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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0270
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

269

den Text aus den Flores Bernardi entlehnt haben sollte. In jedem Fall aber erfuhr
das Motiv durch Bernardino da Siena eine außerordentlich weite Verbreitung:
Die Zahl der Handschriften liegt bei deutlich mehr als 100.164 Der bereits im aus-
gehenden 15. Jahrhundert einsetzende Druck auch der Werke des als heilig ver-
ehrten Franziskaners wirkte hier noch einmal deutlich verstärkend.
,Meffreth‘: Hortulus Reginae
Zu den im 15. und 16. Jahrhundert weit verbreiteten Predigtsammlungen zählt
auch die unter dem Namen ,Meffreth‘ bekannte und gedruckte.165 Wer konkret
sich unter dieser Benennung verbarg, ist unbekannt. Der ,Zedler‘, dessen Zuar-
beiter seine Kenntnis wohl aus Fabricius’ Bibliotheca latina hatte, weiß zu be-
richten, dass ,Meffreth‘ Deutscher von Geburt gewesen sei und 1433 als Predi-
ger in Meißen wirkte.166 Über ,Meffreth‘ ist offensichtlich außer dem, was er
selbst innerhalb seiner Sammlung von Predigten zum Jahreskreis und zu den
Heiligentagen über sich mitteilte, nichts bekannt.167 Spätere Ausgaben seiner
Sammlung erschienen bereits mit dogmatisch begründeten Überarbeitungen.
Mit seiner Ansicht, Maria sei nicht ohne Erbsünde empfangen worden, hatte
,Meffreth‘ Protest ausgelöst und Erwiderungen proviziert, so vom Tübinger
Theologen Johannes Heynlin (f 1496), dessen Premonitio circa sermones de
conceptione gloriose virginis Marie ,Meffreth’s Predigten im Druck sogar
vorangestellt wurde. Frühe Ausgaben der Predigten des ,Meffreth‘ sind folglich
vor späten zu bevorzugen.
Im besonderen Blick steht hier die Predigt zum Freitag nach dem zweiten Fas-
tensonntag (feria sexta post Dominica ii. in quadragesima). Sie steht unter der
Perikope von den Weingärtnern (Mt 21.33-46) und führt unter vielerlei Um- und
Abwegen schließlich auch zum Gegenstand des Gewissens.
Es sei, so beginnt ,Meffreth‘ seinen Sermo, unter guten Freunden üblich, dass
diese im Geiste der Freundschaft verbunden seien, auch wenn sie körperlich ge-
trennt wären, was sogleich mit Verweis auf die Nikomachische Ethik des Aristo-

164 Die Herausgeber listen 123 mehr oder weniger vollständige Textzeugen. Hinzu kommen noch
einmal mehr als 40 Teilüb er lief erungen, vgl. Bernardino da Siena, Quadragesimale, Bd. 3,
S. XX-XLV.
165 Vgl. die entsprechenden Nachweise für das 15. Jh. im GW: M22628, M22629, M22644, M22670,
M22671, M22672, M22657, M22646, M22648, M22634, M22652, M22662, M22665.
166 Vgl. die Einträge „ Meffrettus“ in: Zedler, Bd. 20, Sp. 216 sowie „ Meffreth“, in: J- A. Fabrici-
us, Bibliotheca latina, Bd. 5, S. 64 a-b.
167 Vgl. zu ihm am ausführlichsten R. Cruel, Geschichte der deutschen Predigt, S. 486-93, sowie
kurz auch C. G. H. Lentz, Geschichte der christlichen Homiletik, Bd. 1, S. 309-11.
 
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