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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0252
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

251

Nota quod conscientia dicitur
bona, que peccata punit preterita
et commitenda diligenter refugit,
que, si peccatum sentit, non con-
sentit, quam, si cogitatio inquinat,
ratio lavat. Conscientia sancta est,
cui peccatum suum displicet et
alieno non consentit. Tranquilla
est, que omnibus est dulcis et nulli
gravis, Utens amico ad gratiam,
inimico ad patientiam, cunctis ad
benevolentiam, quibus potest be-
neficentiam. Secura est, quando
accusationem non patitur, vel pro
torpore boni vel pro presumptione
mali. Pura est, cui nec Deus sua
peccata imputat (Ps 31.2), quia
non fecit, nec aliena, quia non ap-
probavit, nec negligentiam, quia
non tacuit, nec superbiam, quia in
humilitate permansit.89

Beachte, dass das Gewissen gut genannt wird,
das vergangene Sünden bestraft und es gewis-
senhaft vermeidet, sie zu begehen, das, auch
wenn es eine Sünde empfindet, dieser nicht
zustimmt und das, wenn ein Gedanke es be-
fleckt, die Vernunft reinwäscht. Heilig ist ein
Gewissen, dem die eigene Sünde missfällt,
und das der Sünde der anderen nicht zu-
stimmt. Ruhig ist [ein Gewissen], das allen
gegenüber gütig und niemanden bedrückend
ist, indem es dem Freund seine Gnade zuteil-
werden lässt, dem Feind seine Geduld, allen
aber, soviel es das vermag, mit seinen Wohl-
taten zum Heil gereicht. Ohne Sorge ist [ein
Gewissen], wenn es weder aufgrund einer Er-
schlaffung des Guten noch wegen einer Er-
wartung von Schlechtem eine Anklage erdul-
den muss. Rein ist [ein Gewissen], dem Gott
weder seine eigenen Sünden zurechnet (vgl.
Ps 31.2), weil es sie nicht getan hat, noch die
der anderen, weil es ihnen nicht zugestimmt
hat, noch ihm Nachlässigkeit vorwirft, weil es
nicht geschwiegen hat, und auch keinen
Hochmut, weil es in der Demut verblieben ist.

Cogitare namque de conscientia
sensus consummatus est (Sap
6.16), et qui custodit eam, semper
est securus. Salva reverentia sa-
pientie, utilius est currere ad con-
scientiam quam ad sapientiam,
nisi sapientia sit, que edificet con-
scientiam. Tune se intelligit anima,
cum illustratur conscientia; tune
impletur cordis scientia, cum in se
Deum et in Deo mutua revolu-
tione seipsam respicit vel respici-
tur ymago creata. Creatrix ymago
in ymagine creata nichil aliud est
quam sapientia in anima, nisi glo-
ria in conscientia, nisi sanctificatio

Denn über das Gewissen nachzudenken, ist
Zeichen eines vollkommenen Verstands (Sap
6.16), und wer es bewahrt, ist immer sicher.
Unangesehen der Ehrfurcht vor der Weisheit
ist es nützlicher, zum Gewissen zu eilen als
zur Weisheit, wenn es nicht eine Weisheit ist,
die das Gewissen erbaut. Dann erkennt sich
die Seele, wenn sie vom Gewissen erleuchtet
wird; dann wird sie vom Wissen des Herzens
erfüllt, wenn die Seele Gott in sich und sich
selbst in Gott in wechselseitiger Rückschau
betrachtet oder als geschaffenes Bild betrach-
tet wird. Die Das Schöpferbild im geschaffe-
nen Bild ist nichts anderes als die Weisheit in
der Seele, als der Ruhm im Gewissen, als die
Heiligung in der Arche (Ps 131.8). Oh, wie

89 Vgl. De interiori domo, cap. IX (16). Vgl. oben S. 89 den Textvergleich mit De quattuor modis
conscientiarum.
 
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