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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0272
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

271

Mit dieser Allegorie hatte ,Meffreth‘ die conscientia als ein instrumentum
eingeführt, das Gott dazu diene, den Menschen ihr falsches Tun vor Augen treten
zu lassen. Die von ihm hier beigefügten Zitate sind dabei sämtlich solche, die
auch im Kontext von De quattuor modis conscientiarum bereits begegneten:
Isidors Aussage, wonach keine Strafe schlimmer sei als ein schlechtes Gewissen,
oder der Gedanke, dass niemand vor sich selbst fliehen könne.176 Der metaphori-
sierende Bezug von Weinberg und Gewissen hatte eine reiche Tradition, wie
nicht zuletzt auch der Traktat Vom inneren Haus bezeugt.177
Den größten Raum unter den von ,Meffreth‘ zusammengetragenen Dikta
aber nimmt seine Wiedergabe eines Auszugs aus Bernhards Predigt Vom vier-
fachen Gewissen ein. Stichwort hierfür war die Unterscheidung von ruhigem und
gequältem Gewissen, die ,Meffreth‘ der Glossa ordinaria zu Psalm 6.7 entnom-
men hatte.178 Von diesen beiden Ausprägungen des Gewissens ausgehend, zitiert
er nachfolgend Bernhards Unterscheidung der vier Arten:
„Und Bernhard: Die Seele leidet oder ruht im Gewissen, weil ein Gewissen gut und
ruhig ist; es ist dies nämlich bei denen, die sich bereits zum Herrn bekehrt haben
und die überdenken, dass sie ihre Jahre in Bitterkeit führen. Ein anderes ist ruhig,
aber nicht gut; es ist bei denjenigen zu finden, die in Vermessenheit sündigen und in
ihrem Herzen sprechen, dass Gott keine Rechenschaft fordert. Ein anderes ist we-
der gut noch ruhig; dies ist nämlich bei denen zu finden, die wegen der Menge ihrer
Sünden verzweifeln. Ein anderes ist ruhig [und gut]; dies ist nämlich bei denen zu
finden, die das Fleisch dem Geist unterworfen haben und die denen, die den Frieden
hassen, friedfertig begegnen. Soweit Bernhard.“179
176 „De qua dicit Isidorus: Nulla pena gravior mala conscientia. Vis autem numquam esse tristis?
Semper bene vive. Idem, sic dicit: Omnia homo fugere potest preter cor suum ubi enim abierit,
reatus sui conscientia illum non derelinquit. Cui consonat glossa super illud Psalmus vi: Lavabo
per singulas noctes lectum meum, ubi lectum vocat conscientiam, que quibusdam est quies,
quibusdam tormentum.“ Ebd. Vgl. oben S. 186 und S. 222 sowie S. 262, Anm. 141, S. 268, Anm.
161 sowie unten S. 273, Anm. 188.
177 „Humana conscientia est Domini vinea, quam excolere debent peccatorum confessio, et eorum
satisfactio, et exhibitio bonorum operum, et custodia eorum.“ De interiori domo, cap. XV (24),
Sp.520 B.
178 Vgl. die vor-vorangehende Anmerkung. In der Glossa ordinaria findet sich die entsprechende
Passage: PL 113, Sp. 852.
179 „Et Bernardus: Laborat et quiescat anima in conscientia, quia conscientia alia bona et non tranquil-
la eorum scilicet qui iam conversi ad Dominum, recogitant, et annos in amaritudine ducunt. Alia
tranquilla et non bona eorum videlicet qui in spe peccant et dicunt in corde suo quod Deus non
requiret. Alia nec bona nec tranquilla eorum scilicet qui in multitudine peccatorum desperant. Alia
tranquilla [et bona] eorum videlicet qui carnem spiritui subdiderunt qui cum his qui oderunt
pacem sunt pacifici. Hec Bernardus.“ Meffreth, Hortulus Reginae, [Sermo adferiam sextampost
Dominica ii. in quadragesima}. Die Auslassung des bona bei der Nennung der letzten der vier
Arten findet sich auch in späteren Ausgaben, so in dem 1612 in München von Nikolaus Heinrich
besorgten Druck, und wurde also - anders als dogmatisch zweifelhafte Stellen - nicht korrigiert.
 
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