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(= Sud. α 1467 = Phryn. Praep. soph. fr. *166 de Borries) nachvollziehbar:
An dieser Stelle wird αμαθής erklärt (a) als „ungebildet“ (απαίδευτος) und
„unvorbereitet“ (ακόσμητος) unter Verweis auf eine Platonstelle (Apol. 22e)
und (b) als jemand, „der beim Lernen Schwierigkeiten hat“ (δυσμαθής) oder
aber auch als jemand, der „ohne zu lernen, von Natur aus weiß“ (έπ'ι τοϋ
μή μαθόντος, φύσει δέ έπισταμένου). Am Ende des Eintrags des Zitatträgers
werden außerdem weitere Bedeutungen von άδικος und αμαθής erwähnt
und es wird hervorgehoben, dass άδικος in der Bedeutung „Übeltäter“ auch
in der „gewöhnlichen“ Sprache (συνήθεια) verwendet wird. Damit ist eine
nicht-attische Verwendung der Sprache (vgl. Phot, σ 646 στρωτήρ· λέγεται
μέν έν τή συνήθεια τό πλέγμα ... οι δέ ρήτορες στρωτήρας καλοϋσι...) und
höchstwahrscheinlich ihr zeitgenössischer Gebrauch gemeint, vgl. Phot, α
1263 άμυνα· ώς έν τή συνήθεια λέγομεν ούδέπω εϋρομεν παρά τοΐς άρχαίοις
und s. dazu Wentzel 1895a, 369 und zuletzt Valente 2013,150-1 (hauptsächlich
in Bezug auf Pollux, vgl. Anm. 28 auf S. 150 zu weiterer Literatur).
Dem Adjektiv άδικος wird - außer dem Eintrag in Synag. B - kein weiterer
Eintrag gewidmet; unter den άμαθής-Einträgen vgl. das erwähnte Phot, α
1102 (= Sud. α 1467 = Phryn. Praep. soph. fr. *166 de Borries)408 und Hesych.
α 3395 αμαθής· σκαιός. βίαιος („amathes: Ungeschickt. Gewalttätig“). Auf
die Excerpta Constantini Porphyrogeniti führt Adler (1928, 131) Sud. α 1469
αμαθής· αμύητος, άδίδακτος (mit Ael. fr. 198) zurück. Auf diesen Eintrag
geht außerdem Zonar, p. 140,23 Tittmann zurück, da die Suda die Hauptquelle
dieses Lexikons für die Buchstaben A-K darstellt, s. dazu Alpers 1972, 740.
Interpretation Das Fragment besteht aus zwei Adjektivpaaren, die durch ein
Oxymoron und einen Chiasmus (vgl. die Stellung der mit alpha privativum
zusammengesetzten Wörter) gebildet sind. Welche Adjektive als Attribut
des jeweils anderen dienen, muss offenbleiben. Es ist auch möglich, dass alle
Adjektive als Attribut eines (ursprünglich möglicherweise am Versende ste-
henden) Substantivs galten: Dabei könnte das Bezugswort einen Mann (σοφός
und δίκαιος sind in der Regel dreiendige Adjektive) oder eine (konkrete oder
abstrakte) Sache (im Maskulinum) bezeichnen.
Nach Kock (CAFI, 689) bezog sich das Fragment auf einen Menschen, der
auch ohne sophistische Ausbildung «sapiens» war und der gerecht war, weil
er keinen Prozess geführt hatte. Aus αμαθής geht allerdings kein direkter
Verweis auf die Sophistik hervor.

408 Der Eintrag wird aus den erwähnten Glossen bei Photios und in der Suda entnom-
men, wahrscheinlich weil sie mit einer für Phrynichos typischen Wendung (άντί
τοϋ) anfängt, s. de Borries 1911, xxix.
 
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