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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0244
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

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tung, wie sie bereits für den hier edierten Traktat oder auch jenen Vom inneren
Haus beschrieben wurde.66
Eine Formänderung und einen neuen Überlieferungszusammenhang erhielt der
Flore5-Auszug Vom vierfachen Gewissen auch in einer heute in Darmstadt aufbe-
wahrten Handschrift aus der Kölner Kartause St. Barbara, die ebenfalls in die Mitte
des 15. Jahrhunderts datiert wird. Hierbei handelt es sich um einen jener Codices,
die der Theologe und Baseler Münsterprediger Wilhelm Tzewers (f 1512) während
seiner Lehrtätigkeit an der Universität Erfurt für sich anlegen ließ.67
Hier, in dieser vorwiegend Schriften des Kartäusers Jakob von Jüterbog
(f 1465) enthaltenden Handschrift, findet sich zunächst ein kurzer Text, der dar-
über belehrt, dass es aufgrund von acht verschiedenen Ursachen zu Gewissens-
irrtümern kommen könne.68 Bei diesem in mindestens einer weiteren Hand-
schrift in gleicher Form überlieferten Werk handelt es sich um einen Auszug, der
sowohl in dem Jean Gerson zugeschriebenen Compendium theologicae als auch
im Compendium theologicae veritatis des elsässischen Dominikaners Hugo
Ripelin von Strassburg enthalten ist, dessen Compendium ja einen der Bausteine
des Gerson zugeschriebenen darstellt.69 (Das entsprechende Kapitel aus Hugos
Compendium floss nachfolgend in identischer Form auch in den Clavis Sapientie
des spanischen Theologen Lope de Barrientos (f 1469) ein.70) Im Text unmit-
telbar anschließend, als Nachtrag am unteren Ende des Blattes, findet sich dann
ein noch einmal bis auf den absoluten Kern verkürztes Exzerpt De quadruplici
conscientia aus den Flores Bernardi.
condigne passiones huius temporis ad futuram gloriam, nec si unus omnes sustineat. Neque talia
sunt hominum merita, ut propterea vita eterna debeatur ex iure, aut Deus aliquam iniuriam face-
ret, nisi eam donaret. Quid sunt omnia merita ad tantam gloriam? [= Ders., In anuntiatione
Dominica, sermo I, cap. 1-2, in: Sämtliche Werke, Bd. 8, S. 96, 98].
66 Vgl. oben im Kapitel 4.2 b).
67 Vgl. zu ihm D. Mertens, „ Tzewers, Wilhelm“, zur Handschrift ebd. Sp. 1197.
68 Darmstadt, ULB, MS 1422, 218rb:
Notandum quod error conscientie causatur octo modis, primo ex ignorantia [...] secundo ex
negligentia [...] tertio ex superbia [...] quarto ex singularitate [...] quinto ex inordinatio affectu
[...] sexto ex pusillanimitate [...] septimo ex perplexitate [...] octavo ex humilitate et cordis
puritate [...].
69 Unter dem Titel Error consciencie octo modos ebenfalls überliefert in: Wilhering, Stiftbiblio-
thek, MS 133,108r—109v, vgl. Katalog Wilhering, S. 67, sowie ILWW n° 1936. Als Compendium
theologiae wurde der Texte unter den Werken Jean Gersons als Compendium theologiae ediert:
J. Gerson, Opera omnia, ed. L. E. Dupin, Bd. 1, Sp. 233-422, der entsprechende Auszug hier
407f. Vgl. zu diesem Text auch oben S. 51. Das Compendium theologicae veritatis des Hugo
Ripelin von Strassburg ist in letzter Ausgabe 1895 in den Opera omnia des Albertus Magnus
erschienen. Hier: lib. II, cap. 52, hier S. 75. Acht Ursachen eines irrenden Gewissens benennt
auch Giovanni da Capistrano in seinem Speculum conscientiae von 1441, vgl. P. Prodi, Eine
Geschichte der Gerechtigkeit, S. 143.
70 Lope de Barrientos, Clavis sapientie, § 46, S. 332f.
 
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