Einleitung
wicklung ähnlich, nachdem die Konventualen das Kloster verlassen hatten, verkaufte es der Orden 1542 an
die Stadt. Im Jahr darauf wurde hier die neu gegründete Lateinschule untergebracht.21
Für unsere Edition sind nur einige reformationszeitliche Quellen aus Friedberg greifbar. Die Überlie-
ferung im Stadtarchiv Friedberg beschränkt sich auf die Ratsprotokolle, diejenige im Staatsarchiv Darm-
stadt, wo die Akten zur Reichsburg aufbewahrt werden, auf einzelne Stücke. Die wenigen Friedberger
Kirchenordnungen, die sich aufspüren ließen, sind heute nicht mehr im Original, sondern lediglich in jün-
geren Abdrucken überliefert.22 Die einstige Existenz mancher Ordnung lässt sich teilweise auch nur noch
aus der chronikalischen Überlieferung erschließen.
3. Die Einführung der Reformation in der Reichsstadt nach dem Interim 1555-1618
Trotz der 1541 unternommenen Maßnahmen zur Einführung der Reformation in Friedberg, konsolidierte
sich das evangelische Kirchenwesen in der Reichsstadt vor dem Hintergrund der rechtlichen Absicherung
durch den Passauer Vertrag von 1552 und den Augsburger Religionsfrieden von 1555 erst in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts.23
Zur Predigtordnung von 1556 und zur Kirchenordnung von 1569
1556 ließ der Magistrat eine Predigtordnung ausarbeiten. Am 8. Mai legte er fest, an welchen Tagen und zu
welchen Zeiten der evangelische Pfarrer Johannes Strupp24 und sein Helfer Johannes Phildius in der Fried-
berger Pfarrkirche predigen sollten: Beyden predicanten ist uf ir ansuchenn der wochenlichen und sontaglichen
predigt halben von rhadts wegen bescheidt worden, daß sie vier predigt die wochen uber thun sollen, nemblich
dienstag und freytag eyne vor mittage von sieben uhren biß uff achte, und den sontag zwo predigt, eyn vor mittag
von 9 biß zu 10 [gestrichen: umb sieben biß zu acht], die ander nach mittag von eyntz biß zu zweyen uhren.25
Johannes Strupp genügte diese Ordnung nicht, er drängte den Rat, weitere Regelungen zu erlassen und
forderte, das ein christenliche kirchenordnung mog angericht werden. Welche Inhalte Strupp darin geregelt
wissen wollte, ist nicht überliefert, und der Rat ging auch nicht auf Strupps Forderung ein.26
Erst 1569 lassen sich weitere Bemühungen um Regelungen für das evangelische Kirchenwesen in Fried-
berg erkennen. Am 1. September beschloss der Rat, die predicanten inn schloss und statt zusammen [zu]
fordernn und ihnen die ordnung der fest- und feyertag furzuhaltten, auch sonst von andern mengeln und gebre-
chen zu handlen, damitt derwegen offentlich ergernis verhuett werde.27 Unmittelbar darauf wurde die Ordnung
den vier Predigern von Burg und Stadt Friedberg verkündet.28
21 Diehl, Reformationsbuch, S. 255; Schindling/
Schmidt, Frankfurt, S. 53; Windhaus, Kirche und
Schule, S. 306-309.
22 Für den Hinweis auf diese Ordnungen danke ich Carl
Ehrig-Eggert, Mainz.
23 Zum Interim in Friedberg siehe Brück, Interim, S. 104-
110.
24 Press, Friedberg, S. 14; Dieffenbach, Geschichte,
S. 194.
25 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1552-1568, fol. 95v.
Karl August Schatzmann berichtete in seiner Chronik:
Anno 1556 ist beeden predicanten von burgermeister und
rath der stadt Friedberg angesagt worden, daß sie vier pre-
digten die woche über thun solten. Und solten dienstag und
Freitag eine vormittag von 7 biß 8 uhren, uff die Sonn- und
Feyertag aber die morgenpredigt von 8 biß 9 und die mittag
predigten hinfuhro von 12 biß umb 1 uhr gehalten werden,
StaatsA Darmstadt, C 1 C Nr. 74, p. 122. Vgl. Grein,
Entwicklung, S. 64 Anm. 8; Dieffenbach, Geschichte,
S. 198.
26 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1552-1568, fol. 132r;
Grein, Entwicklung, S. 64f. Anm. 1.
27 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1568-1583, fol. 63r.
28 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1568-1583, fol. 64r:
Verschienen 8ten Septembris ist die gesteltt ordnung der fest-
und feyertag zu haltten den fier predicanten inn burg und
statt publicirt, so von ihnen bewilligt und angenommen.
Und soll auch ferrers offentlich angeschlagen und derselben
621
wicklung ähnlich, nachdem die Konventualen das Kloster verlassen hatten, verkaufte es der Orden 1542 an
die Stadt. Im Jahr darauf wurde hier die neu gegründete Lateinschule untergebracht.21
Für unsere Edition sind nur einige reformationszeitliche Quellen aus Friedberg greifbar. Die Überlie-
ferung im Stadtarchiv Friedberg beschränkt sich auf die Ratsprotokolle, diejenige im Staatsarchiv Darm-
stadt, wo die Akten zur Reichsburg aufbewahrt werden, auf einzelne Stücke. Die wenigen Friedberger
Kirchenordnungen, die sich aufspüren ließen, sind heute nicht mehr im Original, sondern lediglich in jün-
geren Abdrucken überliefert.22 Die einstige Existenz mancher Ordnung lässt sich teilweise auch nur noch
aus der chronikalischen Überlieferung erschließen.
3. Die Einführung der Reformation in der Reichsstadt nach dem Interim 1555-1618
Trotz der 1541 unternommenen Maßnahmen zur Einführung der Reformation in Friedberg, konsolidierte
sich das evangelische Kirchenwesen in der Reichsstadt vor dem Hintergrund der rechtlichen Absicherung
durch den Passauer Vertrag von 1552 und den Augsburger Religionsfrieden von 1555 erst in der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts.23
Zur Predigtordnung von 1556 und zur Kirchenordnung von 1569
1556 ließ der Magistrat eine Predigtordnung ausarbeiten. Am 8. Mai legte er fest, an welchen Tagen und zu
welchen Zeiten der evangelische Pfarrer Johannes Strupp24 und sein Helfer Johannes Phildius in der Fried-
berger Pfarrkirche predigen sollten: Beyden predicanten ist uf ir ansuchenn der wochenlichen und sontaglichen
predigt halben von rhadts wegen bescheidt worden, daß sie vier predigt die wochen uber thun sollen, nemblich
dienstag und freytag eyne vor mittage von sieben uhren biß uff achte, und den sontag zwo predigt, eyn vor mittag
von 9 biß zu 10 [gestrichen: umb sieben biß zu acht], die ander nach mittag von eyntz biß zu zweyen uhren.25
Johannes Strupp genügte diese Ordnung nicht, er drängte den Rat, weitere Regelungen zu erlassen und
forderte, das ein christenliche kirchenordnung mog angericht werden. Welche Inhalte Strupp darin geregelt
wissen wollte, ist nicht überliefert, und der Rat ging auch nicht auf Strupps Forderung ein.26
Erst 1569 lassen sich weitere Bemühungen um Regelungen für das evangelische Kirchenwesen in Fried-
berg erkennen. Am 1. September beschloss der Rat, die predicanten inn schloss und statt zusammen [zu]
fordernn und ihnen die ordnung der fest- und feyertag furzuhaltten, auch sonst von andern mengeln und gebre-
chen zu handlen, damitt derwegen offentlich ergernis verhuett werde.27 Unmittelbar darauf wurde die Ordnung
den vier Predigern von Burg und Stadt Friedberg verkündet.28
21 Diehl, Reformationsbuch, S. 255; Schindling/
Schmidt, Frankfurt, S. 53; Windhaus, Kirche und
Schule, S. 306-309.
22 Für den Hinweis auf diese Ordnungen danke ich Carl
Ehrig-Eggert, Mainz.
23 Zum Interim in Friedberg siehe Brück, Interim, S. 104-
110.
24 Press, Friedberg, S. 14; Dieffenbach, Geschichte,
S. 194.
25 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1552-1568, fol. 95v.
Karl August Schatzmann berichtete in seiner Chronik:
Anno 1556 ist beeden predicanten von burgermeister und
rath der stadt Friedberg angesagt worden, daß sie vier pre-
digten die woche über thun solten. Und solten dienstag und
Freitag eine vormittag von 7 biß 8 uhren, uff die Sonn- und
Feyertag aber die morgenpredigt von 8 biß 9 und die mittag
predigten hinfuhro von 12 biß umb 1 uhr gehalten werden,
StaatsA Darmstadt, C 1 C Nr. 74, p. 122. Vgl. Grein,
Entwicklung, S. 64 Anm. 8; Dieffenbach, Geschichte,
S. 198.
26 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1552-1568, fol. 132r;
Grein, Entwicklung, S. 64f. Anm. 1.
27 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1568-1583, fol. 63r.
28 StadtA Friedberg, Ratsprotokolle 1568-1583, fol. 64r:
Verschienen 8ten Septembris ist die gesteltt ordnung der fest-
und feyertag zu haltten den fier predicanten inn burg und
statt publicirt, so von ihnen bewilligt und angenommen.
Und soll auch ferrers offentlich angeschlagen und derselben
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