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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0071

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70

Einleitung

lus Definitionum der Zisterzienser. Dies trifft vor allem auf das Visitation- und
traditionelle Strafsystem (leichte und schwere Schuld) zu, das heißt gerade auf die-
jenigen Themenbereiche, in denen die Verfassung der Zisterzienser als Vorzeige-
modell galt und die Institutionalisierungsprozesse anderer Gemeinschaften inspi-
rierte. Auch die Prämonstratenser, Gilbertiner, Kartäuser und selbst die Templer
hatten bekanntermaßen am zisterziensischen Verfassungsmodell (für ,Vollmön-
che' wie für Konversen) Orientierung gefunden.118 Die Cauliten lagen also auch
hier völlig im Trend, ja, sie setzten ihn - früher als die Wilhelmiten - in gewisser
Weise mit.
Die Gründe für derartige Übernahmen dürften wie später bei den Wilhelmi-
ten wohl zusätzlich der Pragmatik der Situation geschuldet gewesen sein. Mit
den Konstitutionen (A) und dem Ordo de Conversis (B) mussten vergleichsweise
rasch möglichst umfangreiche, den Liber Ordinarius ergänzende Verfassungscor-
pora geschaffen werden. Deshalb liegt eine frühe Verabschiedung dieser beiden
Gesetzeseinheiten Mitte der 1220er Jahren sehr nahe. Die Statuten zeichnen sich
allerdings im Lauf der Geschichte durch immer stärkere Präzisierungen aus. Sie
führen Abstufungen ein und artikulieren zugleich Ausnahmen in für ,Statuten'
typischer Weise. Übernahmen aus den Gesetzeswerken anderer Orden begegnen
schon ab 1238 nicht mehr.119
Überhaupt entliehen die Cauliten in ihren Statuten ansonsten wenig von ande-
ren Orden. Zwar begegnet die für derart prospektive, formalisierte Rechtsdefini-
tionen wie den Statuten erwartbare Bestimmung, dass die erlassenen Statuten oh-
ne Veränderung in den schon genannten Liber Usuum einzutragen seien, die prä-
zise, ausführlich dahingehende Wendung der Prämonstratenser aber übernahmen
die Cauliten - anders als die Wilhelmiten und weitere Gemeinschaften - nicht.120

118 Zum zisterziensischen Erfolgsmodell im Überblick siehe Melville, The World of Medieval
Monasticism, S. 158-179.

119 Die Wilhelmiten schöpften noch 1251 und 1271 in weiten Teilen aus den gleichen zisterziensi-
schen Corpora wie hier die Cauliten. Das trifft auch auf den Liber Ordinarius der Wilhelmiten
zu. Bei den Wilhelmiten freilich geschah dies anders als bei den Cauliten auf päpstliches Geheiß.
Vgl. die Tabelle in Sonntag, Die Statuten der Wilhelmiten, S. 378-383.

120 Vgl. Les statuts de Premontre au milieu du Xlle siecle, ed. Lefevre / Grauwen, S. 1. Bei den
Wilhelmiten etwa heißt es im Jahr 1251 unter Verarbeitung der prämonstratensischen Vorlage:
„Damit also die Definitionen ohne die oben niedergeschriebene Verwirrung durch irgendeine
Widersprüchlichkeit im Orden einheitlich beobachtet werden können, verbieten wir mit großer
Strenge, dass ein Prior oder eine (andere) Person des Ordens es wagt, irgendetwas an ebendiesen
Regelungen übereifrig oder arglistig zu verringern, zu vermehren oder zu verändern. Wer aber
als einer entdeckt wurde, der ein Verbot derartig überschritten hat, der soll, falls er ein Prior
ist, sechs Tage die schwere Schuld tragen und an drei Freitagen bei Brot und Wasser fasten und
 
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