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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0288
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Motivs von den vier Arten des Gewissens gezählt werden. Sein freier Umgang
mit diesem und die deutliche inhaltliche Erweiterung zeigen das Potential des
Modells, jede nur mögliche Form und Qualität des menschlichen Gewissens ka-
tegorial in dieser Systematik erfassen zu können. Anders als Johannes Nider
erweiterte Raulin das Viererschema jedoch nicht, indem er ihm weitere Gewis-
sensarten zur Seite stellte, sondern er ergänzte es vielmehr in seiner Tiefendimen-
sion. Die von ihm zusätzlich eingeführten Modi wurden jeweils einem der vier
Grundtypen zugeordnet, wodurch es ihm einerseits gelang, den exklusiven Cha-
rakter des Schemas zu bewahren und andererseits, dieses anschlussfähig für wei-
tere Typen zu gestalten. Gewissensarten, die Nider beiordnete, erfuhren durch
Raulin eine Zu- und Unterordnung. Auf diese Weise entwarf Letzterer eine
Struktur, die, bei prinzipieller Geschlossenheit, dennoch hinreichend offen war,
um innerhalb des gesetzten Rahmens auf neue Einsichten oder Konzepte zu re-
agieren. Vielleicht spricht gerade auch der Umstand, dass Raulin keinen Refe-
renztext benennt, dem er selbst seine Kenntnis des Motivs verdankt, dafür, dass
dieses Konzept an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert einen festen und
etablierten Teil des spezifischen Wissensreservoirs psychologisch-moralischer
Fragen darstellte.
Juan Lopez: Epitome sanctorum ad conciones
Einer der umfangreichsten Bezüge auf das Motiv der vier Gewissensarten findet
sich in den Epitome sanctorum des spanischen Dominikaners Juan Lopez
(f 1632). Bei diesem 1596 in erster Auflage erschienenen Werk handelt es sich um
eine alphabetisch gegliederte Sammlung von Auszügen aus den Werken der Kir-
chenväter. Mit ihr hatte Lopez die Absicht verbunden, dieses Material den Pre-
digern seiner Zeit in leicht zugänglicher Form und motivisch arrangiert anzubie-
ten. Dabei beschränkte er sich nach eigenem Bekunden auf Exzerpte der Werke
von Origenes, Basilius (f 379), Chrysostomos (f 407), Hieronymus, Ambro-
sius, Augustinus, Gregor dem Grossen und eben Bernhard von Clairvaux,
um mit ihnen gegen den Irrglauben zu streiten.256 Bereits diese Auswahl spricht
für die enorme Autorität, die Lopez dem Clarevallenser zusprach, indem er ihn
256 „His ergo qua: confutationem ha:resum, scholasticamque doctrinam expectant dimissis [...]
flores decem tomorum Augustini, Hieronymi novem, sex Ambrosii, quinque Chrysostomi,
quatuor Origenes, Gregorii sex, duorum Basilii, necnon duorum voluminum Bernardi carpere
decrevimus, et ad ordinem alphabeti in decem, et octo libros digerere, et ad tertium tomum
annotationum in Evangelia de tempore, et de Sanctis.“ J. Lopez, Epitome sanctorum patrum,
Prolog der Ausgabe 1614. Eine Übersicht der Präferenzen nachreformatorischer Prediger für
nicht-biblische Autoritäten findet sich bei L. Taylor, Soldiers of Christ, S. 78. Die hier von
Lopez herangezogenen zählen sämtlich zu den auch sonst favorisierten Autoritäten.
 
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