Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0422
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Solms

lang sie von der Beicht und Sacrament bleiben, zu
keine[n] Gevatterschafften und anderen Christlichen
Ceremonien und Werken nit zugelassen werden, dar-
zu, so sie übereilet20 und also [nicht] zu anderen Buß-
fertigen frommen Christ- 138 lich bestattet, son-
dern zu denjenigen, so in öffentlichen sündlichen und
ärgerlichen Wesen von hinnen abscheiden, verschar-
ret werden, und allermeist soll es also mit ihnen ge-
halten werden, wann sie zum schein nehmen21, daß
sie nicht zur Communion kommen wöllen daraum,
[!] daß sie nit in uneinigkeit leben mit etlichen Per-
sohnen. Dieweil alhier viehl grose Sünde uff einen
Hauffen kommen, nemblich der Haß wieder den
nechsten und die unterlaßung der Communion, und
so die uneinigkeit die Communion verhindert, ver-
hindert sie auch das Gebeth und die Anruffung. Nun
ist ja das allereuserste übel, wann ein Mensch Gott
nicht anruffen kan. Darum sollen sich unsere Unter-
thanen recht unterrichten lassen, daß sie sich nicht
selbsten von Gott abreisen und endlich in Verzweiff-
lung fallen, sondern gedenken, wie das Gewissen ge-
gen Gott und gegen dem nechsten stehen soll. Wer
unrecht hat, soll Versöhnungb suchen, wer aber nicht
unrecht hat, soll weniger mit Gott zörnen und soll
sein Gewissen und Hertzfrieden bergen, und soll ihm
die Anruffung nicht selber irre machen und verhin-
dern, seint es auch Sachen, die im Gericht hangen,
soll das Hertz den Haß ablegen und des Urtheils
friedlich erwartten.
Dann darumb hat Gott Regiment und Gericht
geordnet, daß wir nicht selbst Rach üben und Haß
tragen. Es sollen auch22 jederzeit unsere Prediger
solche Leuth für sich ruffen, ernstlich das gewissen
rühren und sie erkennen und fühlen lernen, wie sie
arme Sünder seyen und der Gnade bedürffen.
11. Vors Eilfte. Darmit auch unser Unterthanen,
wann sie zum Tisch des Herrn gehen wollen, desto
besser unterricht würden, was das Hl. Abendmahl
für eine Mahlzeit seye oder was uns darinnen zu es-
sen oder zu trinken nach Christi, unsers Herrn und
b Im Druck irrig: Versuchung.
20 Vom Tod ereilt werden.
21 Als Vorwand anführen.
22 Im Druck: aus.

seeligmachers, Stifftung fürgelegt und von uns em-
pfangen werde, auch, zu was ende und nutzen Chri-
stus, unser Herr, solche Mahlzeit eingesetzt23, und
dann, wie sich ein Christ darzu recht schicken und
bereiten soll, damit er sich solcher heiligen Mahlzeit
zu seinem Nutzen und Trost gebrauchen möge, Alß
haben wir einen kurtzen und einfälltigen Bericht
hiervon unserer Kirchenordnung inseriren und ain-
verleiben lassen24, also und daß derselbig jeden
Sonnabends, wann den folgenden Tag das Abend-
mahl gehalten wird, in der Vesper soll abgelesen
werden, und wollen, daß die, so sich folgendes Tags
zum Tisch des Herrn verfügen wöllen, sich sollen in
der Vesper zeitlich einstellen und solchen Bericht
mit anhören, damit sie sich zu der Himmlischen
Mahlzeit Recht schicken mögen und sich nicht ver-
greifen und schuldig werden an Leib und Blut des
Herren und ihnen selbst essen und trinken das Ver-
dammnüß und das Gericht25. Und ob eine oder mehr
Persohnen sich nicht zu rechter Zeit in der Vesper
einstellen, die sollen desselben mahl abgewiesen und
nicht zugelassen werden.
12. Zum Zwölfften. Dieweil man auch durch das ge-
sängk26 Gottes Wort, so darinnen verfasset ist, erin-
nert und daraußen an rechter 139 erkanntnüß Got-
tes am Glauben, Lieb, Geduldt und andern Tugen-
den gebessert wird, als wollen wir, daß unsere Un-
terthanen sich gleich nach dem letzten Glocken-
schlag in der Kirchen einstellen und mit dem ge-
meinen Kirchengesang unsern Herrn Gott helffen
loben und preisen und nicht verziehen, biß man auß-
gesungen oder mit dem Gesang bald fertig ist.
13. Zum Dreyzehenden sollen die Eltern zusehen,
wann ihnen Kinder zur Welt gebohren werden, daß
sie zu Gevattern des Kindstaufs nit leichtfertige
Persohnen, so in öffentlichen Lastern und unbußfer-
tigem leben verhafftet, sondern ehrliche, Gottes-
fürchtige Leuth ansprechen, damit nicht durch der
Gevatter unerbarkeit das H. Sacrament der Thauff
23 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.
24 Siehe oben, S. 357.
25 1Kor 11,28-29.
26 Den Gesang.

402
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften