darfur zu huedenn
unndt genntzlich meidenn bei nachvolgennder
ernnstlicher straff.
Dieweill wir nun die unnsernn viel lieber durch
Gottlich wort dann durchs schwert regiert zu sehenn
unndt wir unnß desselbenn auch vor Gott schuldig
erkennenn, das die unnsernn mitt dem reinenn wort
versehenn werdenn4, so ordnenn unndt wöllenn wir,
das unnser pastor[e]s, inn stettenn unndt dorffernn
unnter unnß gesessenn, sich der gottlichenn warheit
mitt ernnst befleissigenn unndt also durchs wort ire
pfarkinnder vonn sunndenn, lasternn unndt unntu-
a Textvorlagen A und B (Handschriften): StaatsA Mar-
burg, Best. 115.7 Generalia Nr. 1. Abdruck: Curtze,
Gesetzgebung, S. 4-8 (Nr. 3).
b-b Fehlt B.
1 Philipp III. (1486-1539) regierte von 1524 bis 1539 als
Graf von Waldeck-Eisenberg, siehe oben, S. 160
Anm. 14.
2 Philipp IV. (1493-1574) war der Neffe Philipps III., er
regierte von 1513 bis 1574 als Graf von Waldeck-Wil-
dungen, siehe oben, S. 160 Anm. 13.
3 Auszulöschen, Grimm, DWb 2, Sp. 717.
follerey undt andere mehr punctenb
genndt christlich abwenndenn, damitt unnser be-
schwerliche5 straffe nit vonn nottenn sei. Dieweill
wir aber leider dergleichenn pastors, welchenn die
sache zu hertzenn gehe oder je der schrifft erfahrenn
sein, | inn unnser lanndtschafft gahr weinig befinn-
denn, so wöllenn wir ufs furderlichst zu unnsernn
gelegenheit einenn jedernn sunnderlich examiniren
unndt verhörenn lassenn, damit furter ungeschick-
licheit der lehre unndt lebenn zuvermeidenn, unndt
auch hiemit einenn jedernn gewarhrnet habenn, das
er sich seines pfarampts nit zu heigelich vertroi-
ste6, wo wir seinn unngeschicklicheit lehr unndt le-
benns erfahrenn werdenn. Unndt soll auch hinfurter
inn unnser lanndtschafft keinn pfarher ohne vorge-
hennde erkundigunge seinner lehre unnd lebens ann-
genommen noch zugelassenn werdenn unnd nit lenn-
ger geduldet noch ghaldenn, dann dieweile er mit
beweissunge christlicher lehre unndt guthenn lebenn
gespurt wert.
Nachdem wir auch erkennenn, das uf kunfftige jah-
re nicht gerinnger unnrath unnd manngell gelarter
leuthe halbenn, die mann zu gottlichen unnd zeitli-
chenn dingenn bruchenn möcht, erwachsennn mag,
dieweill bei unnserenn zeittenn die kinnderschulenn
so genntzlich verfallenn unndt affgestellet7 werdenn,
4 Wetekam/Martin, Landesordnung, S. 35 Anm. 73
bemerkten, dass der Abschnitt wir unnß desselbenn ...
versehenn werdenn und damit der evangelische Impetus
in der Textvorlage ihres Abdrucks nicht enthalten sei.
Die Passage findet sich jedoch auch in ihrem Abdruck.
Aus dieser Fehlinterpretation ziehen sie folglich den ir-
rigen Schluss, dass ihre Textvorlage älter sei als diejeni-
ge, die Curtze, Gesetzgebung, S. 1-3 verwendete.
5 Schwere.
6 Nicht zu sicher sei, Grimm, DWb 25, Sp. 2010.
7 Geschlossen, Grimm, DWb 1, Sp. 130.
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