Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0540
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Frankfurt

7c. Abendmahlsagendea
[7. August 1543]
Die Action bey dem Nachtmahl

Lieben Freunde in Christo.
Dieweil wir alle sind in dem Todte des Herrn Jesu
Christi getaufft, sein Leiden und Sterben an unserm
Leibe umherum zutragen, und erfahren müssen al-
lerley Trübsahlen und Anfechtungen der Sünden,
des Todes und des gantzen Reichs des Teuffels, und
daß so mächtige und gewaltige Feinde sind, mit de-
nen wir zuthun haben, und aber daß wir aus eigenen
Kräfften keinen Wiederstand thun mögen, hat
Gott, der Vater, durch Christum, seinen geliebten
Sohn, ein grösser Gewalt und Reich angerichtet,
welcher Gerechtigkeit und das Leben ist, an wel-
chem wir haben die Erlösung durch sein Blut, nem-
lich die Vergebung der Sünden, und uns durch das-
selbe Blut von Sünden, Todt und Teuffel errettet.
Auf daß nun solch groß Güter, durch Göttlich
Wort verkündiget, ins Werck gebracht, täglich unter
uns ausgetheilt würden, hat der gnädig und barm-
hertzige Herr Jesus Christus ein Gedächtnuß ge-
stifftet seiner Wunden und befohlen, daß wir in sei-
nem Nachtmahl und äusserlichen Sacrament essen
sollen seinen wahren Leib und trincken sein wahres
Blut1, damit aller Glaubigen und Gottsfürchtigen
Hertzen versichert würden solcher Gnaden Gottes
und ewigen Seeligkeit, und daß in heiliger, Christli-
cher Gemein und Versamlung sein H. Gedächtnuß
gehalten | 440 | würde, das ist, ihm zu Lob und
Danck davon predigen, singen und sagen, uns damit
unter einander vermahnen und trösten.
Darneben soll uns auch diß heilig Sacrament ein
Kennzeichen seyn dieser Zeit für Gott und der Welt,
daß wir mit Worten und Wercken allen Verführun-
gen des Pabstthums und anderer Irrthum entsagen
und unter uns das Evangelium Jesu Christi getreu-
lich und von Hertzen bekennen, darnach auch sol-

a Textvorlage (Abdruck): Ritter, Denckmahl,
S.439-442.

che Liebe und Treu und Gunst, wie wir von unserm
lieben Herrn Christo entpfangen, getreulich einan-
der leisten und beweisen. Und dieweil solche eine
Göttliche Stifftung und Ordnung ist, sollen wir es
mit bußfertigem Hertzen suchen, glauben und ler-
nen, was Christus uns saget, und thun, was er uns
heisset. Diejenigen aber, die solches bußfertiges Le-
ben nicht glauben und Trost darinn nicht suchen,
sondern in öffentlichen Lastern, Sünden und bösem
Leben verharren, sollen sich solches heiligen Nacht-
mahls und Sacraments unwürdig und verbannet
wissen biß zur Besserung.
Damit aber die Unbußfertigen durch Göttliche
Gnade möchten erleuchtet werden und wir zu Bes-
serung unsers Lebens solch heilig Sacrament frucht-
barlich geniessen, auch gemeine Christenheit gebes-
sert und erbauet werden möge, so lasset uns Gott,
den Vater aller Barmhertzigkeit, von Hertzen an-
ruffen und also bethen in vester Zuversicht und
glauben, er werde uns gnädiglich erhören durch un-
sern Herrn Jesum Christum, der zu bethen befohlen
hat und gesaget: Bittet, so werdet ihr gewähret, su-
chet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch
aufgethan2.
Derohalben last uns erstlich bitten für die gemeine
Christliche Kirche, für die Kirchen-Diener, die Ver-
kündiger des Göttlichen Worts, für unsern aller-
gnädigsten Herrn, den Kayser und König, und
Ambt-Leuthe deß Weltlichen Regiments, sonderlich
auch einen Ersamen, Weisen Rath und Burgermei-
ster dieser Stadt. Und daß auch der barmhertzige
Gott die Welt vom Irrthum, Kranckheit, Theurung,
Gefängnüß, Sterben und aller Wiederwärtigkeit er-
lösen und behüten wolle und einen gemeinen Frie-

1 1Kor 11,24-25.
2 Mt 7,7; Lk 11,9.

520
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften