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Sonntag, Jörg [Editor]; Ziegler, Thomas A. [Oth.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0032

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Einleitung

31

diesem Prolog wurde das Charisma des Gründers für immer eingefangen sowie
verstetigt und zugleich der Weg für Neues bereitet. Deshalb bildet diese Prima
Institutio im vorliegenden Buch auch den Auftakt der Edition der caulitischen
Gesetzgebung. Doch damit sind wir bereits mitten in der Diskussion der Texte,
die im folgenden Kapitel stattfinden soll.
Fest steht, die Cauliten selbst wussten nicht nur um diese Bedeutung der Pri-
ma Institutio, sondern auch um diejenige der Bulle Papst Honorius' III. von 1224.
Auch sie wurde gemeinsam mit der Bulle Innozenz' III., mit der Benediktsregel,
dem Liber Ordinarius, den Konstitutionen und den Statuten in einer Handschrift
zusammengebunden.35 Diese beiden päpstlichen Bullen wurden mit der Prima In-
stitutio, die nicht wenige kartäusische Elemente eingefangen hatte, quasi in das Ge-
wohnheitsrecht und das statutarische Recht der Cauliten eingepflegt und zur ge-
meinsamen Grundlage dieser distinguierten, innovativen Mischvariante zwischen
Kartäusern, Grandmontensern, Benediktinern und Zisterziensern.
Institutionelle Mischformen freilich hat es seit jeher gegeben: Schon das kartäu-
sische Leben fußte auf benediktinischer Grundlage, ergänzt um die consuetudines
des Priors der Grande Chartreuse, Guigo. Die Eremiten von Kamalduli arrondier-
ten die Benediktsregel im 11. Jahrhundert um die Regel ihres Gründers Romuald,
und auch jene Grandmontenser bewegten sich zwischen den monastischen Welten
- der kartäusischen und benediktinischen, neu verwoben durch die genannte Ste-
phansregel. Diese Reihe ließe sich weiter fortsetzen. Die Cauliten hatten dennoch
eine ganz eigene Lebensform entwickelt und wussten offenbar um die Bedeutung
Humberts als ihren Wegbereiter: So bestatteten sie ihn ostentativ neben Guido
im Chor ihrer Kirche in Val-des-Choux. Auf einem entsprechenden Epitaph le-
sen wir die folgende Inschrift:
Hic duo sunt fratres caput ordinis et protopatres / Guido ac Humbertus,
sit Cbristus utrisque misertus.
„Hier liegen zwei Brüder, das Haupt unseres Ordens und erste Väter,
Guido und Humbert, möge Christus gnädig mit beiden sein."36
Beide also, Guido und Humbert, galten gemeinsam als Haupt des Ordens, und
dieser Orden gedieh weiter und vergrößerte sich. Im Jahr 1230 griffen die Cauliten

35 Zu dieser Handschrift M siehe unten, S. 76.

36 Martene / Durand, Voyage litteraire de deux religieux Benedictins, S. 112. Vgl. dazu auch
Adamo, New Monks in Old Habits, S. 27.
 
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