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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0069
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3. Textzeugen: Das Motiv der vier Gewissensarten

in Clairvaux.39 Jedoch ist dies ebenso wenig belegbar wie eine Annahme Gerhard
Winklers, der sich „die hypothetische Möglichkeit offen lassen“ wollte, in den
Sentenzen eigenhändige „Predigtskizzen“ des Abtes zu sehen, „die dann in sei-
nem Nachlaß gefunden wurden.“40 Eine solche Annahme ist keineswegs von der
Hand zu weisen, wenn man sich das Entstehungsprinzip von Predigten in Erin-
nerung ruft, die wir nicht selten als nachträgliche Ausarbeitungen kennen.41 Als
noch weiter erschwerend für die Einordnung und Bewertung des hier interessie-
renden Diktums erweist sich jedoch der Umstand, dass es sich um ein in der
dritten Sammlung enthaltenes handelt. Hier ist die Textgeschichte der einzelnen
Sentenzen noch deutlich weniger erschlossen, als dies für die ersten beiden
Sammlungen der Fall ist, da die einzige systematische Untersuchung der Senten-
zen, jene von Rochais, diese dritte Gruppe nicht berücksichtigt.42
In jedem Fall lässt sich dieser Textsplitter ebenfalls bereits im 12. Jahrhundert
nachweisen. Jean Leclercq legte seiner Edition dieser 58. Sentenz wie für die
unmittelbar vorausgehenden und folgenden vier Handschriften zugrunde:
- München, BSB, Clm 4625, 115r, Benediktiner, Benediktbeuern, Ende 12. Jh.43
- Oxford, Bodleian Library, Land. Mise 344, Benediktiner, Durham, Anfang
13. Jh.44
- Paris, BnF lat 564, Benediktiner Fecamp, 12. Jh.45
- Troyes, BM, 1562, 65v, Zisterzienser, Clairvaux (unsicher), 12. Jh.46

39 Vgl. J. Leclercq, Bernhard von Clairvaux, S. 50f.
40 G. B. Winkler, Einleitung Sentenzen, S. 249f.
41 Bredero wies in seiner Besprechung der Studie von Rochais ausdrücklich auf diesen Um-
stand hin: „Ces textes [...] presentent toutes les etapes entre le sermon preche et le sermon lit-
terairement redige.“ A. H. Bredero, Rez. Rochais, S. 351. Zu Predigten im Kontext von Ent-
stehung und Überlieferung vgl. B. M. Kienzle (Hg.), The Sermon. Zur Frage des literarischen
Charakters der bernhardischen Predigten vgl., wenn auch am Beispiel der Sermones super Can-
tica Canticorum, so doch mit allgemeiner Relevanz, U. Köpf, Einleitung, S. 28-30.
42 Sicher können viele der anhand des frühneuzeitlichen Materials getroffenen Beobachtungen
auch auf jene Sentenzensammlungen und Florilegien des Hohen Mittelalters übertragen
werden. Vgl. z. B. G. Hess, Enzyklopädien und Florilegien, S. 39-43 mit Verweis auf weitere
Literatur.
43 Katalog, München, BSB 3.1, S. 231-3.
44 Vgl. Katalog Oxford, Land., Sp. 258-260; H.-M. Rochais, Enquete, S. 70.
45 H.-M. Rochais, Enquete, S. 67-79, mit Edition. Die ,Gewissenssentenz' als n° 4, ebd. S. 68.
46 Katalog Troyes, S. 663-5; H.-M. Rochais, Enquete, S. 70; J. Leclercq, Textes Bernardins,
S. 150, schreibt zur Lokalisierung: „probablement cistercien“. Zuvor hatte er den entsprechen-
den Text von III Sent 58 bereits nach dieser Handschrift separat ediert: J. Leclercq, Anciennes
Sentences, S. 118.
 
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