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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0484
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Die Grafschaft Stolberg-Königstein

ließ der evangelischen Bewegung ihren Lauf.6 Lutherische Pfarrer lassen sich 1536 in Butzbach und 1538 in
Ortenberg nachweisen.7 Ludwigs libertäre Haltung in Glaubensfragen entsprach seiner Auffassung, die
Landeskinder nicht zu einer bestimmten Lehre drängen zu wollen.8 Vermutlich war eine konsequente refor-
matorische Politik aber auch deshalb schwierig, weil der Graf viele Orte nur in Gemeinschaft mit anderen
Territorialherren besaß, die sich Ende der 1530er Jahre noch nicht zum neuen Glauben bekannten, wie etwa
die Grafen von Isenburg und die von Hanau-Münzenberg.
Erst 1540 wurde Ludwig kirchpolitisch aktiv und führte die von Andreas Osiander und Johannes Brenz
ausgearbeitete brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung von 1533 in Stolberg-Königstein ein.9 Neben
diesem umfassenden Regelwerk, das in der gesamten Grafschaft Geltung besaß, erließ Ludwig noch eine
separate Gottesdienstordnung für die Pfarrkirche St. Marien und die Burgkapelle der Stadt Königstein.
Unsere Edition folgt dem Abdruck von A. Korf. Er gibt als Quelle die „Abschrift in einem aus dem
17. Jahrh. stammenden, im kath. Pfarrarchive zu Königstein befindlichen Kopialbuche“10 an. Das genannte
Kopialbuch oder gar das Original der Ordnung konnten weder im Archiv der Königsteiner Marienkirche
noch im Diözesanarchiv Limpurg, im Stadtarchiv Königstein sowie im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wies-
baden aufgefunden werden.

3. Die Kirchenordnungen nach dem Interim
Nach Ende des Augsburger Interims 1552 stellte Ludwig von Stolberg-Königstein die evangelische Lehre in
seiner Grafschaft wieder her und ging daran, seiner Landeskirche mit regelmäßigen Visitationen und Syn-
oden eine Leitungsstruktur zu geben. 1554 wurde die Grafschaft in die vier Superintendenturen Königstein,
Oberursel, Butzbach und Ortenberg unterteilt, denen eine Generalsuperintendentur mit Sitz in Königstein
übergeordnet war.11 Im gleichen Jahr führte Ludwig die mecklenburgische Kirchenordnung von 1552
ein.12 1563 kam es zu neuen Veränderungen, denn in diesem Jahr übernahm Ludwig die Pfalz-Zweibrücker
Kirchenordnung von 1557.13 Korf wies darauf hin, dass der Graf dieses Regelwerk unverändert - einschließ-
lich des Titelblatts - von Nikolaus Henrich in Oberursel neu drucken ließ und lediglich einen eigenen
Einführungserlass voranstellte.14
Ebenso wie sein Vorgänger Eberhard IV. († 1535) blieb auch Graf Ludwig ohne männliche Nachkom-
men, so dass sein jüngerer Bruder Christoph zu Stolberg (1524-1581), der Dompropst in Halberstadt war,

mation, S. 27, 42 Anm. 51; Jahns, Bund, S. 204 Anm. 9;
Telschow/Reiter, Pfarrer, S. 52; Nebe, Nassau,
S. 42f.
6 Diehl, Reformationsbuch, S. 137-178 zeichnet die Ein-
führung der Reformation in den einzelnen Pfarreien
nach. Vgl. Nebe, Nassau, S. 39f.
7 Diehl, Bewegung, S. 92.
8 Korf, Beiträge, S. 314.
9 Abdruck in Sehling, EKO XI, S. 140-205 und Osi-
ander, Gesamtausgabe 5, S. 63-181; vgl. Korf, Bei-
träge, S. 314.
10 Korf, Beiträge, S. 314, 392.
11 Ebd., S. 330-332, dort auch die Zuordnung der einzelnen
Pfarreien zu den Superintendenturen.
12 Abdruck in Sehling, EKO V, S. 161-219. Der Erlass
der Stolberg-Königsteiner Kirchenordnung wurde auf

einer Synode in Oberursel bekanntgegeben. Das Einla-
dungsschreiben Graf Ludwigs an die Pfarrer ist abge-
druckt bei Korf, Beiträge, S. 332 Anm. 69, vgl. S. 334.
Das Visitationsprotokoll ist gedruckt ebd., S. 393-395;
vgl. Dahmen, Nach Gottes Wort, S. 5f.
13 Die Pfalz-Zweibrücker Kirchenordnung war aus der
mecklenburgischen und der württembergischen erarbei-
tet worden, sie ist abgedruckt in Sehling, EKO XVIII,
S. 71-259 im textkritischen Apparat. Vgl. Korf, Bei-
träge, S. 337f.; Nebe, Nassau, S. 50.
14 „Gedruckt zu Ursel, durch Nicolaum Henricum, Als
man zalt nach der Geburt unsers lieben Herrn und Hei-
lands Jhesu Christi 1563. Jar“, siehe VD16 P 2275; vgl.
Sehling, EKO XVIII, S. 247; Korf, Beiträge, S. 338
und Anm. 80. Abdruck des Einführungserlasses bei
Nebe, Nassau, S. 50f.

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