Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0488
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Königstein

mit Gottes Lob für und führ gemehret und gepriesen
werdt, dieweill dan die Vesper, so man vor der Zeit
singet, nichts anderst dan Psalmen, Cantica Mariae,
responsoria, hymne und Antiphonen von Christo, so
soll solche Vesper alle sontag umb 3 Uhr nachmittag
gleich nach der Kindterpredig ordentlich gehalten
werden, und domit das gemein Volck aus der Vesper
Verstandt und Andacht auch schöpfen möge und zu

göttlicher liebe gereitzet, auch die Schüler der latei-
nischen sprache nicht gar in Vergeß kommen, so sol-
len zwei psalmen zu teutsch gesungen werden, in
maßen der Psalter nach dem Text verteutscht, im
gleichen Thone wie die lateinischen Psalmen.
Complet soll alle Sontag nach altem Brauch zu
gewöhnligen Stunden gesungen oder gelesen werden,
dieweil es eitel8 psalm.

Durch die ganze Woche auf alle Wercktage

Soll man morgens sieben uhr leuten, herr Johann
Bingen, Hofheim9, Ehlhalten10, Kaplan Velten11 und
der Schulmeister12 sambt den Schülern in die Kirche
Deus in adiutorium13 zu singen anheben, darnach
drei lateinische Psalmen, darauff: Nun bitten wir
den heyligen Geist14 durchaus mit allen gesetz15, und
folgends her Pacius auff dem predigtstuhl ein ganz
Kapitul im neuen Testament vorstendiger weiß
nach dem Text auslesen, allein zuvor auf kürzestem
Summarium desselben Capituls anzeigen mit gar
kurtzer [wied]erholung die vorige undt gestrige lec-
tion, das Volck nur derselbigen wieder zu erinnern.
Und soll also das neue Testament, vorne angefan-
gen, bis zu Ende gelesen werden, darnach sollen
abermals zwei oder drey teutsche psalmen nach dem
Text in lateinischem Ton gesungen, auch die Psalter
wie das Testament von vorne angefangen undt bis
zu endt gesungen werden. Zum schluß soll herr Pa-
cius mit Andacht und gantz kniendt verstendtlich
singen oder lesen drei Collecten in teutscher Sprach,
eine umb vergebung der Sündten, die andere umb
Verstandt und Weisheit zu gerechter Regierung und
die dritte umb friedt und einigkeit. Dieses soll von
sieben bis acht Uhr geredt und ausgerichtet werden.

8 Reine.
9 Johann Hofheim, Pater des Königsteiner Kugelhauses,
Korf, Beiträge, S. 312.
10 Diese Person ist nicht nachweisbar.
11 Johannes Veltin war 1553 Pfarrer in Schneidhain. 1553,
1561 und 1563 war er als Kaplan in Königstein erwähnt,
1576 wurde er als Hofprediger genannt, Widmann,
Mitteilungen, S. 49.
12 Valentin Pacius, siehe oben, Anm. 3.

Darnach soll Er Pacius aufs Schloß kommen und
daselbst Henrich Trommeter16 und was von Schrei-
bern vorhanden, gleicher gestallt wie im Thale die
Psalm singen und mit andtern wie da undten gehal-
ten werdten; auch das hofgesindt der Zeit, nemblich
umb acht, die Kirchen besuchen undt jedter sein
Geschäft darnach richte.
Würdt aber ein hl. Tag oder Fest in der Woche
zwischen den Sontagen zufallen, so soll man anstatt
der Lection des neuen Testaments eine gantze Pre-
digt tun und darnach den teutschen Psalm, so sonst
auf die Lection folgen sollte, der Litanei anhencken,
und soll dasselbig her Johann Bingen im Thal, aber
Magister Valentin Pacius solches auf dem Schloß
Vorgeredeter maß alsdann versehen, also daß es an
beiden Orten zu neun Uhr vormittags ausgerichtet
und gewendet sei. Auf einem solchen heiligen Tag
soll es mit Vesper und Complet auch gehalten wer-
den wie am Sontag.
Sonst soll alle Tag, Sonn- und Wercktag, durch
die gantze Woche aus Salve rex misericordia1' zu ge-
wöhnlicher Salve Zeit mit Andacht durch Schul-
meister, Schüler und andere Kirchendiener so wie
bishero gesungen werden.

13 Vgl. Ps 70,2.
14 Luther, Nun bitten wir den Heiligen Geist, AWA 4,
Nr. 19.
15 Strophen.
16 Heinrich Neuhoff war vor 1539 Trompeter in Diensten
Graf Ludwigs von Stolberg-Königstein gewesen, Korf,
Beiträge, S. 308 und S. 388f. Anl. 5.
17 Vgl. Salve regina misericordiae, Wackernagel, Kir-
chenlied I, S. 103.

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