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Archippos

insbesondere mit seinen möglichen Schwiegereltern (vgl. dazu infra die
Diskussion zu fr. 8). Die anderen Hochzeiten stehen hingegen hauptsäch-
lich mit den oben erwähnten unheilvollen Entwicklungen des Ehelebens in
Verbindung.80 Ebenso wie bei den bildlichen Darstellungen kommen auch
in der Literatur die Hochzeiten des Herakles mit sterblichen Frauen seltener
vor als andere Momente des Lebens nach ihrer Hochzeit, s. Boardman 1988,
834-8 und 1990, 160-5. Daher ist es wahrscheinlich, dass seine Hochzeit mit
der Göttin Hebe von Archippos dargestellt wurde.
Unter den sechs erhaltenen Fragmenten geben frr. 10 und 12 (Aufzählung
von Fleisch- bzw. Fischspeisen) Hinweise auf ein Mahl; fr. 11 (Erwähnung von
’ίτρια und έπιφορήματα) auf ein (wahrscheinlich anschließendes) Symposion,
fr. 9 (Befehl, vielleicht von einem Koch an seinen Helfer, die Bratspieße aus
dem Feuer zu nehmen) und fr. 13 (Erwähnung eines Salzmörsers) auf die
Zubereitung von Speisen; in fr. 8 ist vermutlich Herakles mit der Erwähnung
eines Gastfreundes gemeint, der seinen Gastgeber (möglicherweise Zeus) ohne
σύμβολον besucht. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der in den Fragmenten
thematisierte Schmaus Herakles’ Hochzeitsbankett (s. bereits Bergk 1838, 377;
Meineke FCG I, 208 und Bothe 1855, 270)81 und die Tatsache, dass auch ohne
die von Athenaios überlieferten Fragmente (frr. 10-2; die übrigen werden
von Photios und der Synag. B (fr. 9) und Pollux (frr. 8 und 13) angeführt)
das kulinarische Thema aufspürbar gewesen wäre, spricht für eine wichtige
Rolle dieses Banketts in der Komödie.82 Es bleibt aber fraglich, ob sich die
Handlung in erster Linie um die Vorbereitung des Schmauses drehte und
darin gipfelte oder ob das Bankett selbst im Mittelpunkt der Handlung stand.
Ein Bankett zu Ehren von Herakles hatte jedenfalls ein sehr großes komisches
Potenzial, das wahrscheinlich bereits von Epicharm im Hebas gamos genutzt
wurde (s. infra zu Archippos’ Herakles gamön und Epicharms Hebas gamos)·.
Die Aufmerksamkeit des Helden könnte sich ganz auf die vielen Leckerbissen
gerichtet haben, so dass er seine göttliche Gattin und den wichtigen Anlass

80 Ein komisches Potenzial von Herakles’ Liebesgeschichte mit Deianeira könnte in
der Untreue des Helden liegen.
81 Ein Hochzeitsmahl wurde normalerweise vom Vater der Braut in seinem eigenen
Haus nach der sakralen Zeremonie und vor der Einführung der Braut in das Haus
des Bräutigams angeboten (s. dazu Verilhac-Vial 1998, 299-300 und 302-3 zur
vermutlichen Reihenfolge der Speisen).
82 In Komödien, in denen dem Titel nach Hochzeiten dargestellt wurden, konnten
auch andere Momente der Zeremonie thematisiert werden. Dies suggeriert z. B. die
Erwähnung eines Ochsengespannes in Alkaios’ Hieros Gamos (fr. 14) möglicher-
weise im Rahmen einer Götterhochzeit, s. dazu Orth 2013, 67 und 70-1.
 
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