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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0459
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2. Erbacher Kirchenordnung 1560

Und soll die vermanung mit diesen worten gesche-
hen, wie nachfolgt:
Nach dem der Allmechtig Gott iabermal einen
unserer lieben freundei mit gnaden aus dieser Welt
erfordert und zu sich genommen, wir auch zu des-
selbigen begrebniß auß Christlicher liebe in Gottes
namen versamlet sind, so wollen wir zu unserm trost
unnd heil das Evangelion vom Lazaro, den Christus
von jden todtenj erweckt, hören, unnd schreibt der
Evangelist Johannes am eilfften Capittel [21-27] al-
so:
Martha sprach zu Jhesu: Herr, werest du hie ge-
wesen, mein bruder were nicht gestorben. Aber ich
weis auch noch: Das, was du bittest von Gott, das
wird er dir geben. Jhesus spricht zu ir: Dein Bruder
soll aufferstehn. Martha spricht zu ihm: Ich weis
wol, das er | 28r | aufferstehn wird inn der aufferste-
hung am jüngsten tage. Jhesus spricht zu ihr: Ich
bin die aufferstehung und das leben. Wer an mich
gläubt, der wird leben, ob er gleich stürbe, und wer
da lebt unnd glaubt an mich, der wird nimmermehr
sterben. Glaubstu das? Sie spricht zu im: Herr, ja,
ich gläube, das du bist Christus, der Sohn Gottes,
der inn die Welt kommen ist.
In diesem Evangelio verheist Christus Marthe,
ir bruder Lazarus soll widerumb vom todt auffer-
stehn, hat ihn auch hernach, als er bereidt vier tage
im grabe gelegen, vom todt aufferweckt.
Nun hat Christus mit solchem grossen wunder-
zeichenk nicht zuverstehn geben wollen, als solt ein
jeglicher nach vier tagen seines todts widerumb
gleich wie Lazarus vom todt in diß leiblichl und zer-
genglich leben aufferstehn, sondernm hat hiemit wol-
len versichern unnd bestetigen die warheit seines
Evangelions, welches er auch hierin mit wenig wor-
ten in eine kurtze summa gefast und gesagtn : Ich bin
die aufferstehung und das leben. Wer an mich
glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; unnd wer

i-i KO 1558: aber ein mal unsern lieben freund einen.
j-j KO 1558: dem todt hatt.
k KO 1558: wunderwerck.
l KO 1558: zeittlich.
m KO 1558: sondern er.
n KO 1558: gesaget hatt.

da lebt unnd glaubt an mich, der wird nicht sterben
ewiglich45. | 28v |
Denn wiewol der todt von der sünden wegen ei-
nen sehr heßlichen und grausamen anblick hat und
nach seiner art die ewige verdamniß mit bringt, je-
doch, dieweil Christus die sünde gebüsset hat und
dem todt durch sein urstendt endtrunnen ist, so hat
er dem todt seine krafft und gewalt also gar genom-
men, das ein jeglicher, der an ihn glaubt und seinem
leibe als ein gliedmas durch den glauben zugethan
wird, soll im todt erhalten werden unnd durch den
todt zu dem ewigen leben eingehen. Sanct Paulus
spricht: Christus ist von den todten aufferstanden
und der erstling worden unter denen, die da schlaf-
fen, Sintemal durch einen Menschen der todt unnd
durch einen Menschen die aufferstehung der todten
kompt. Denn gleich wie sie in Adam alle ster-
beno , Also werden sie in Christo alle lebendig ge-
macht werden, Ein jeglicher paber inp seiner ord-
nung: der erstling Christus, darnach die Christum
angehören, wenn er kommen wird46.
Darumb soll der todt deren, die in dem leib
Christi durch den glauben verfasset sind, nicht für
ein solchen todt gehalten werden, das er verderblich
unnd verdamlich sey, sonder das er für Gott köstlich
geachtet werde unnd von Christo zu einem eingang
des rechten lebens und ewiger herrligkeit geweihet
und geheiliget worden sey. Denn ob wol der leib in
der Erden vor der Menschen | 29r | augen vergehet
unnd verfault, So erhelt doch der Allmechtige Gott
das leben, unnd gleich wie das körnlin, so gesehet
wird, vorhin in der erden erstirbt unnd hernach
frucht bringt47, Also hat auch Gott verordnet, das
der verwesene leib des Menschen wiederumb gewiß-
lich herfür zu dem leben kommen sölle.
Und ist die Göttliche ewige warheit, das eben
dieser leib widerumb vom tode durch die krafft Got-
tes aufferstehen wird. Aber es werden im nicht mehr

o KO 1558: gestorben.
p-p KO 1558: nach.

45 Joh 11,25-26.
46 1Kor 15,20-23.
47 Joh 12,24.

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