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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0033

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Einleitung

bis nach Schottland aus, wohin man sie (wie die Dominikaner) als Erneuerer des
darniederliegenden religiösen Lebens gerufen hatte.37 Generell ist es schwer, geo-
graphische Vorstöße der Cauliten im Sinne einer bewussten Ordenserweiterung
zu erkennen, wie Phillip C. Adamo bereits dargelegt hat. So ist die erste Grün-
dung in Sankt-Elizabeths-Thal (mit Ausnahme der schottischen Klöster) am wei-
testen entfernt,38 während eine der letzten Tochtergründungen in Val-Duc unmit-
telbar neben Val-des-Choux verortet ist. Vielmehr scheint sich die Verzweigung
des Ordens an der Nachfrage von außen und eigenen wirtschaftlichen Interessen
orientiert zu haben.39
Voraussetzung der Ordensentwicklung war indes auch die völlige Unabhängig-
keit von Val-des-Choux vom ehemaligen kartäusischen Mutterhaus Lugny. Dies
dürfte spätestens mit der Übernahme der Benediktsregel als vollzogen gelten.
Nichtsdestotrotz findet sich eine ominöse Bestimmung von A.36, die verschie-
dene Lesarten zulässt. Nach der einen trafen sich die Brüder von Lugny und Val-
des-Choux regelmäßig zu Beratungen. Nach der anderen oblag es noch in diesem
Jahr dem Prior von Lugny, die Aufnahme von Novizen in Val-des-Choux zu be-
stätigen. Wir präferieren die erste Variante, nichtsdestotrotz bleibt auch sie Speku-
lation.40 In jedem Fall verbot man in A.69 - vermutlich um die Mitte der 1220er

37 Vgl. Adamo, New Monks in Old Habits, S. 104.

38 Vgl. ebenda, S. 119. Sankt-Elizabeths-Thal wurde im Jahr 1212 gegründet und dürfte als erste
Neugründung einen hohen Rang innerhalb des Ordens besessen haben, doch taucht es schon
im großen Cartularium der Cauliten von 1776 nicht mehr auf. Vgl. ebenda, S. 157.

39 Dazu und mit zahlreichen Literaturangaben zu all diesen Klöstern siehe ebenda, S. 93-96.

40 Im Zentrum des Diskurses steht u. a. die bei Martene und Birch unterschiedliche Transkription
dieses Paragraphen. Bei Martene heißt es: Novitius in Valle Caulium non debet ire, nisi congre-
gentur Monachi Luniaci et Monachi Vallis Cauliu, nec domum ipsam intrare potest. Bei Birch
hingegen ist das ,nisi' durch ein ,ubi' ersetzt, was an sich bereits einen veränderten Sinn ergibt. In
beiden Fällen aber wurde ,in Valle Caulium non debet ire' stets als ,soll nicht in Val-des-Choux
aufgenommen werden' verstanden. Die Vokabel ,ire' scheint uns keineswegs gängig für die No-
vizenaufnahme, erwartete man doch eher eine Form von ,recipere'. Wir schlagen deshalb eine
weitere Übersetzungsvariante vor: ,Ein Novize soll nicht im Val-des-Choux umherlaufen, es sei
denn (nisi) die Mönche von Lugny und die Mönche von Val-des-Choux versammeln sich [...].'
Dabei verstehen wir ,Val-des-Choux' in diesem Fall als ,Tal der Krautköpfe', nicht unbedingt
also das Kloster selbst. Auch diese Lesart, welche grammatikalisch die korrektere zu sein scheint
(da valle steht und nicht vallem), ist zweifelsfrei nicht minder eine Vermutung. In jedem Fall aber
führte sie zu plausiblen Zweifeln an der Entscheidungshoheit des Priors von Lugny über die No-
vizenaufnahme bei den Cauliten. Zur vorangegangenen Forschungsdiskussion siehe ausführlich
Adamo, The Manuscript Tradition, S. 218-220 und Dens., New Monks in Old Habits, S. 50-51.
Der Prior von Lugny begegnet indes ein weiteres Mal, allerdings früher, im Liber Ordinarius.
Demnach dürfe der Infirmar lediglich mit den Kranken im Krankenhaus sprechen, wenn der
Prior, der Subprior oder der Prior von Lugny anwesend sei. Vgl. Birch, Ordinale, S. 67. Auch
 
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