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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0222
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5. Edition und Übersetzung

221

Exils, in dem wir leben, so wie David,
der sagte: WeA mir, weil mein Aufent-
halt etc. (Ps 119.5). Und der Apostel:
Wer wird mich befreien vom Leib die-
ses Todes (Rm 7.24). Zum vierten muß
man außerdem auch wegen des Verlan-
gens nach der himmlischen Heimat
weinen, so wie jener weint, der sagt: An
den Strömen Babylons etc. (Ps 136.1).
Dies sind die Brote des Schmerzes,
von denen wir uns jetzt nähren müs-
sen, aber unser Brot werden wir im
Himmel verzehren. Das Brot der En-
gel wird der Mensch essen (Ps 77.25).
Und dann werden wir von unseren
Kleidern zugedeckt werden (Is 4.1).
Der Mensch besteht aus zwei Teilen:
der Seele und dem Fleisch. Jeden der
beiden wird Gott mit einem passenden
Kleid bedecken. Unsterblichkeit ist
das Kleid des Körpers. Unschuld ist
das Kleid der Seele. Beide Kleider hat
der Mensch wegen der Sünde abgelegt;
an jenem Tag aber werden sie uns zu-
rückgegeben.
Doch wie vorausschauend ist unser
Vater! Weil wir mit ihnen bekleidet ge-
wesen sind, waren sie ziemlich ge-
schwärzt; er aber wird sie gewaschen
und strahlend weiß zurückgeben.
Weiß war das Kleid, nicht sterben zu
können. Gewiss wird ein bei weitem
weißeres Kleid sein: sterben nicht zu
können. Weiß war das Kleid, nicht
sündigen zu können. Es wird ein bei
weitem weißeres Kleid sein: sündigen
nicht zu können. Auf diese Weise ge-
kleidet werden wir strahlen wie die
Sonne im Reich unseres Vaters.
Es endet [das Buch]

Schlecht aber ist ein Gewissen, das we-
der Gott fürchtet noch den Menschen
achtet, das seine Sünden niemals durch
eine aufrichtige Beichte bekennt, son-
dern stets von der einen in die andere
Sünde fällt, und das, wenn es auf diese
Weise in den Abgrund des Bösen ge-
langt, hierüber spottet (Prv 18.3).
VI. 2 Vom guten Gewissen
Ein gutes Gewissen erfreut die Seele,
und es zeigt diese dankbar gegenüber
Gott, ehrerbietig gegenüber den En-
geln und den Menschen, sich selbst ge-
genüber aber friedlich und ruhig.a Ein
gutes Gewissen ist der Ehrentitel des
Glaubens, der Tempel Salomos, ein
Acker des Segens (vgl. Dt 28.3), ein
Garten der Köstlichkeiten, ein golde-
nes Ruhekissen, die Freude der Engel,
die Arche des Bundes (vgl. los 3.11),
der Schatz des Königs (vgl. 1er 20.5),
der Palast Gottes, die Wohnstatt des
heiligen Geistes, das verschlossene und
versiegelte Buch, das am Tag des Ge-
richts geöffnet werden muss (vgl. Apc
5.1). Man besitzt nämlich in diesem
Leben nichts sichereres, nichts ange-
nehmeres als ein gutes Gewissen.
Selbst wenn der Körper einen bedrän-
gen, wenn die Welt einen fortreißen,
wenn der Teufel einen schrecken sollte,
so würde jenes doch immer sicher blei-
ben. Es gibt kein zuverlässigeres Zeug-
nis künftiger Seligkeit als ein gutes Ge-
wissen, und wer es bewahrt, der wird
sich mit den Engeln auf ewig im Ruhm
der himmlischen Heimat befinden?
 
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