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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0024

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Einleitung

23

Noch die Wilhelmiten - in ihrem Ursprung toskanische Einsiedler, die sich
auf Wilhelm von Malavalle (f 1157) beriefen und seit 1237/38 durch Papst Gre-
gor IX. (f 1241) auf die Benediktsregel verpflichtet wurden - artikulierten in ihren
Statuten sehr deutlich, dass sie zwar nun der Benediktsregel folgten, diese aber
allenfalls in geistlicher Weise als Richtschnur diene. In praktischer Hinsicht ori-
entiere man sich weiterhin an den Gewohnheiten der Väter.7 Diese Funktion der
Benediktsregel als spirituelle Leitinstanz mehr denn als konkret und wortgetreu
umzusetzender Ablaufplan mochte dazu beigetragen haben, dass es für die Ku-
rie nahe lag, selbst diese (benediktinischen) Einsiedler im April 1256 (zumindest
zeitweise) in den künstlich neu geschaffenen Verband der Augustiner-Eremiten,
und damit in die Observanzfamilie der Augustinusregel, einzugliedern.8 Regeln
jedenfalls können hinsichtlich des Alltags und seiner Lebensweisen bisweilen nur
schwer als konkretes Unterscheidungskriterium zwischen den Orden und Ver-
bänden dienen.
Fest steht, in der Zeit, in der Jacques de Vitry über die ihn tief beeindruckenden
Cauliten schreibt, hatte das religiöse Leben im Tal der Krautköpfe bereits mindes-
tens 30 Jahre Tradition. Wie die Ursprünge dieser Gemeinschaft genau aussahen
und welche Rolle das Kartäuserkloster Lugny, die Gründungsgestalt des Guido
(Guy / Viard) und der große Donator der Frühzeit, Herzog Odo III. von Bur-
gund (f 1218), dabei spielten, beschäftigte die Gemüter seit dem 16. Jahrhundert.
Phillip C. Adamo hat all diese Thesen u. a. von Edmond Martene, Ursin Durand,
Marian Brockie, Prosper Mignard, Robert Folz und zuletzt Jacqueline Legendre
(einer Schülerin von Folz) überzeugend diskutiert und sämtliche glaubhaften Ver-
satzstücke der Gründungslegenden zu einer tragfähigen Theorie des Ursprungs
der Cauliten zusammengefügt. Sie sei im Folgenden aufgegriffen und weiter dis-
kutiert.9

ziensern und Prämonstratensern und deren Auswirkungen auf Arrouaise) siehe Tock, Les Insti-
tutiones Conversorum d'Arrouaise au Xlle siecle, S. 353-369. Siehe auch Vones-Liebenstein,
Art. Arrouaise, Sp. 1031—1032.
7 Siehe dazu und mit Nachweisen, unten, S. 67.
8 Die Ordenszentrale in Malavalle stimmte zwar am 09. April 1256 der genannten Vereinigung zu,
widerrief sie aber rasch, so dass die Wilhelmiten diesen künstlichen Verbund - eigentlich - bereits
am 22. August 1256 wieder verließen. In Deutschland aber schlossen sich ganze 15 Konvente
auch noch nach 1256 den Augustiner-Eremiten an. Hierzu und zu den langen Rechtsstreitigkei-
ten zwischen den Wilhelmiten und den Augustiner-Eremiten siehe Elm, Ea quae iudicio, S. 551
(1964) und S. 495-509 (1965); Dens., Beiträge zur Geschichte, S. 118 und zusammenfassend
Sonntag, Die Statuten der Wilhelmiten, S. 20-21.
9 Detailliert zu all den Thesen siehe Adamo, New Monks in Old Habits, S. 27-66.
 
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