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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0091
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4. Der Traktat De quattuor modis conscientiarum

nach dem Epilog (Kap. V) noch drei sich anschließende Kapitel, die jedoch er-
kennbar nicht zum ursprünglichen Text gehören. Es handelt sich hierbei vielmehr
um Exzerpte eines anderen Werkes, die aufgrund inhaltlicher Parallelen und Be-
züge jedoch durchaus in einem erkennbaren Sinnzusammenhang mit dem Trak-
tat Über die vier Arten der Gewissen stehen. Bei diesem anderen Werk handelt es
sich um den eben bereits erwähnten Traktat De interiori domo.
Bemerkenswert ist, dass sich die seit 154757 kontinuierlich mitabgedruckten
Auszüge des Traktats Vom inneren Haus in identischer Form in der aus der Kar-
tause von Mont-Dieu stammenden, heute in der Munizipalbibliothek von Char-
leville-Mezieres aufbewahrten Handschrift (CZ?) im Anschluss an unseren Text
finden. Sie entsprechen dabei zur Gänze der Konstellation der Druckausgaben.
Nach dem Zeugnis dieser Handschrift des 14. Jahrhunderts war sich deren
Schreiber des Umstandes bewusst, dass die drei sich anschließenden Kapitel nicht
zum eigentlichen Text gehören und er machte dies auch deutlich, indem er nach
dem Explicit vermerkte: „Que sequuntur excerpta sunt ex libro qui incipit: Do-
mus hec in qua habitamus“ - eben der Traktat Vom inneren Haus.


Cb, 54'

Dieses Wissen floss aber allem Anschein nach nicht in die Druckausgaben ein, die
ihrerseits sämtlich Cb oder eine sehr eng mit dieser verwandte Handschrift wie-
dergeben. In ihnen wurden diese Nachträge über immerhin fast 100 Jahre hin-
weg, in denen eine Ausgabe die nächste ablöste,58 einfach kommentarlos an De
quattuor modis conscientiarum angehängt, obwohl der Text ein deutlich als sol-
ches identifizierbares Ende besaß, das sich vor diesen Zusätzen befand. Erst am
Beginn des 17. Jahrhunderts wurden diese Kapitel, wohl durch die textkritische
Aufmerksamkeit eines französischen Geistlichen, des Pariser Theologen und
Pfarrers von Luzarches, Philippes le Bel, wieder aus den Drucken von De quat-
tuor modis conscientiarum ausgeschieden.59
Le Bel waren im Zusammenhang seiner Übersetzung der Opera omnia Bern-
hards von Clairvaux wohl manche Übereinstimmungen zwischen dem Traktat
Vom inneren Haus und dem Von den vier Arten der Gewissen aufgefallen, und er

57 Vgl. unten S. 150, Anm. 218.
58 Vgl. unten im Kapitel 4.3 b).
59 Vgl. hierzu unten S. 229f.
 
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